GESELLSCHAFT
Bekämpfung der Armut habe Vorrang vor Klimaschutz
Baku, 2. Oktober, AZERTAC
Indien stößt am drittmeisten Treibhausgase aus - eine Wende schien nicht in Sicht. Bekämpfung der Armut habe Vorrang vor Klimaschutz. Nun überrascht der Riesenstaat mit Plänen, seinen CO2-Ausstoß erheblich zu mindern.
Als letzter großer CO2-Emittent hat Indien seine Pläne zur Eindämmung der Erderwärmung veröffentlicht. Der Staat mit seinen fast 1,3 Milliarden Einwohnern will seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um 33 bis 35 Prozent im Vergleich zu 2005 verringern, heißt es in einem in der Nacht zum Freitag veröffentlichten Papier. Das ist weniger ambitioniert als etwa China und Brasilien, aber ehrgeiziger als die Pläne der USA oder Australiens.
Vor dem Weltklimagipfel im Dezember in Paris waren alle Länder dazu aufgerufen, sich selbst Ziele zu setzen. Indien will vor allem den Ausbau von Solar-, Wasser- und Windenergie massiv vorantreiben. Umweltschützer bedauerten, dass aber auch der Bau von Kohlekraftwerken weiter voranschreite.
Indien hatte sich bei Klimaverhandlungen lange Zeit geweigert, starre Obergrenzen für Treibhausgasemissionen zu akzeptieren. Die Bekämpfung der Armut im Land habe oberste Priorität, das gehe nur mit der Nutzung aller verfügbaren Energien, hatten führende Politiker stets betont.
Außerdem trügen entwickelte Länder wie die USA und die Staaten Europas eine historisch erheblich größere Schuld am Klimawandel. Selbst heute steht das Land zwar beim Gesamtausstoß auf Platz drei, pro Person aber emittiert Indien lediglich 1,7 Tonnen Kohlendioxid pro Person im Jahr, während es in den USA 16,6 und in China 7,4 sind.
Brasilien prescht vor - Auch das wichtige Schwellenland Brasilien hat soeben ehrgeizige Treibhausgasminderungsziele für den geplanten Weltklimavertrag vorgelegt. Das fünftgrößte Land der Welt will seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um 43 Prozent im Vergleich zu 2005 verringern. Bis 2025 sollen die Emissionen um 37 Prozent reduziert werden.
Für die Reduzierung soll in Brasilien die Abholzung des Regenwaldes deutlich verringert werden. Staatschefin Dilma Rousseff will die illegale Abholzung bis 2030 auf null bringen. In diesem Jahr will das Land zudem seinen Energiebedarf bis zu 45 Prozent mit erneuerbaren Energien abdecken. „Unsere Ziele sind genauso ehrgeizig oder ehrgeiziger als die der entwickelten Länder“, versicherte Rousseff.
Bei den deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen Mitte August hatte Rousseff betont, Brasilien wolle Deutschland und den anderen G7-Staaten bei dem Ziel folgen, bis Ende des Jahrhunderts komplett aus der Nutzung von Kohle, Öl und Gas auszusteigen. Damit bekannte sich erstmals ein G20-Mitglied außerhalb der G7 zu diesem Ausstiegsziel.
Als Vermittler zwischen Entwicklungs- und Industrieländern fällt Brasilien eine Schlüsselrolle bei den Verhandlungen für den Weltklimavertrag zu, der im Dezember unterzeichnet werden soll. Beim Uno-Gipfel in Paris sollen sich alle 196 Staaten zur Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen verpflichten.
Bislang haben 146 Staaten ihre Pläne zur Treibhausgasreduzierung vorgelegt, die für knapp 80 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich sind. Es wird erwartet, dass in den kommenden Wochen weitere Zusagen eingereicht werden.