WELT
Das Todesrisiko im Auto ist 54 Mal höher als im Zug
Baku, den 12. Dezember (AZERTAG). Die Bahn gehört einer Studie zufolge zu den sichersten Verkehrsmitteln. Der Abstand zum Pkw ist enorm, auch Busreisen sind gefährlicher als Zugfahrten. Nur das Fliegen kann noch mithalten.
Für Bahnchef Rüdiger Grube ist schon gut zwei Wochen vor dem Fest Bescherung. Erst wird die Bahn im Vergleich mit den Airlines zum deutlich günstigeren Verkehrsmittel gekürt – und nun ist sie auch noch das mit Abstand sicherste.
Dieses Prädikat verleihen den Bahnen in Deutschland zumindest Allianz pro Schiene und der Automobil-Club Verkehr (ACV). Nach Berechnungen der Verbände ist das Todesrisiko für Insassen eines Pkw 54 Mal höher als für Bahnreisende. Grundlage für dieses Fazit sind Vergleichszahlen der Jahre 2004 bis 2012.
Die Verletzungsgefahr im Pkw, verglichen mit dem in der Bahn, sei sogar noch größer, heißt es in der Analyse. Bezogen auf die Personenkilometer, also die Zahl beförderter Menschen auf einer Strecke, ist die Wahrscheinlichkeit, bei einer Autofahrt zu verunglücken, demnach gut 109 Mal höher als bei einer Reise im Zug. „Für unsere alltägliche Mobilität ist die Eisenbahn das absolut sicherste Verkehrsmittel“, meint der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege.
Konzernchef Grube und die anderen Bahnen im Land dürften sich allerdings für einen anderen Vergleich mehr interessieren: dem von Zug und Fernbus. Nach der aktuellen Studie, die sich auf Daten des Statistischen Bundesamtes, des Bundesumweltamtes und der EU stützt, ist das Todesrisiko für Busreisende im Vergleich zur Bahn etwa dreieinhalbmal höher, das Verletzungsrisiko liegt 31,5 Mal über dem der Bahn.
„Während der Bus in puncto Sicherheit ebenfalls deutlich vor dem Pkw liegt, bleibt der Abstand zwischen Bus und Bahn dennoch spürbar“, stellt Flege fest.
0,04 getötete Bahnreisende - Neue Fernbusverbindungen bringen die Deutsche Bahn zunehmend in Bedrängnis. Mehr als 200 Linien bieten Busunternehmen inzwischen hierzulande an, ein Plus von 125 Prozent seit Jahresbeginn. Im Januar war die Liberalisierung des Busmarktes in Kraft getreten. Allein im ersten Halbjahr konnte die Branche 1,3 Millionen Fernbuskunden zählen. „Schätzungsweise ein Drittel davon sind potenzielle Bahnfahrer“, klagt ein DB-Manager.
Das gute Abschneiden der Bahnen hat allerdings ein Geschmäckle – schließlich ist Allianz pro Schiene der Lobbyverband der Bahnbetreiber. Dennoch: Richtig Kontra bekommt der Verband von der Auto-oder Flieger-Lobby nicht.
Beim Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO) stellt man fest, man freue sich, dass die Verkehrssicherheit zunehme. „Bus und Bahn sind sichere Verkehrsmittel“, sagt ein Sprecher. „Und der Reisebus ist laut TÜV und Destatis das sicherste Straßenverkehrsmittel.“
Beim Vergleich der Unfallrisiken sollte man allerdings die Gesamtsituation im Auge behalten. Gerade in Deutschland ist Reisen, zieht man die Zahlen anderer Länder hinzu, eine vergleichsweise sichere Sache. Beim Vergleich der Opferzahlen von Schiene und Straße liege Deutschland in der mehrjährigen europäischen Betrachtung auf den guten vorderen Plätzen, stellen Allianz pro Schiene und ACV fest.
Im EU-Durchschnitt seien von 2005 bis 2011 statistisch 3,8 Pkw-Insassen pro Milliarde Personenkilometer zu Tode gekommen, in Deutschland 2,7 getötete Autofahrer. Dem gegenüber standen europaweit 0,15 getötete Bahnreisende. Mit 0,04 Toten war Deutschland im Durchschnitt von 2005 bis 2011 deutlich besser als der europäische Durchschnitt. „In keinem europäischen Land ist Autofahren sicherer als Bahnfahren“, so Flege.
Flugzeug und Zug sind ähnlich sicher - Am gefährlichsten in Europa ist es übrigens auf den Straßen in Rumänien (durchschnittlich 15 Tote), Lettland (elf) und Ungarn (zehn). Dort fordert der Straßenverkehr die höchste Zahl an Todesopfern pro Milliarde Personenkilometer. Was Deutschland angeht, hat die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) ganz aktuell einen Rückgang der Unfalltoten für das Gesamtjahr vorausgesagt.
Nach Angaben der Behörde werde die Gesamtzahl der im Straßenverkehr Getöteten 2013 gegenüber 2012 um sieben bis acht Prozent auf etwas über 3300 Getötete sinken. Im Jahr zuvor, dem bisher günstigsten Jahr seit Aufzeichnung der Verkehrsunfallstatistik, waren es 3600 Verkehrstote hierzulande.
ACV-Chef Horst Metzler warnt dennoch davor, Entwarnung zu geben: „3600 Straßenverkehrstote in Deutschland 2012 sind kein Grund zum Feiern.“ Er mahnt, dass an eigenen Verkehrssicherheitsprogrammen auf Bundesländerebene kein Weg vorbei führe. „Ein Blick in den aktuellen Bundesländerindex Mobilität zeigt, dass zwölf von 16 Ländern die Zahl ihrer Verkehrstoten nicht deutlich genug senken konnten.“
Einen Vergleich mit den Airlines bieten Allianz pro Schiene und ACV nicht. Weil mit dem Flieger ganz andere Distanzen zurückgelegt würden als mit dem Zug oder Pkw, sei eine Gegenüberstellung nicht sinnvoll.
Was die Sicherheit angehe, sei die Luftfahrt allerdings mit dem Schienenverkehr vergleichbar, räumen die beiden Verbände ein und zitieren die European Railway Agency, das Europäische Eisenbahnamt. Die kommt in ihrem Sicherheitsreport 2013 zu dem Ergebnis, dass Zug- und Flugreisende „vergleichbar“ sicher unterwegs sind.