WISSENSCHAFT UND BILDUNG
Wie das entstehende Landschaftsmuster letztlich aussieht
Baku, 3. Juli, AZERTAC
Aus dem Weltall betrachtet gleichen Gebirge raffinierten Mustern. In Experimenten mit wackelnden Sandhaufen haben Forscher nun nachvollzogen, wie die charakteristischen Strukturen entstehen.
Wir Menschen haben ein gutes Auge für Muster. Sofort erkennen wir, wenn Dinge nach gewissen Regeln gestaltet oder aufgebaut sind. Egal, ob es sich um die Fellzeichnung eines Tigers, die bunt bemalten Kacheln der Alhambra oder die wiederkehrenden Strukturen von Fraktalen handelt.
Besonders hübsche Muster formen Wasser, Eis und Schnee in den Gebirgen der Erde. Die fraktalartigen, mit zunehmender Höhe immer feiner verästelten Täler lassen sich am besten aus dem Weltall beobachten. Geoforscher der University of Oregon haben die Entstehung typischer Gebirgslandschaften nun im Labor mit Sand und Wasser simuliert. In den Experimenten habe man geologische Abläufe quasi im Zeitraffer ablaufen lassen, schreiben Joshua Roering und seine Kollegen im Fachblatt „Science“.
Berieseln und schütteln - Konkret interessierte die Forscher die Frage, wie an einem zunächst glatten Abhang infolge von Hebungen, Regen und Erdrutschen Täler entstehen und wie sich diese in noch feinere Nebentäler auffächern. Es sei auffällig, dass über lange geologische Zeitskalen geformte Täler in Gebirgen einen konstanten Abstand untereinander hätten, erklärt Roering. Sie seien „Meisterwerke der Natur".
In ihren Laborversuchen ließen die Forscher Wasser auf Sandhaufen rieseln. Diese befanden sich auf Tischen, die permanent durchgerüttelt wurden, um eine Anhebung zu simulieren. Dabei rieselte auch immer wieder Sand über die Tischkante in darunter befindliche Auffangbehälter.
Regen formt weiche Täler - Zu Beginn der jeweils 20 Stunden laufenden Experimente war der leicht angefeuchtete Sand so aufgehäuft, dass er einen quer über den quadratischen Tisch laufenden Bergkamm bildete. Zu beiden Seiten des Kamms erstreckten sich je ein ebener Hang nach unten zur Tischkante. Mit einem Laser wurde die Oberfläche des künstlichen Laborgebirges immer wieder vermessen.
Bei den Simulationen entstanden tatsächlich Strukturen, die jenen in realen Gebirgen ähneln. Je mehr Regen die Forscher auf ihr Mini-Gebirge prasseln ließen, umso breiter und weniger schroff waren die Täler. Das fließende Wasser nahm Material mit und verteilte es gleichmäßig. Ohne Regen hingegen bildete sich eine stark zergliederte Oberfläche, bei der Erdrutsche die alleinig formenden Prozesse waren. Diese wurden durch das Schütteln des Tisches ausgelöst.
Bestätigung für mathematische Theorie - Die Experimente bestätigten theoretische Arbeiten von Forschern des Massachusetts Institute of Technology (MIT), schreiben die Geoforscher der University of Oregon. Taylor Perron und seine Kollegen hatten 2012 ein mathematisches Modell zur Landschaftsformung vorgestellt. Sie reduzierten darin die geologischen Abläufe auf zwei wesentliche Prozesse.
Zum einen schneiden sich Wasserläufe mit der Zeit tiefer in die Erde hinein und machen die Hänge steiler. Zum anderen gerät der Boden an den Hängen immer wieder ins Rutschen, macht so den Einschnitt breiter und schließt tiefe Einschnitte wieder.
Wie das dabei entstehende Landschaftsmuster letztlich aussieht, hänge vom Zusammenspiel dieser beiden Prozesse ab, erklärten die MIT-Forscher. „Es entstehen feinere Verzweigungen, wenn das Einschneiden der Wasserläufe im Verhältnis zu den Erdbewegungen größer ist.“ Mit den Sandexperimenten im Labor habe man erstmals die allein auf mathematischen Berechnungen beruhende Theorie zur Landschaftsformung von Perron physikalisch nachbilden können, schreiben Roering und seine Kollegen.