GESELLSCHAFT
In Belgien erstmals minderjähriger Patient mit Sterbehilfe gestorben
Baku, 20. September, AZERTAC
In Belgien ist erstmals ein minderjähriger Patient mit Sterbehilfe gestorben. Der Vatikan verurteilte den Vorgang scharf.
Der erste Fall von Sterbehilfe für Minderjährige in Belgien hat heftigen Protest aus dem Vatikan hervorgerufen. Das belgische Sterbehilfe-Gesetz nehme Kindern das Recht auf Leben, kritisierte Kardinal Elio Sgreccia laut Radio Vatikan. Am Samstag war bekannt geworden, dass ein Minderjähriger oder eine Minderjährige in Belgien mit medizinischer Hilfe gestorben war.
Die Ärzte hätten erstmals die gesetzlich erlaubte Sterbehilfe für Minderjährige angewandt, bestätigte der Vorsitzende der staatlichen Sterbehilfe-Kommission, Professor Wim Distelmans. Er sei innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von dem Fall unterrichtet worden. Der Patient oder die Patientin war den Angaben zufolge todkrank. Details wurden nicht genannt.
"Diese Entscheidung wendet sich nicht nur gegen die Empfindungen aller Religionen, die sämtlich ihre Stimme in Belgien erhoben haben, sondern auch gegen den menschlichen Instinkt, denn vor allem verletzlichen Minderjährigen muss mit Medikamenten und mit moralischem, psychologischem und spirituellem Beistand geholfen werden", sagte Kardinal Sgreccia.
"Die Tötung auf Verlangen von Kindern hat nichts mit würdigem Sterben zu tun", kritisierte auch der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, das Vorgehen. "Damit verlässt der Beneluxstaat die menschenrechtlichen Standards der EU. Aber die europäischen Institutionen schweigen."
In Belgien ist seit 2002 ein Sterbehilfe-Gesetz in Kraft, das als besonders liberal gilt. Es erlaubt Ärzten die Tötung auf Verlangen von erwachsenen, unheilbar kranken Patienten, sofern Mediziner ihnen unerträgliche Leiden bescheinigen. Anfang 2014 dehnte das Parlament die Sterbehilfe auf Minderjährige aus, wenn die Eltern zustimmen.
Aktive Sterbehilfe ist in den meisten Ländern verboten. In der Europäischen Union erlauben nur die Niederlande, Luxemburg und Belgien ausdrücklich die Tötung auf Verlangen. Die passive Sterbehilfe, der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen, ist in zahlreichen Ländern erlaubt beziehungsweise wird geduldet - auch in Deutschland.
Im vergangenen Jahr wurde jedoch in Deutschland durch ein neues Gesetz die geschäftsmäßige Sterbehilfe verboten. Kommerzielle Sterbehilfevereine, wie sie etwa der ehemalige Hamburger Justizsenator Roger Kusch gegründet hatte, dürfen hierzulande nicht mehr praktizieren. Vereine wie Exit oder Dignitas, die etwa in der Schweiz sterbewilligen Menschen Hilfe beim Suizid anbieten, besorgen für den Patienten ein tödlich wirkendes Barbiturat, das in Wasser aufgelöst wird. Aus juristischen Gründen muss es der Patient aber selbst schlucken können oder es sich zumindest selbst zuführen können - etwa über eine Magensonde.