GESELLSCHAFT
Pilz greift die Schutzschicht der Haut an
Baku, 21. November, AZERTAC
Mehr als 700 Amphibienarten sind weltweit von einer aggressiven Pilzinfektion betroffen, zahlreiche bereits ausgestorben. Nun melden Forscher einen Erfolg im Kampf gegen die Epidemie: Sie haben mehrere Tümpel vom Pilz befreit.
Der Pilz greift die Schutzschicht der Haut an, verstopft die Poren und lässt Amphibien wie Frösche, Kröten und Molche ersticken, denn die Tiere atmen auch über die Haut. Batrachochytrium dendrobatidis, auch Chytridpilz genannt, hat weltweit bereits zahlreiche Amphibienarten ausgerottet - allein in Panama mindestens 40 Prozent aller Froschspezies. Mehr als 700 Arten sind weltweit von der Epidemie betroffen. Doch nun gibt es Hoffnung.
Erstmals seit dem Ausbruch vor über zwei Jahrzehnten wollen Forscher den Chytridpilz erfolgreich in der Natur bekämpft haben. Auf Mallorca fingen Jaime Bosch vom Museo Nacional de Ciencias Naturales in Spanien und Kollegen die Kaulquappen der Mallorca-Geburtshelferkröte aus den fünf Tümpeln, die auf der Insel vom Pilz befallen waren.
Im Labor behandelten die Forscher die Kaulquappen über mehrere Tage hinweg mit einem Antimykotikum, das die Pilzzellen abtöten sollte. Außerdem legten sie die Tümpel, in denen die Tiere gelebt hatten, vorübergehend trocken und befreiten sie mit einem Desinfektionsmittel von dem gefährlichen Pilz. Regenwasser füllte die Tümpel anschließend wieder auf.
Die Doppel-Therapie schlug an, wie die Forscher im Fachmagazin "Biology Letters" berichten. 2009 hatten die Forscher den ersten Tümpel behandelt. 2014 waren vier der fünf Lebensräume mindestens seit zwei Jahren pilzfrei. Weder die Kaulquappen, noch die ausgewachsenen Frösche, die die Forscher in Stichproben untersucht hatten, waren noch infiziert, wobei erstere eine besonders wichtige Rolle spielen.
Kaulquappen dienen dem Chytridpilz als Reservoir. Sie sind vergleichsweise unempfindlich gegen die Infektion, sodass sich der Pilz fortpflanzen kann, ohne seinen Wirt dadurch zu töten. Von den Kaulquappen aus geht der Pilz dann auf weiter entwickelte Tiere - Kröten, Frösche und Molche - über. Fehlt das Reservoir, tötet der Pilz mit seinem Wirt auch sich selbst.
Die Forscher bezeichnen ihre Arbeit als Durchbruch, stehen aber schon vor der nächsten Wand: Der Chytridpilz sei ein ernstes Problem für den Arterhalt. Deshalb brauche man eine einfache, fortschrittliche und auf andere Orte übertragbare Lösung, berichten die Wissenschaftler. Noch ist ihre Methode recht aufwendig. "Wir müssen die Erkenntnisse nutzen, um die Behandlung weiterzuentwickeln", sagt Bosch. Die Pilzepidemie bleibt eine Gefahr für Amphibien weltweit.