GESELLSCHAFT
Ozonschicht-Schutz soll Klimawandel-Pause erklären
Baku, den 12. November (AZERTAG). Der Klimawandel macht seit einigen Jahren Pause - und Forscher haben nun eine weitere mögliche Erklärung gefunden. Demnach hat das Verbot von Gasen, die zur Zerstörung der Ozonschicht beitragen, zur Abkühlung beigetragen.
Die Erde erwärmt sich seit Jahren weniger, als Klimamodelle es vorhergesagt haben. Doch was von Skeptikern gern als angeblicher Beweis angeführt wird, dass der Mensch am Ende keinen Einfluss auf das Klima hat, könnte laut einer neuen Studie das genaue Gegenteil sein. Sie besagt, dass menschliche Aktivitäten wie etwa das Montreal-Protokoll zum Schutz der Ozonschicht die Erwärmung gebremst haben.
Der 1989 in Kraft getretene Montreal-Vertrag schränkte die Produktion der Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht in der Atmosphäre führen, über Jahre hinweg immer weiter ein. Zu diesen Stoffen zählten damals vor allem Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), die zum Beispiel als Kältemittel in Kühlschränken oder als Treibmittel in Spraydosen dienten. Sie bauen jedoch nicht nur das Ozon in der Atmosphäre ab, sondern sind zugleich starke Treibhausgase.
Der mexikanische Forscher Francisco Estrada und seine Kollegen haben globale Klimadaten mit neuen Methoden statistisch ausgewertet. Wie die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Geoscience“ schreiben, wäre die mittlere Temperatur der Atmosphäre heute um 0,1 Grad Celsius höher, wenn es das Montreal-Protokoll nicht gegeben hätte.
Estrada und sein Team untersuchten die mittleren Jahrestemperaturen von 1880 bis 2010 und verglichen sie mit Daten über typische Treibhausgase in der Atmosphäre, darunter FCKW und Kohlendioxid. Mit statistischen Methoden filterten sie natürliche Klimaschwankungen durch veränderliche Meeresströmungen, die Stärke der Sonneneinstrahlung oder die Unterschiede bei der Erwärmung der Luft über Land und über Ozeanen heraus.
Verträge, Kriege, Wirtschaftskrisen als Klimafaktoren - Sie betrachteten insbesondere zwei große Knicke in der weltweiten Temperaturkurve. Um etwa 1960 nahm die Erwärmung stärker zu. Zu dieser Zeit hatte sich die Weltwirtschaft vom Zweiten Weltkrieg erholt und die industrielle Produktion lief auf Hochtouren. Den zweiten Punkt sehen sie im Jahr 1994. Dort flacht die Kurve des Temperaturanstiegs ab.
Als Grund nennen die Autoren neben dem stark verminderten Ausstoß an FCKW, dass die Kurve des Methan-Ausstoßes abgeflacht sei. In den neunziger Jahren sei der Reisanbau in Asien umgestellt worden, schreiben Estrada und seine Kollegen. Durch den Einsatz von künstlichem Dünger und wassersparenden Methoden entstehe seitdem dabei nicht mehr so viel Methan wie zuvor.
In ihrer Analyse fanden die Wissenschaftler weitere Schwankungen in der Temperaturkurve, die sie ebenfalls auf menschliche Einflüsse zurückführen. So sei die globale Erwärmung zwischen 1914 und 1946 nur gering ausgefallen. Das hätte vor allem an den beiden Weltkriegen und der Weltwirtschaftskrise von 1929 gelegen, die jeweils zu einer gedrosselten Industrieproduktion und damit zu einem geringeren Treibhausgasausstoß geführt hätten.
Die derzeitige Abflachung im Anstieg der Lufttemperatur sei somit keinesfalls ein Beleg dafür, dass der Mensch keinen Einfluss auf die Erderwärmung habe. Im Gegenteil: Sie sei menschengemacht. „Die statistische Analyse zeigt an, dass die vergangenen Änderungen im Anstieg der Erderwärmung direkt menschlichen Einflüssen zugeordnet werden können, von wirtschaftlichen Abschwüngen bis zu den Regulierungen des Montreal-Protokolls“, sekundieren Felix Pretis und Myles Allen von der britischen Oxford University in einem Kommentar in „Nature Geoscience“.
Dieser Ansatz zur Erklärung der aktuellen Erwärmungspause ist allerdings nicht der einzige. Zuletzt waren mehrere Studien zu dem Schluss gekommen, dass die Ozeane, insbesondere der Pazifik, in den vergangenen Jahren verstärkt Wärmeenergie aus der Atmosphäre aufgenommen haben.