WELT
Der mächtige Begleiter der Erde
Baku, den 9. Juli (AZERTAG). Der Mond ist weit mehr als ein Mitläufer. Ohne ihn wäre das Leben wohl langsamer entstanden und unser Klima würde stärker schwanken. Sogar die Rotation der Erde hängt am Mond. Forscher vermuten. Ein Tag wäre deutlich kürzer, hätte die Erde keinen Trabanten.
Der Weg ins Herz der deutschen Mondforschung führt über einsame Landstraßen und durch dichte Wälder. Hier, im Nirgendwo zwischen Göttingen und Hannover, liegt Katlenburg-Lindau, ein Ort mit etwa 7200 Einwohnern - und Sitz des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung. Einige der besten Weltraumforscher Deutschlands arbeiten hier. Zusammen mit amerikanischen, europäischen und russischen Wissenschaftlern koordinieren sie Missionen wie „Galileo“, bauen Raumsonden und entwickeln in hauseigenen Werkstätten winzige, superleichte Messgeräte in hitzebeständiger Verpackung, die Daten aus dem Weltall zur Erde schicken. Immer wieder beschäftigen sie sich auch mit dem nächsten aller Himmelskörper: unserem Mond.
Seit je hat der Mensch eine ganz besondere Beziehung zu dem Erdtrabanten. In vielen Kulturen wurde er als Gott oder Göttin verehrt, andere feiern ihn noch heute mit Festen. Manche glauben, dass bei Vollmond mehr Kinder geboren werden. Andere sind überzeugt, es gebe dann mehr Unfälle. Eine Umfrage aus dem Jahr 1999 ergab: Mehr als die Hälfte der Deutschen glauben, ihre Stimmungslage sei von den Kräften dieses Himmelskörpers abhängig.
Auch Ulrich Christensen schaut nachts gern zum Mond. Er ist Direktor des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung - und Experte in Sachen Mondforschung. „Der Mond ist ein faszinierender Himmelskörper - für mich persönlich, aber auch wissenschaftlich“, sagt Christensen.
Wie der Mond sogar Erdrotation und Klima beeinflusst - Seit am 21. Juli 1969 nach dreitägiger Reise mit der Rakete „Apollo 11“ der erste Mensch den Mond betrat, ist das Gestirn auf alle erdenklichen Arten untersucht und vermessen worden. Dutzende Sonden schickten Bilder, Infrarot-Messungen und Daten aus Massenspektrometern zur Erde - für die Labors von Nasa, European Space Agency (Esa) und das Max-Planck-Institut in Katlenburg-Lindau. „Unter den erdähnlichen Planeten ist unser Erde-Mond-System etwas ganz Besonderes“, sagt Christensen.
Schon die Geburt des Himmelskörpers zeugt von der engen Bindung zwischen Mond und Erde. Nach heute gängiger Theorie entstand er, als ein marsähnlicher Protoplanet mit der Erde kollidierte. Die Wucht des Aufpralls war so groß, dass Gestein von beiden in den Orbit geschleudert wurde. „Viele Menschen wissen, dass die Anziehungskräfte von Erde und Mond Ebbe und Flut auslösen“, sagt Christensen. „Nur wenigen ist aber klar, dass die Gezeitenreibung, die dabei entsteht, auch dazu beiträgt, die Erdrotation zu verlangsamen.“
Gleichzeitig hat die Anwesenheit des Mondes auch die Neigung der Rotationsachse unseres Planeten stabilisiert. „Wenn wir ihn nicht hätten, würde die Erde viel stärker um die eigene Achse pendeln“, erklärt er. „Dadurch entstünden starke Klimaschwankungen. Der Mond stabilisiert also unser Klima.“
Ohne den Mond wäre die Erde ein anderer Planet - Wie die Erde wohl ausgesehen hätte? Der amerikanische Astronom Neil Comins von der Universität von Maine hat sich das in einem Gedankenexperiment ausgemalt. Ein Tag, hat er errechnet, würde nur etwa acht Stunden dauern. Die Gezeiten, nun nur noch von der viel weiter entfernten Sonne gesteuert, wären schwach, das Meer wäre eine träge Masse. Für die Entstehung des Lebens, das bei der realen Erde durch den Wechsel der Gezeiten begünstigt wurde, wären das schwierige Bedingungen.
Ein Blick ins Tierreich liefert weitere Belege. Etwa 600 Arten, schätzen Experten, haben ihre Lebensrhythmen nach den Einflüssen des Mondes ausgerichtet. Wenn sich die Mondkräfte so deutlich auf die Tiere auswirken, liegt es nahe zu vermuten, dass sie auch den Menschen beeinflussen. Der Sozialwissenschaftler Edgar Wunder, Mitglied der Gesellschaft für Anomalistik, hat rund 700 wissenschaftliche Studien zum Thema ausgewertet. Sein Fazit: „Nach wissenschaftlichen Standards gibt es keine belegten Zusammenhänge zwischen Mondphasen und menschlichem Verhalten.“