WELT
In Burkina Faso haben Demonstranten Parlament in Brand gesetzt
Medienberichten zufolge haben Hunderte Demonstranten in Burkina Faso aus Protest gegen eine weitere Amtszeit von Präsident Blaise Compaoré das Parlament gestürmt und Feuer gelegt. Vor einer Abstimmung über eine entsprechende Verfassungsänderung drangen sie in das Gebäude der Nationalversammlung in Ouagadougou ein, verwüsteten Büros, setzten Akten und Autos im Innenhof in Brand und schleppten Computer fort. Der Parlamentssitz war von Rauch umhüllt, ein Helikopter überflog das Gebäude.
Sicherheitskräfte hatten zunächst versucht, die Demonstranten mit Tränengas zurückzudrängen, dann traten sie selbst den Rückzug an. Die aufgebrachten Demonstranten schrien: „Befreit Kosyam.“ Kosyam ist der Name des Präsidentensitzes.
Die Opposition hatte ihre Anhänger schon seit Tagen aufgerufen, zur Nationalversammlung zu marschieren. Nach der Erstürmung des Parlamentsgebäudes rückten die Demonstranten auch auf den Sitz des nationalen Fernsehsenders vor.
Das Büro des Ministerpräsidenten teilte mit, dass die Abstimmung verschoben sei. Die Demonstrationen gingen aber weiter. Tausende waren in Ouagadougou auf den Straßen. Mehrere Gebäude wurden in Brand gesteckt, die Büros des nationalen Fernsehsenders wurden geplündert. Dieser und auch das staatliche Radio stellten den Sendebetrieb ein.
Aus dem Parlamentsgebäude schlugen Flammen. Viele Abgeordnete flüchteten in ein nahe gelegenes Hotel. „Ich war drinnen, als die Demonstranten hineinstürmten", sagte der oppositionelle Abgeordnete Ablasse Ouedraogo. „Jetzt ist es schwierig zu sagen, was als Nächstes passiert. Aber die Lage ist außer Kontrolle und die Demonstranten hören auf niemanden.“ Auch Häuser von Ministern wurden attackiert und in Bobo Dioulasso, der zweitgrößten Stadt des Landes, kam es zu Plünderungen, wie Augenzeugen berichteten.
Das Militär versuchte zunächst in Verhandlungen, die Ruhe wieder herzustellen. Generäle trafen sich mit dem einflussreichen Führer der größten ethnischen Gruppe des Landes, den Mossi, um ein Ende der Unruhen auszuhandeln, wie ein Sprecher der Regierungspartei erklärte.
In dem westafrikanischen Staat, der unter Compaoré als vergleichsweise stabil galt, hatten sich die Spannungen in den vergangenen Monaten immer mehr aufgebaut. Die Demonstranten fordern, dass der Staatschef, der bei einem Putsch im Jahr 1987 die Macht übernahm und seitdem viermal wiedergewählt wurde, sein Amt abgibt. Die geplante Verfassungsänderung hingegen würde eine Kandidatur für eine weitere fünfjährige Amtszeit im nächsten Jahr ermöglichen. Die EU hatte die Regierung aufgerufen, die Verfassung nicht zu ändern, weil dies den demokratischen Prozess gefährde.
Die USA zeigten sich besorgt über die Unruhen. „Wir glauben, dass demokratische Institutionen gestärkt werden, wenn die etablierten Regeln beständig befolgt werden“, hieß es in einer Stellungnahme aus dem Weißen Haus.
Compaoré galt nach seiner Machtergreifung als Staatschef, der sich in der gesamten Region politisch betätigte – nicht immer zum Wohlgefallen der Nachbarstaaten. Der Präsident machte nie einen Hehl aus seiner Unterstützung für den Rebellenführer und späteren Präsidenten Liberias, Charles Taylor, und wurde auch beschuldigt, Aufstände in der Elfenbeinküste und in Angola unterstützt zu haben. In den vergangen Jahren versuchte er aber auch, bei Wahlstreitigkeiten zu vermitteln und Geiselfreilassungen auszuhandeln.
Zuletzt war die Regierung Burkina Fasos an den Verhandlungen zur Freilassung mehrerer europäischer Geiseln im Norden Malis beteiligt. Compaoré war auch Gastgeber der Friedensgespräche zwischen der malischen Regierung und den Tuareg.