GESELLSCHAFT
Experten befürchten monatelange Ebola-Epidemie
Baku, den 4. Juli (AZERTAG). Es fehlt an Personal und Medikamenten. Der Kampf gegen die Ebola-Epidemie in Westafrika werde noch Monate dauern, befürchtet die Weltgesundheitsorganisation. Neue Virusgebiete könnten nicht mehr versorgt werden, warnen die „Ärzte ohne Grenzen“.
Die schwere Ebola-Epidemie in Westafrika wird die internationalen Helfer nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wahrscheinlich noch lange beschäftigen. Es sei nicht eindeutig abzusehen, wie stark sich die Epidemie noch ausbreiten werde, sagte der WHO-Vertreter Keiji Fukuda zum Abschluss einer zweitägigen Konferenz in Ghanas Hauptstadt Accra. „Aber ich denke, wir werden mehrere Monate lang damit konfrontiert sein.“
Auch Marie-Christine Ferir von der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF; Médecins Sans Frontières) sagte, sie rechne mit mehreren Wochen bis Monaten bis zu einem Ende der Epidemie. Derzeit betroffen sind Guinea, Liberia und Sierra Leone. Die WHO hat aber vor einer „weiteren internationalen Ausbreitung“ gewarnt.
„Die Epidemie greift immer weiter um sich, weil die Menschen in verschiedene Länder reisen“, sagte Bart Janssens, MSF-Programmverantwortlicher in Brüssel. Seine Organisation sei beim Kampf gegen Ebola in Westafrika an ihrer „Grenze angekommen“. „Derzeit hat MSF weder das Personal noch die medizinischen Hilfsmittel, um Teams in neue betroffene Regionen zu entsenden“, sagt Janssens. Neue Gebiete, in denen das Virus auftritt, könnten derzeit von der Organisation nicht mehr versorgt werden.
MSF hat nach eigenen Angaben bisher mehr als 500 Patienten behandelt, die unter Ebola-Verdacht standen oder definitiv mit der Krankheit infiziert waren. Insgesamt 300 Mitarbeiter seien dazu im Einsatz.
Die Minister von elf afrikanischen Staaten hatten in Accra mit WHO-Vertretern und anderen Experten darüber beraten, wie das Ebola-Virus gestoppt werden kann. Das Ergebnis sind vor allem politische Willensbekundungen: Die Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg solle gestärkt werden, die Ausbreitung der Krankheit besser überwacht. Die Teilnehmer sprachen sich außerdem dafür aus, Dorfvorsteher für die Krankheit zu sensibilisieren, weil ihnen oft mehr vertraut werde als Vertretern der Gesundheitsdienste.
„Viele bestreiten, dass es die Krankheit überhaupt gibt“ – Mit anderen Worten: Viele Menschen in den betroffenen Gebieten wissen bis heute nichts über die Krankheit. Sie vermuten hinter dem Leiden - auch wegen weit verbreitetem Aberglauben und Voodoo-Riten - einen Fluch. Ärzten in Schutzanzügen und ausländischen Gesundheitsexperten steht man skeptisch gegenüber, weshalb deren Vorschriften häufig unbeachtet bleiben.
„Die immer weitere Ausbreitung des Virus ist zu einem großen Teil auf kulturelle Praktiken und traditionelle Überzeugungen zurückzuführen, die im Gegensatz zu allem stehen, was die Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit vorsehen“, hat der WHO-Afrika-Direktor Luis Gomes Sambo gewarnt.
Eine der großen Gefahren sind die Beerdigungen der Ebola-Opfer, bei denen die Angehörigen die Toten häufig noch einmal waschen oder umarmen. Da das Virus über Körperflüssigkeiten übertragen wird, riskieren die Trauernden, sich dabei ebenfalls mit dem Erreger zu infizieren. Auch werden Verwandte, die erste Symptome aufweisen, immer wieder versteckt, um sie vor dem Zugriff der Ärzte zu schützen.
„Viele Leute bestreiten noch immer, dass es die Krankheit überhaupt gibt“, sagt Katherine Mueller, die Sprecherin des Roten Kreuzes in Afrika. Deshalb würden Hilfsorganisationen in manchen Gebieten gar nicht erst zugelassen.
Ebola verläuft in bis zu 90 Prozent aller Fälle tödlich. Unter anderem verursacht das Virus Fieber und schwere innere und äußere Blutungen. Der Erreger war 1976 im damaligen Zaire erstmals beim Menschen nachgewiesen worden. Seinen Namen hat er von dem Fluss, in dessen Nähe er erstmals nachgewiesen worden war. Seit der Entdeckung gab es ab es vor allem in Ost- und Zentralafrika rund 20 mittelschwere Ausbrüche der Krankweit. Seit Jahresbeginn hatte sich Ebola nun aber auch erstmals in Westafrika ausgebreitet. Seitdem starben nach Angaben der WHO in Guinea, Liberia und Sierra Leone mindestens 467 Menschen.
Eine wirksame Behandlungsmethode nach einer Infektion gibt es nicht. Besonders schwierig wird der Kampf gegen die Krankheit durch die bis zu drei Wochen lange Inkubationszeit. In dieser Zeit sind die Betroffenen bereits infiziert, haben aber kaum Symptome. Da viele Geschäftsleute und Händler ständig zwischen Guinea, Liberia und Sierra Leone hin- und herreisen, konnte das Virus so erst die Grenzen übertreten.