WELT
Googles Chef Sundar Pichai ist in einer bemerkenswerten Position
Baku, 31. März, AZERTAC
Selbst auf Branchenmessen kann der unscheinbare Google-Chef Sundar Pichai inkognito herumlaufen. Doch beim Gehalt nimmt es der Manager locker mit seinen bekannteren Kollegen auf.
Googles Chef Sundar Pichai ist in einer bemerkenswerten Position. Er ist einer der mächtigsten und bestverdienenden Vorstandsvorsitzenden im Silicon Valley - und gleichzeitig so unbekannt, dass er ungestört über eine der Leitmessen der Tech-Industrie spazieren kann.
"BuzzFeed" hat Googles wichtigsten Mann dabei im Januar auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas beobachtet: "Den ganzen Morgen über ist er mit umgedrehtem Namensschild herumgelaufen, hatte Spaß, hat sich anonym neue Gadgets angeschaut." Apple-Chef Tim Cook, Facebook-Gründer Mark Zuckerberg oder Amazon-Boss Jeff Bezos könnten das wohl kaum - wenngleich Pichai mittlerweile in ihrer Einflusssphäre angekommen sei.
Auch beim Gehalt muss sich der indischstämmige Ingenieur an der Google-Spitze nicht verstecken. In seinem ersten Jahr hat er ein Gehaltspaket von über 100 Millionen Dollar eingestrichen, wie die Finanznachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Dokumente berichtet, die Google bei der Börsenaufsicht SEC eingereicht hat. Pichais Gehalt ist dabei vergleichsweise dünn: 652.500 Dollar hat er demnach bar bekommen, der Rest (99,8 Millionen Dollar) entfalle auf Aktien; diese würden allerdings erst 2017 fällig.
Pichai führt Google erst seit dem großen Konzernumbau im August 2015, als der Suchmaschinenkonzern die Holding Alphabet als übergeordnete Instanz erschuf. Zuvor hatte er Googles Mobilgeschäft verantwortet und galt lange als rechte Hand von Mitgründer Larry Page. Bereits im Februar hatte Google Pichai insgesamt 199 Millionen Dollar an Aktien zugesichert, die ihm zufallen, je länger er für das Unternehmen tätig ist.
Insgesamt verfüge Pichai damit über 635 Millionen Dollar dieser "unvested shares" - Aktien, über die er erst verfügen kann, wenn er für einen bestimmten festgelegten Zeitraum für sein Unternehmen gearbeitet hat. Hinzu kommen laut Bloomberg noch Aktien-Optionen im Wert von 11,6 Millionen Dollar, die er allerdings ebenfalls erst im Laufe der Zeit ziehen kann.
Pichai scheine wie der perfekte Chef für Google, schreibt "BuzzFeed": Das Unternehmen stecke in seiner marktbeherrschenden Position "irgendwo zwischen Unternehmens-NSA und einer modernen Ostindien-Kompanie". Während Pichais Vorgänger Eric Schmidt und Larry Page blutleer und unempathisch gewirkt hätten, würde über den aktuellen Chef bei Google geflüstert, dass er seine Kinder an jedem Abend des Jahres 2015 selbst ins Bett habe bringen wollen.
Der starke Mann bei Google stammt aus relativ einfachen Verhältnissen: Bis er zwölf Jahre alt war, hatte die Familie aus dem südindischen Tamil Nadu kein Telefon. An die Elite-Uni Stanford schaffte es der Sohn eines Ingenieurs mit einem Stipendium, die Kosten für das Flugticket (umgerechnet 1000 Dollar) hätten das Jahreseinkommen seiner Familie überstiegen: "Meine Eltern haben vieles geopfert und Bildung hatte immer Priorität", berichtete Pichai.
Bei Google startete er am 1. April 2004 - sein Vorschlag, der Konzern möge doch einen eigenen Browser entwickeln, wurde nach dem Erfolg von Chrome zu seiner Eintrittskarte in die Chefetage. Vor gut drei Jahren übernahm er die Verantwortung für das weltweit führende Smartphone-Betriebssystem Android, im Herbst 2014 zudem die Aufsicht über Googles ganzes Onlinegeschäft (abgesehen vom Videoportal YouTube). Seit dem großen Umbau im August 2015 sitzt er offiziell auf dem Chefsessel von Googles (einziger) Geldmaschine.
Für "BuzzFeed" ist Pichai ein "irgendwie langweiliger Das-Beste-für-das-Unternehmen-Mann". "Business Insider" merkte allerdings an, Langweiligkeit sei eines der Schlüsselelemente effektiver Führungskräfte. Denn langweilig zu sein, bedeute, emotional erwachsen zu sein - also stabil und gewissenhaft. Wer vorhersehbar und verantwortungsbewusst sei, neige dazu, am effektivsten zu arbeiten.