WELT
Die Männer litten auch dann, wenn die Frau in einem Bereich erfolgreich war
Baku, den 23. September (AZERTAG). Eigentlich wünschen sich Männer starke Frauen, die auf eigenen Beinen stehen. Doch wenn die Partnerin tatsächlich Erfolg hat, leidet ihr Selbstwertgefühl – auch, wenn sie anderes behaupten
Es war ein Ergebnis, das aufhorchen ließ. Zusammen mit dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und dem infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft hatte die Zeitschrift „Brigitte“ im Jahr 2008 junge Menschen zu ihren Lebensentwürfen und Lebensverläufen befragt – und fünf Jahre später die Erhebung wiederholt.
Dabei scheint es vor allem bei den inzwischen 21 bis 34 Jahre alten männlichen Teilnehmern einen Wertewandel gegeben zu haben, wie in der vergangenen Woche verkündet wurde. Denn während sich noch 2007 nur gut die Hälfte von ihnen eine finanziell unabhängige Partnerin wünschte, waren es in diesem Jahr bereits zwei Drittel.
Der Wunsch, eine erfolgreiche Frau an der Seite zu haben, hat für Männer allerdings durchaus Schattenseiten – auch wenn ihnen selbst das gar nicht unbedingt bewusst ist. Das ist das Ergebnis einer gerade im renommierten „Journal of Personality and Social Psychology“ veröffentlichten Studie US-amerikanischer Forscher.
Kate Ratliff von der University of Florida und Shigehiro Oishi von der University of Virginia fanden in einer Serie von fünf Experimenten nämlich heraus, dass ein Erfolg der Partnerin das Selbstwertgefühl des Mannes deutlich schmälert, ein Misserfolg, den sie erlebt, sein Selbstwertgefühl aber hebt – und zwar unabhängig davon, was er selbst behauptet. Auf das Selbstwertgefühl der Frauen hingegen hatte ein Erfolg oder Misserfolg des Partners überhaupt keinen Einfluss.
Während sich beim Selbstwert der Männer, einfach befragt, nach einem Erfolg der Partnerin nichts tat, zeichneten die IAT-Messungen ein ganz anderes Bild. Jeglicher Erfolg der Frau verringerte das männliche Selbstwertgefühl: ob die Frau nun eine gute Tänzerin oder Köchin war, als sozial besonders kompetent galt oder erfolgreich eine Gehaltserhöhung verhandelt hatte.
Sich für den Erfolg eines anderen freuen, das sollte man, so die gesellschaftliche Erwartung, wenn derjenige einem nahesteht. Aus der Forschung war zwar bereits bekannt, dass das manchmal dennoch schwerfällt – und zwar dann, wenn der Erfolg des anderen in einen Bereich fällt, der einem selbst auch wichtig ist.
In der Studie aber war das anders: Die Männer litten auch dann, wenn die Frau in einem Bereich erfolgreich war, der für sie persönlich gar keine Relevanz hatte. Und sie litten sogar dann, wenn es gar keine Einschätzung zur Leistung des Mannes gab, also der direkte Vergleich beider Partner schlichtweg nicht möglich war.
Die Männer, so schreiben die Wissenschaftler, schienen die Information „Mein Partner ist erfolgreich“ sofort als „Mein Partner ist erfolgreicher als ich“ zu interpretieren. Bei den Frauen war das anders: Zwar gab es weder positive noch negative Effekte auf ihr Selbstwertgefühl, doch ihre Zufriedenheit mit der Beziehung war höher, wenn der Mann erfolgreich war.
Bei den Männern hingegen gingen die Werte auch hier in den Keller: Eine erfolgreiche Frau führte bei ihren Partnern zu weniger Beziehungszufriedenheit und Optimismus hinsichtlich der Zukunft der Beziehung. „Weil Männer und Frauen unterschiedliche soziale Rollen und Erwartungen bezüglich ihrer Beziehung haben, ist es wahrscheinlich, dass ein Erfolg des Partners Männer und Frauen anders prägt“, so die Autoren.
Andere Studien zeigen, dass Männer wetteifernder sind als Frauen und Dominanz und Kompetenz ausstrahlen wollen. Daher stehen sie gern für sich allein, während Frauen den Erfolg des Partners auch gut als gemeinsamen Erfolg verbuchen können.