WISSENSCHAFT UND BILDUNG
Auf der Jagd nach kosmischen Feuchtgebieten
Baku, den 5. Juli (AZERTAG). Erstmals hat ein Erd-Teleskop Wasser in der Atmosphäre eines Exoplaneten nachgewiesen. Für diese Entdeckung war viel Detektivarbeit nötig. Nur mit der Kreativität haben es die Astronomen nicht so.
Schon lange geben sich Astronomen mit der bloßen Existenz exosolarer Planeten – also Planeten außerhalb unseres Sonnensystems – nicht mehr zufrieden. Mittlerweile sind die Wissenschaftler vom Ehrgeiz gepackt, auch die Zusammensetzung dieser fernen Welten zu bestimmen – und das möglichst von der Erde aus. Auf der Jahrestagung der Royal Astronomical Society in Schottland wird ein europäisches Forscherteam am Freitag von einer Premiere berichten. Erstmals hat es mit einem erdgebundenen Teleskop Wasser in der Atmosphäre eines Exoplaneten nachgewiesen.
Bei der Beschreibung des Was und Wo im Kosmos wird es jedoch zunehmend verwirrend. Eine sensationelle Schlagzeile wie „Wasser auf dem Mars“ lässt sich aus den Beobachtungen nicht ableiten.
Grund dafür ist der spröde Ideenreichtum der Wissenschaftler. Denn Astronomen haben wahrlich keine überschießende Kreativität, wenn es darum geht, Himmelskörper anderer Sonnensysteme zu benennen: Sie nummerieren sie einfach durch. So prangt 63 Lichtjahre von der Erde entfernt, im Sternbild Fuchs, ein Stern namens „HD 189733“ am Firmament. Er ist auf der nördlichen Erdhalbkugel gerade noch mit bloßem Auge sichtbar. Und seit 2005 wissen Astronomen, dass dieser Stern mindestens einen Begleiter hat: HD 189733b.
Alles andere als erdähnlich - Dieser Planet ist weniger als fünf Millionen Kilometer von seinem Stern entfernt, nur etwa ein Zehntel des Abstandes des innersten Planeten Merkur zur Sonne. Die Temperaturen auf seiner Oberfläche betragen mehr als tausend Grad. Er ist also alles andere als erdähnlich und entspricht eher dem Jupiter. Aufgrund der starken Anziehungskraft des nahen Sterns weist der Planet seiner Sonne immer die gleiche Seite zu.
Beim Nachweis dieses Objekts vor fast acht Jahren durch den europäischen Astronomiesatelliten „Hipparcos“ half die sogenannte Transit-Methode. Der Planet zieht in regelmäßigen Abständen – von der Erde beziehungsweise vom „Hipparcos“-Satelliten aus betrachtet – genau vor seinem Stern vorbei.
Bei jedem Umlauf wird ein winziger Teil des Sternenlichts durch die minimale Abdeckung des vorbeiziehenden Planeten geschluckt. Diese Helligkeitsveränderung lässt sich messen – und aus ihr wiederum die Umlaufbahn, Größe und Masse des Planeten berechnen, der den Helligkeitsabfall verursacht.
Unwirtliche Welten - Die Astronomin Jayne Birkby von der holländischen Leiden Universität hat sich diese unwirtliche Welt näher angesehen – und zwar nicht mit den Augen eines Weltraumteleskops, sondern von der Erde aus. Genauer: von den chilenischen Anden. Von dort nämlich blickt das europäische Very Large Telescope (VLT) weit hinaus in die Tiefen des Alls.
Fünf Stunden lang hat es seinen Blick auf den heißen Exoplaneten gerichtet und ihn auf seiner Bahn um seinen Stern beobachtet, den er in nur etwas mehr als zwei Tagen einmal umrundet, und das mit einem Tempo von mehr als 400.000 Kilometer pro Stunde. „Während wir diesen Tanz des Planeten um seinen Stern verfolgt haben, haben wir seine Spektrallinien analysiert“, erklärt die britische Astronomin.
Speziell hat ihr Team nach der Signatur von Wassermolekülen in der Atmosphäre des Planeten gesucht. Denn diese hinterlassen einen individuellen Fingerabdruck im Spektrum. „Das war schon ein wenig wie Detektivarbeit“, so Jayne Birkby. Die jedoch erfolgreich war – nicht nur für H2O, sondern auch für Kohlenmonoxid (CO), das die Forscher vorher schon in der Atmosphäre des Planeten nachgewiesen hatten.
Komplexes Molekül - Bei Wasser – hier in Form von Wasserdampf – handelt es sich jedoch um ein komplexeres Molekül, das vom Erdboden aus noch nie in der Atmosphäre eines Exoplaneten nachgewiesen werden konnte. „Wir haben für beide Moleküle die gleiche Methode angewandt und waren selbst überrascht, dass sie auch beim Wasser funktioniert hat“, erinnert sich Birkby.
Denn erdgebundene Teleskope blicken zunächst einmal durch die irdische Atmosphäre, in der es ebenfalls Wasserdampf gibt. Und so mussten die Forscher genau hinschauen, um zu unterscheiden, ob sie nun das Spektrum irdischen Wassers einfangen oder aber das eines exosolaren Planeten, dessen Spektrallinien aus dem Weltraum auf die Erde gelangt waren. Beim Kohlenmonoxid war der Nachweis hingegen leichter, da es in der Atmosphäre in geringerem Ausmaß vorkommt.
Diese Technik hat sich somit nun für Kohlenmonoxid und für Wasser bewährt. „Wir möchten sie jetzt auf andere Moleküle ausdehnen, so dass wir am Ende den chemischen Gesamtaufbau dieser Atmosphären bestimmen können“, erklärt die Astronomin aus dem holländischen Leiden die künftigen Forschungsabsichten ihres Teams. Kohlendioxid und Methan wollen die Wissenschaftler als nächstes auf HD 189733b nachweisen – Verbindungen also, die entweder selbst als organisch gelten oder als Abfallprodukte von Organismen ausgeschieden werden.
Nachsehen von der Erde aus - Mit den Weltraumteleskopen „Hubble“ und „Spitzer“ war der Nachweis von Methan und Wasser auf diesem Planeten schon vor einigen Jahren gelungen. „Die Bedeutung dieser Entdeckung ist der erstmalige Nachweis dieser Moleküle direkt von der Erde aus“, betont Robert Massey von der Royal Astronomical Society in London. „Hubble“ und „Spitzer“ seien teure Instrumente. „Wenn wir mit Teleskopen auf dem Boden künftig ebenfalls solche feinen Beobachtungen machen könnten, könnten wir relativ schnell und relativ kostengünstig viele Sterne gleichzeitig untersuchen“, so der britische Astronom.
Massey wertet diese neuen Erkenntnisse zwar als Durchbruch bei der Untersuchung exosolarer Planeten von der Erde aus, sieht sie aber dennoch nur als Zwischenschritt. Denn letztendlich gehe es um etwas anderes: „Eine solche Welt nennen wir 'Heißer Jupiter“'. Dieser Planet besteht also aus Gas, wie der Jupiter, ist nur wesentlich näher an seinem Stern und damit wesentlich heißer. Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass es dort irgendeine Art von Leben gibt.
„Aber wir konnten erstmals das Prinzip demonstrieren, dass wir in den Atmosphären exosolarer Planeten von der Erde aus Wasser nachweisen können“, erklärt Massey. Nun gelte es, dieses Prinzip bei kleineren, erdähnlichen Planeten zu wiederholen und in ihren Atmosphären Wasser aufspüren. „Das wäre ein gewaltiger Schritt vorwärts!“