GESELLSCHAFT
Cannabis so gefährlich wie Alkohol?
Der Psychiater John Kelly vom Massachusetts General Hospital und seine Kollegen untersuchten 127 Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren, die sich in einer Suchtklinik behandeln ließen. 90 von ihnen, also die Mehrheit, waren wegen ihres Cannabiskonsums in der Klinik.
Die Forscher untersuchten die Testpersonen auf typische Kriterien, die auf eine Drogenabhängigkeit hindeuten: So befragten sie die Jugendlichen, ob ihr Cannabiskonsum Beziehung und Freundschaften belastet oder ob sie infolge des Kiffens Probleme in der Schule oder am Arbeitsplatz hätten. Weitere Hinweise auf ein mögliches Suchtpotenzial waren erfolglose Versuche der Probanden, mit dem Kiffen aufzuhören sowie die Tatsache, dass sie immer höhere Dosen benötigten, um überhaupt noch eine Wirkung zu spüren.
Das erschreckende Ergebnis: Die große Mehrheit von ihnen zeigte deutliche Zeichen einer Abhängigkeit. So hatten sie Schwierigkeiten, ihren Drogenkonsum zu reduzieren oder damit aufzuhören.
Zwei Fünftel der Testpersonen litten sogar unter eindeutigen Entzugserscheinungen, nachdem sie aufgehört hatten, Cannabis zu konsumieren. „Die Entzugserscheinungen glichen denen eines Beruhigungsmittel-Entzugs: Die Personen waren hyperaktiv, ruhelos und hatten Schlafstörungen“, erklärte John Kelly in einem Interview mit der Plattform „Medical Daily.com“. Solche Entzugserscheinungen seien ein Beleg dafür, dass die Droge Hirn und Nervensystem angreife.
Der Psychiater hält das Suchtpotenzial von Cannabis daher genauso hoch wie das von Alkohol. Doch so wie nicht jeder Biertrinker tatsächlich Alkoholiker werde, müsse auch nicht jeder Kiffer süchtig nach Cannabis werden.
Doch das Risiko einer Abhängigkeit herunterzuspielen, sei der falsche Weg, sagt John Kelly. Zu wissen, dass die Droge süchtig machen kann, könne den Konsumenten helfen, ihre Situation realistisch einzuschätzen und sich gegebenenfalls Hilfe zu suchen. „Befragten, die sich ihr Drogenproblem eingestanden, fiel der Entzug leichter als denjenigen, die nicht glaubten, abhängig zu sein“, sagte er der „Medical Daily“.