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Soll der Mensch in Klimaveränderungen eingreifen?
Baku, den 6. Juli (AZERTAG). In kaum einem anderen Gebiet zeigen sich die Folgen der Klimaveränderung so deutlich wie in der Sierra Nevada – allein schon an der Temperatur. Eingreifen oder nicht? Die Meinungen gehen auseinander.
In der Sierra Nevada befindet sich der größte Bergsee Nordamerikas, Lake Tahoe, und – Alaska nicht mitgerechnet – der höchste Berg der USA, Mount Whitney. Außerdem ist das Hochgebirge Heimat der Sequoias, der einzigartigen Mammutbäume auf dem Kontinent. Vor allem um sie machen sich Experten Sorgen: Sequoias sind besonders anfällig gegen Hitze und Trockenheit. Eine künstliche Bewässerung ist im Gespräch. Aber, so fragen sich Forscher, ist das der richtige Weg? Ist menschliches Eingreifen sinnvoll oder sollte die Entscheidung der Natur überlassen werden, welche Spezies sich an die Veränderungen anpasst?
„Die Frage ist: Wie geht man mit dem Klimawandel um, wenn man ein Nationalpark ist?“, sagt der Umweltforscher Nate Stephenson. Deutlich wird das Problem am Beispiel der Sequoias: Werden die Mammutbäume, die sich in tiefer gelegenen Gebieten in der Sierra Nevada befinden, nicht künstlich bewässert, könnten sie eingehen.
In der letzten Trocken- und Hitzeperiode vor 4000 bis 10.000 Jahren war dies tatsächlich bei einer großen Zahl der Sequoias der Fall, wie Wissenschaftler der Northern-Arizona-Universität herausgefunden haben.
Wachstum über mehrere Hundert Jahre - Die jahrelangen Studien hätten gezeigt, dass Koniferen als Folge der Klimaveränderungen weitaus schneller eingingen, als dies früher geschehen sei, berichtet Stephenson. Sequoias wachsen weitaus langsamer als Koniferen, oft mehrere Hundert Jahre lang – Veränderungen sind deshalb nicht so leicht zu erkennen. Forscher wollen aber bemerkt haben, dass sie sich sehr viel langsamer als früher versamen. „Die Anzahl der Sequoias, die uns zur Verfügung steht, ist nicht groß, um herauszufinden, was da genau vor sich geht“, erklärt Stephenson. „Dafür beobachten wir Tausende Kiefern und Tannen.“
Dass die Durchschnittstemperaturen steigen werden, scheint klar zu sein. Aber was bedeutet das für die Umwelt? Ist es das Ende vieler Tiere und Pflanzen? Oder gelingt ihnen die Anpassung? „Wenn Sie sich die Evolution anschauen, sehen Sie, dass verschiedene Arten solche Veränderungen schon einmal mitgemacht und sich angepasst haben“, sagt Rob Klinger, Umweltforscher, der sich mit Bergsäugetieren beschäftigt.
Die Biologin Kaitlin Lubetkin ist fünf Jahre hintereinander im Sommer in der Sierra Nevada gewandert und hat eine Bestandsaufnahme gemacht von den subalpinen Wiesen, die entstanden, als dort vor vielen Tausend Jahren die Gletscher schmolzen. Sie entdeckte, dass sich in den vergangenen zehn Jahren, in denen es trockener und wärmer geworden ist, auf den Wiesen Kiefern angesiedelt haben.
Einrichtung von Samenbanken geplant - Pfeifhasen, auch Pikas genannt, haben sich bereits in höher gelegene Zonen begeben. In einem Bericht der US-Forstverwaltung heißt es, der Klimawandel sei eine potenzielle Bedrohung für die Tierart. Klinger hält die Pikas allerdings für sehr viel anpassungsfähiger als bisher angenommen: Die Tiere hielten keinen Winterschlaf und könnten mit Temperaturschwankungen umgehen, sagt er.
Erwärmt sich die Erde weiter, dann erwarten Wissenschaftler, dass sich einige Arten neue Lebensräume mit für ihre Bedürfnisse günstigeren Bedingungen suchen. Das Naturschutzgebiet Devils Postpile National Monument in Kalifornien könnte so ein neuer Lebensraum sein. In dem Gebiet mit einem 20 Meter hohen Basaltkliff ist es aufgrund bestimmter Luftdruckverhältnisse kühler als in anderen Gegenden. Forscher untersuchen deshalb, inwieweit sich der 324 Hektar große Park als Schutzraum eignet. Die Einrichtung von Samenbanken ist geplant.
„Uns steht hier ein lebendiges Labor zur Verfügung“, sagt Deanna Dulen von der Parkverwaltung. „Wir haben die Möglichkeit, ein Schutzraum zu sein oder ein Ort, der besonders gefährdet sein könnte. Es gibt noch so viel zu lernen.“