WIRTSCHAFT
Chinas Wirtschaft wächst um sieben Prozent
Baku, 15. Juli, AZERTAC
Die fallenden Aktienkurse an Chinas Börsen sorgen für Alarm im Rest der Welt. Doch die chinesische Wirtschaft scheint davon bislang unberührt: Die Wachstumszahlen sind nach westlichen Maßstäben immer noch spektakulär.
Die Zahlen scheinen nicht so recht zusammenzupassen. Der Shanghai Composite Index hat seit seinem Hoch Mitte Juni rund ein Drittel seines Wertes eingebüßt. Kurseinbrüche dieser Größenordnung sind in China seit mehr als 20 Jahren nicht mehr vorgekommen. Zugleich meldet nun das Statistikamt in Peking: Die chinesische Wirtschaft sei im zweiten Quartal um sieben Prozent gewachsen. Dies sei die gleiche Rate wie zu Jahresbeginn, teilte die Behörde am Mittwoch mit.
Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt scheint also trotz der Börsenturbulenzen in solider Verfassung zu sein. Ökonomen hatten nur mit einem Plus von 6,9 Prozent gerechnet, weil einzelne Branchen schwächeln. Dazu gehört auch der Automarkt, der in diesem Jahr nach Angaben des Verbands der Automobilhersteller CAAM nur halb so stark wachsen soll wie ursprünglich erwartet.
Andere Faktoren tragen zu einer spürbaren Abkühlung der Konjunktur bei, die sich in der jüngsten Wachstumsrate offenbar noch nicht abbildet: Der Handel wächst langsamer, insgesamt hat die Binnennachfrage nachgelassen, und auch Immobilien waren zuletzt nicht mehr so gefragt wie früher.
Abgeschottete Börsen - Zudem wurde die Zuversicht der Anleger zuletzt von einem massiven Einbruch an den Aktienmärkten erschüttert, der fast vier Billionen Dollar Marktwert vernichtete. Speziell die Aktienmärkte in Shanghai und in Shenzhen erlebten in den vergangenen Wochen einen freien Fall.
Die Achterbahnfahrt hängt jedoch nur bedingt mit der Entwicklung der Realwirtschaft zusammen. Denn an den vom Weltmarkt abgeschotteten chinesischen Festlandsbörsen herrschen andere Gesetze. Hier dominieren Kleinanleger das Geschehen, welche die Kurse in den Monaten zuvor durch massive, zum großen Teil kreditfinanzierte Aktienkäufe in die Höhe getrieben haben. Die Blase haben die Behörden nun platzen lassen, indem sie dem Kauf von Aktien auf Pump einen Riegel vorschoben. Die massive Korrektur in den vergangenen Wochen war eine direkte Folge davon.
Wohlstand wächst - Auch das Wachstum versucht Peking zentral zu steuern. In den vergangenen Jahren drehten sich die Diskussionen immer wieder darum, wie der Übergang zu bewältigen wäre, wenn die Wirtschaft ihre Dynamik verliert. Dieser Prozess ist bereits in vollem Gange. 2014 hatte sich das Wachstum der Volksrepublik auf 7,4 Prozent abgekühlt, das geringste Plus seit 24 Jahren. Fürs laufende Jahr liegt die Prognose bei 7,0 Prozent.
Nach Einschätzung von Experten gibt der Rückgang keinen Anlass zur Sorge. Denn gleichzeitig hat sich die Struktur der Wirtschaft nachhaltig verbessert. Die Zahl der Beschäftigten habe zugenommen und damit auch der Wohlstand breiter Bevölkerungsschichten, erklärt Finanzmarktexperte Uwe Wiesner. Sehr viele Chinesen könnten sich inzwischen Wünsche über die Grundbedürfnisse hinaus erfüllen.
Die wachsende Nachfrage im Inland werde sich als wichtiger Stützpfeiler des Wachstums etablieren. Beobachter gehen davon aus, dass die Regierung dennoch weitere Schritte ergreift, um die Konjunktur in China anzukurbeln.