GESELLSCHAFT
Spinnengift wirkt besser als jede Chemikalie
Baku, den 14. September (AZERTAG). Im Gift einer australischen Vogelspinne haben Forscher ein hochwirksames Insektizid aufgespürt. Nachtfalter, die in südlichen Ländern die Baumwoll- und Maisernte vernichten, könnten so wirksam bekämpft werden.
Spinnen wurden bislang bei der Suche nach Bioinsektiziden kaum berücksichtigt. Ein Fehler, wie sich nun zeigt. Im Gift einer australischen Vogelspinne haben Forscher ein hochwirksames Insektizid aufgespürt. Das Peptid OAIP-1 wirke gegen Baumwoll-Kapseleulen besser als viele synthetische Insektizide, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Plos One“. Die Nachtfalter mindern in südlichen Ländern die Baumwoll- und Maisernte. Entdeckt wurde OAIP-1 im Gift der Vogelspinne Selenotypus plumipes, die mit 16 Zentimetern Beinspanne zu den größten Achtbeinern Australiens zählt.
Spinnen seien die wohl größte natürliche Ressource für gegen Insekten wirkende Toxine, schreibt das Team um Glenn King and Maggie Hardy von der University of Queensland (St. Lucia/Australien). Allerdings würden Spinnen diese meist in ihre Beute spritzen - es gebe daher keinen Selektionsdruck für eine giftige Wirkung bei oraler Aufnahme. Insektizide aber werden meist so verbreitet, dass sie von Schädlingen gefressen werden.
In der Annahme, die Spinnengifte wirkten ohnehin nicht, wenn sie von Insekten nur gefressen und diesen nicht injiziert werden, sei ihre Wirksamkeit gar nicht erst getestet worden, erklären die Forscher. Sie analysierten nun den Gift-Cocktail der Vogelspinne darauf, welche der Substanzen auch auf oralem Weg gegen Pflanzenschädlinge wirken.
Viele Schädlinge resistent gegen herkömmliche Mittel - Mit OAIP-1 im Futter starben demnach nicht nur Baumwoll-Kapseleulen, sondern auch Termiten (Coptotermes acinaciformis) und Mehlwürmer (Tenebrio molitor). Auf molekularer Ebene gleicht das Peptid den sogenannten Pyrethroiden, synthetischen Insektiziden, die rasch und niedrig dosiert wirken. Es könne synthetisch hergestellt werden und sei im Labortest bei Temperaturen bis zu 30 Grad mindestens eine Woche lang stabil geblieben, heißt es in der Studie. Denkbar sei der Einsatz in Kombi-Präparaten oder bei transgenen Pflanzen.
Insekten reduzieren die jährlichen Ernteerträge um weltweit zehn bis 14 Prozent, schreiben die Forscher. Bei der Lagerung gingen weitere neun bis 20 Prozent durch Schädlinge verloren. Zwar gebe es inzwischen neue Methoden wie den Einsatz transgener Pflanzen, aber synthetische Insektizide dominierten weiter. Die meisten Substanzen setzten aber an einigen wenigen Punkten im Insektenstoffwechsel an. Mehr als 500 Arten von Arthropoden - darunter die bedeutendsten Schädlinge - seien deshalb resistent gegenüber einer oder mehreren Insektizid-Klassen geworden.
In den vergangenen zehn Jahren habe daher das Interesse an Bioinsektiziden zugenommen, die aus Mikroben, Insekten oder eben Spinnen stammen. Sie wirkten oft gezielt auf einzelne Arten, die Produktionskosten seien vergleichsweise gering und es biete sich die Möglichkeit, die zugrundeliegende Erbinformation in Pflanzen einzuschleusen. Als Beispiel wird das Bodenbakterium Bacillus thuringiensis genannt, dessen Bt-Toxine zur Schädlingsbekämpfung in der Land- und Forstwirtschaft eingesetzt werden - und gegen Mücken.