GESELLSCHAFT
Antarktis-Kreuzfahrer stecken im Eis fest
Baku, den 26. Dezember (AZERTAG). In der Antarktis ist ein Schiff mit 74 Personen an Bord steckengeblieben. Die auf kommerzielle Polarkreuzfahrten spezialisierte „Shokalskiy“ ist komplett von Eis umgeben. Forscher fürchten, dass die anstehende Rettungsaktion ihre Projekte gefährden könnte.
Das für kommerzielle Polarfahrten ausgebaute russische Expeditionsschiff MV „Akademik Shokalskiy“ steckt mit 74 Menschen an Bord am Rand der Antarktis im Eis fest. 50 Personen sind Passagiere, der Rest gehört der Besatzung an. Die Lage für Schiff, Besatzung und Passagiere ist zumindest potentiell bedrohlich, denn der „Shokalskiy“ nähert sich offenbar ein Eisberg.
Den Reisenden bietet das Schiff insgesamt 26 Doppelkabinen. Betrieben wird es von dem schwedischen Eiskreuzfahrtveranstalter Expeditions Online. Das Unternehmen bietet abenteuersuchenden Reisenden neben den üblichen Sightseeingtouren auch Motto- und Eventtouren an.
Kurz nach Absetzung des Notrufs setzten sich drei Schiffe unter französischer, chinesischer und australischer Flagge in Bewegung, um der „Shokalskiy“ beizustehen. Als erstes dürfte dort ein chinesisches Frachtschiff eintreffen, gefolgt vom australischen Expeditionsversorgungsschiff „Aurora Australis“. Es war zum Zeitpunkt des Notrufs rund 1100 Seemeilen von der Commonwelath Bay vor der australischen Forschungsstation Casey geankert, um die Station mit Vorräten zu versorgen. Dieser Vorgang wurde nun nach der Hälfte der Ladungslöschung abgebrochen. Zurzeit bewegt sie sich mit rund 14 Knoten in nördlicher Richtung, um Abstand zum Packeisrand zu bekommen. Sie wird dann auf östliche Richtung drehen und die „Akademik Shokalskiy“ voraussichtlich in circa vier Tagen erreichen.
Die Bewegung der Rettungsschiffe kann man online verfolgen -Die Bewegungen aller Schiffe lassen sich in Echtzeit über AIS-Tracking-Dienste verfolgen. Bei marinetraffic.com entdeckt man sie, wenn man eine Linie von der südlich von Australien liegenden Insel Tasmanien exakt nach Süden zum antarktischen Kontinentalshelf zieht und nah heranzoomt.
Am nächsten ist der „Shokalskiy“ zurzeit der chinesische Frachter „Xue Long“, der innerhalb von 48 Stunden in der Commonwealth Bay ankommen könnte. Die „Shokalskiy“ selbst findet man circa 500 Meilen südöstlich davon in der Commonwealth Bay.
Ob und wann die Helfer ihre eigentlichen Aufgaben wieder aufnehmen können, wird von verschiedenen Faktoren abhängen. Im Fall der „Aurora Australis“, deren Güter auf der Casey-Station benötigt werden, könnte die Rettungsaktion für den Touristen-Eisbrecher sogar die Durchführung anstehender Forschungsaufgaben gefährden.
Auf den Spuren von Sir Douglas Mawson - Die „Shokalskiy“ ist mit ihren 50 Passagieren eigentlich unterwegs auf den Spuren des Polarforschers Sir Douglas Mawson. Nun steckt das Schiff genau an dem Ort fest, der einst Schauplatz von dessen berühmtester Expedition war: in der Commonwealth Bay.
Rund die Hälfte der Gäste auf der „Shokalskiy“ gehört zu einem Team der Universität New South Wales, daneben sind Reporter des „Guardian“ an Bord. Sie sollten in der Commonwealth Bay an Land gehen und dort die Wege und Messungen des Australiers Mawson nachvollziehen. Er gilt in dem Land als Held, seine Rettung nach einer katastrophal gescheiterten Antarktis-Expedition liegt in diesem Jahr 100 Jahre zurück.
Mawson wurde zur Legende, weil er von 1911 bis 1914 eine dreijährige Robinsonade in der Antarktis überlebte. Die Abholung seiner Expedition vom Cape Denison scheiterte an katastrophalem Wetter. Mawson und seine Crew mussten ein zweites Mal überwintern, ohne Aufstockung der nötigen Vorräte.
Was sie am Rande der Antarktis erlebten, gehört zu den dokumentierten Grenzerfahrungen menschlicher Leidensfähigkeit. Das Trotzen gegen Temperaturen bis minus 40 Grad bei Windgeschwindigkeiten von bis zu über 320 km/h und das grausame Verhungern und Erfrieren auf einigen der trotzdem durchgeführten Explorationen flossen in ein bizarr sachliches Tagebuch mit Protokollcharakter ein, das Mawson unter dem Titel „Home of the Blizzard“ veröffentlichte. Es wurde ein weltweiter Bestseller.