WIRTSCHAFT
Finanzkrise: Chinas Zentralbank hat nicht mehr so energisch in den Aktienmarkt eingegriffen
Baku, 6. Juli, AZERTAC
Seit der weltweiten Finanzkrise 2008 hat Chinas Zentralbank nicht mehr so energisch in den Aktienmarkt eingegriffen. Die Regierung treibt die Sorge um, dass ein Börsencrash den mühsam erarbeiteten Wohlstand vernichtet.
Die Zeiten, in denen die Anleger an den chinesischen Börsen quasi mit einer Gewinngarantie belohnt wurden, scheinen endgültig vorüber zu sein. Trotz staatlicher Intervention und massiver Stützungskäufe geht das Auf und Ab an den Börsen in China weiter. Der Handel startete am Montag mit einem steilen Anstieg um zeitweise mehr als sieben Prozent. Doch am Ende des Tages folgte ein schwacher Abschluss.
Neben ein paar Gewinnern gab es auch eine ganze Reihe von Verlierern. Lediglich der Shanghai Composite Index konnte mit sich 3775,91 Punkten um 2,41 Prozent verbessern. Der Shenzhen Component Index verlor dagegen 1,39 Prozent, der dem Nasdaq ähnliche ChiNext Index sogar 4,28 Prozent.
Mit einem energischen Eingreifen hatte die Regierung in Peking über das Wochenende versucht, Vertrauen wiederherzustellen und einen weiteren Kursrutsch zu verhindern. Die Indizes hatten in den drei Wochen zuvor um rund 30 Prozent ihres Wertes verloren. Die Anleger büßten umgerechnet 350 bis 400 Milliarden Euro ein.
Das Kabinett war am Wochenende unter Leitung von Premier Li Keqiang zu einer Krisensitzung zusammengekommen. Neue Börsengänge wurden vorerst ausgesetzt und die Liquidität stark ausgeweitet. Die großen Wertpapierhäuser versprachen, mindestens 120 Milliarden Yuan, umgerechnet 17,5 Milliarden Euro, für langfristige Aktienkäufe auszugeben, um den Markt zu stabilisieren. Auch kündigte die Zentralbank an, den Wertpapierhändlern beim Aktienkauf auf Pump massiv unter die Arme greifen zu wollen.
Seit dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise 2008 habe die Regierung nicht mehr so weit eingegriffen, um einen freien Fall zu verhindern, schrieben Staatsmedien - auch mit Blick auf die Zinssenkung vor einer Woche, die allerdings auch schon wenig gebracht hatte. Die kommunistische Führung fürchtet die politischen und sozialen Auswirkungen eines Börsencrashs.
Krisensitzung am Wochenende – „Zu wilde Fluktuationen sind sowohl unberechtigt als auch ungewollt, weil sie kleinere Investoren schädigen und Panik oder andere Komplikationen auslösen können, die die Lage der Realwirtschaft beeinträchtigen“, hieß es in einem Kommentar der Zeitung „China Daily“. Die Intervention sei „notwendig“, müsse aber vorübergehend bleiben. Die „Mini-Krise“ am Aktienmarkt bedeute kein Versagen des gesamten Systems oder der chinesischen Wirtschaft, betonte das Blatt.
„Wir müssen sehen, ob die Intervention die Zahlen stabil halten, das Vertrauen in den Markt wahren und einen Börsencrash verhindern kann“, sagte die unabhängige Wirtschaftskommentatorin Ye Tan. „Wir wissen es noch nicht, auch weil einige der Maßnahmen noch nicht bekanntgemacht wurden.“
Hintergrund des Kursrutschs ist der spekulative Boom an den chinesischen Börsen, der auch durch sogenanntes Margin-Trading - auf Kredit finanzierte Aktienkäufe - angeheizt wurde. Da sich gleichzeitig das Wirtschaftswachstum verlangsamt, hatten Experten schon lange vor dem Platzen der Blase gewarnt.