WELT
Stephen Hawking warnt vor den Folgen des wissenschaftlichen Fortschritts
Baku, 19. Januar, AZERTAC
Atomwaffen, globale Erwärmung, gentechnisch veränderte Viren. Stephen Hawking warnt vor den Folgen des wissenschaftlichen Fortschritts. Der Mensch müsse sich langfristig neuen Lebensraum suchen.
Bereits im Juli hatte Stephen Hawking zusammen mit mehr als tausend Experten einen Brief herausgegeben, in dem er vor den Gefahren künstlicher Intelligenz warnte. Damals ging es vor allem um moderne Waffen wie zum Beispiel autonom agierende Drohnen, die "nach vordefinierten Kriterien Menschen suchen und eliminieren können".
Nun warnt der Physiker erneut vor den Risiken moderner technologischer Entwicklungen. Der wissenschaftlich-technische Fortschritt werde zu einer immer größeren Gefahr für unsere Existenz, sagte Hawking in einem Interview mit dem Radiosender BBC.
Laut Hawking ist die Menschheit langfristig nur in der Lage zu überleben, wenn es ihr gelingt, Lebensraum im All, auf anderen Planeten zu schaffen, berichtet BBC. Als konkrete Bedrohung nennt Hawking die Gefahr eines Atomkriegs, die globale Erwärmung und gentechnisch veränderte Viren. Forscher haben aber noch eine Reihe weiterer Bedrohungen ausgemacht - siehe folgende Fotostrecke.
Obwohl ein Desaster auf der Erde für jedes einzelne Jahr sehr unwahrscheinlich sei, steige die Gefahr mit der Zeit. Innerhalb der nächsten tausend oder zehntausend Jahre sei daher mit fast absoluter Sicherheit mit einer Katastrophe zu rechnen. Da die Menschheit aber nicht in der Lage sei, in den nächsten hundert Jahren eigenständige Kolonien im All zu gründen, müsste sie bis dahin sehr vorsichtig sein.
"Erklärt in einfachen Worte, was ihr vorhabt" - Am Ende landet Hawking bei einem Thema, das spätestens seit der Erfindung der Atombombe immer wieder literarisch verarbeitet und öffentlich diskutiert wurde: "Wir werden nicht aufhören, Fortschritte zu machen", sagt der 74-Jährige. Daher sei es wichtig, mögliche Gefahren neuer Entwicklungen zu erkennen und zu kontrollieren. "Ich bin ein Optimist und ich glaube, wir können das schaffen."
Künftige Generationen sollten sich bewusst machen, wie wissenschaftlicher und technologischer Fortschritt die Welt verändert, und der Allgemeinheit dabei helfen, die möglichen Folgen zu begreifen. Es sei wichtig sicherzustellen, dass die Veränderungen in die richtige Richtung gehen. In einer demokratischen Gesellschaft bedeute das, dass jeder grundlegende Wissenschaftskenntnisse haben müsse, um informierte Entscheidungen treffen zu können.
Jungen Wissenschaftlern rät er: "Erklärt in einfachen Worte, was ihr vorhabt, und wer weiß, vielleicht versteht ihr es am Ende sogar selbst."
Über sich selbst zu lachen, gibt Hoffnung - Im Alter von 21 Jahren hatte Hawking erfahren, dass er Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) hat, eine langsam fortschreitende Erkrankung des Nervensystems, das Bewegungen steuert. Der Physiker sitzt seit Langem im Rollstuhl und kann nur noch über Augenbewegungen und einen Sprachcomputer kommunizieren. Im Sommer 2014 schütteten sich weltweit Millionen Menschen Eiswasser über den Kopf, um Aufmerksamkeit auf die seltene Krankheit ALS zu lenken und Spenden für deren Erforschung zu sammeln.
Hawking sagt, seine Hoffnung sei auf null gesunken, als er die Diagnose bekommen habe. Rückblickend auf mehr als 50 Jahre mit der Diagnose, habe er in allen anderen Bereichen aber sehr viel Glück gehabt. 30 Jahre war er Mathematikprofessor an der University of Cambridge und hatte den Lehrstuhl inne, auf dem zuvor auch schon Isaac Newton gelehrt hatte.
Auf die Frage, was ihn all die Jahre aufrecht gehalten habe, sagt er: "Es ist wichtig, nicht wütend zu werden, egal wie schwer das Leben ist, denn man verliert all seine Hoffnung, wenn man nicht mehr über sich selbst und das Leben im Allgemeinen lachen kann."