WELT
Das explosive Ende der „Musashi“
Baku, 14 März, AZERTAC
Die japanische „Musashi“ war eines der beiden größten Schlachtschiffe, die je gebaut wurden. Vor wenigen Tagen wurde das Wrack des Giganten aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden. Videoaufnahmen haben jetzt einen alten Verdacht bestätigt.
Die „Musashi“ war ein Dinosaurier, und das in doppelter Hinsicht. Sie war neben ihrem Schwesterschiff „Yamato“ das größte und am schwersten bewaffnete Schlachtschiff, das jemals gebaut wurde. Und beide gehörten zu einer Spezies, deren Zeit abgelaufen war. Weder die „Musashi“ noch die „Yamato“, beide 1940 in Japan vom Stapel gelaufen, führten jemals ein Artillerieduell gegen ein feindliches Schiff. Stattdessen wurden beide von US-Trägerflugzeugen versenkt. Die Ära der kanonenstarrenden Schlachtschiffe war vorbei, die der Flugzeugträger hatte begonnen.
Die „Musashi“ sank am 24. Oktober 1944 im Golf von Leyte während der größten Seeschlacht des Zweiten Weltkriegs, getroffen von zahlreichen Bomben und Torpedos amerikanischer Flugzeuge. Der 263 Meter lange und rund 70.000 Tonnen schwere Koloss riss 1023 Soldaten - rund die Hälfte der Besatzung - in den Tod. Vergangene Woche entdeckte der US-Milliardär Paul Allen nach jahrelanger Suche das Wrack der „Musashi“. Der Mitgründer des Software-Konzerns Microsoft hat jetzt Videoaufnahmen veröffentlicht, die neue Details des dramatischen Geschehens verraten.
Das letzte Foto der „Musashi“ zeigt, wie der Gigant mit schwerer Schlagseite im Wasser liegt; das Vorschiff ist fast schon in den Fluten verschwunden (siehe Fotostrecke). Wenig später sinkt das Schiff mit dem Bug voran, das Heck ragt steil in den Himmel.
Überlebende berichteten später von ein oder zwei schweren Explosionen unter Wasser. Videoaufnahmen, die Allens Team am Freitag veröffentlicht hat, scheinen das nun zu bestätigen. Die weit über den Fundort in 1000 Metern Tiefe verstreuten Trümmer und die Reste des Rumpfs deuten nach Ansicht von Experten auf eine oder mehrere Detonationen hin.
„Musashi“ wurde in drei Teile gerissen - Im aufrecht stehenden Bug sind mehrere Löcher zu sehen, die offenbar von Torpedos stammen. Das Heck des Schiffs liegt auf dem Kopf, in der Nähe liegen eine Schiffsschraube, Geschütztürme und Flugzeugkatapulte. „Das Wrack ist stark beschädigt“, sagte David Mearns, einer der Wissenschaftler in Allens Team. „Anscheinend hat es mindestens eine, wenn nicht zwei Explosionen in den Munitionsmagazinen gegeben.“ Dabei sei die „Musashi“ in drei Teile gesprengt worden: Bug, Heck und Mittelsektion lägen voneinander getrennt am Meeresboden.
Ähnlich äußerte sich Kazushige Todaka, Chef des Meeresmuseums in Kure und Experte für Kriegsschiffe. Während der Bug aufrecht auf dem Meeresboden stehe, liege das Heck auf dem Kopf. „Das zeigt, dass eine gewaltige Kraft das Schiff auseinandergerissen hat“, sagte Todaka. Auch Yannick Olson, Kapitän von Allens Jacht, sagte über das Wrack: „Es ist ziemlich klar, dass es nicht in einem Teil auf dem Boden gelandet ist. Die Zerstörung war total.“
Holzplatte bestätigt Identität des Schiffs - An der Identität des Schiffs scheinen indes keine Zweifel zu bestehen. Er sei sich „zu 100 Prozent sicher“, dass es sich um die „Musashi“ handle, sagte Todaka. Der Beweis sei eine runde Platte aus Teakholz am Bug, die in dem Video zu sehen ist. Sie hielt einst das kaiserliche Siegel, eine stilisierte 16-blättrige Chrysanthemenblüte. Nur wenige japanische Kampfschiffe durften es führen.
Am 2. September 2015 jährt sich die Kapitulation Japans, die das Ende des Zweiten Weltkriegs markiert, zum 70. Mal. Der Zeitpunkt der Entdeckung des „Musashi“-Wracks sei deshalb besonders bedeutsam, meint Todaka – „als ob es uns sagen wollte, die Tragödie des Krieges nicht zu vergessen“.