WISSENSCHAFT UND BILDUNG
Milchstraße hat vier Arme
Baku, den 20. Dezember (AZERTAG). Bilder des Hubble-Teleskops schienen zu beweisen, dass die Milchstraße zwei Ausläufer hat. Nun jedoch haben deutsche Forscher 1650 besonders große Sterne kartiert - und zwei weitere Arme entdeckt.
Unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, besitzt vier Spiralarme - eine Überraschung. Denn besonders Beobachtungen mit dem US-Weltraumteleskop „Spitzer“ hatten nahegelegt, dass unsere Heimatgalaxie lediglich zwei Arme besitzt. Da sich die Erde innerhalb der Sternenscheibe der Milchstraße befindet, können Astronomen nicht wie bei anderen Galaxien von oben auf sie schauen. Ihre Struktur ist daher nur schwer zu bestimmen.
Astronomen hatten seit den fünfziger Jahren angenommen, dass die Milchstraße eine Spiralgalaxie ist, um deren Zentralbereich sich vier Spiralarme winden. Das Infrarot-Teleskop „Spitzer“ der US-Raumfahrtbehörde Nasa hatte dann jedoch die Verteilung von 110 Millionen kleineren Sternen in der Milchstraße vermessen und dabei nur Hinweise auf zwei Spiralarme gefunden.
Astronomen um James Urquhart vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn haben nun mehr als zwölf Jahre lang 1650 besonders große Sterne mit verschiedenen Radioteleskopen beobachtet. Die Verteilung der großen Sterne zeige vier Spiralarme, berichten die Forscher im britischen Fachblatt „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“ („MNRAS“).
Komprimiertes Gas – „Das heißt nicht, dass unsere Ergebnisse richtig und die von 'Spitzer' falsch sind - beide Untersuchungen haben nach unterschiedlichen Dingen geschaut“, erklärt Co-Autor Melvin Hoare von der englischen Universität Leeds in einer Mitteilung seiner Hochschule. „'Spitzer' sieht nur viel kühlere, masseärmere Sterne wie unsere Sonne, die sehr viel zahlreicher sind als die massereichen Sterne, die wir ins Visier genommen haben.“
Große Sterne sind selten, weil sie ihren Brennstoff sehr schnell verbrauchen. Während unserer Sonne als eher kleinem Stern eine Lebensspanne von insgesamt rund zehn Milliarden Jahren beschert ist, werden die großen Sterne aus der neuen Studie typischerweise nur etwa zehn Millionen Jahre alt, also tausendmal weniger.
Die massereichen Sterne sind daher im Schnitt deutlich jünger und befinden sich damit näher an ihrem jeweiligen Geburtsort, der typischerweise in stark verdichteten Gaswolken liegt. Anders als die langlebigen, massearmen Sterne haben die Riesensonnen nicht ausreichend Zeit, um sich in der Scheibe unserer Galaxie zu verteilen.
„Massearme Sterne leben viel länger als massereiche und kreisen viele Male um unsere Galaxie, wobei sie sich in der Scheibe verteilen“, erläutert Hoare. „Das Gas ist jedoch in allen vier Armen komprimiert genug, um im großen Umfang Sterne zu produzieren.“
In den kommenden Jahren soll das gerade gestartete Weltraumteleskop “Gaia“ der europäischen Raumfahrtagentur Esa eine Milliarde Sterne der Milchstraße mit nie dagewesener Genauigkeit erfassen. Aus den Daten soll eine dreidimensionale Karte unserer Heimatgalaxie entstehen.