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Die Folgen der Formel-1-Absage in Imola
Baku, 20. Mai, AZERTAC
Die Formel-1-Teams sind sich einig, dass die Entscheidung, angesichts der Überschwemmungskatastrophe in Italien den Grand Prix der Emilia-Romagna 2023 in Imola abzusagen, die richtige Entscheidung war.
Wenngleich die Teammitglieder anstelle des geplant gewesenen Auftakts in einen kräftezehrenden Triple-Header nun ein unerwartet freies Wochenende genießen, wäre es falsch zu glauben, dass die Wettbewerbsgedanken für ein paar Tage zurückgestellt werden könnten.
Die plötzliche Änderung im Formel-1-Kalender 2023 nämlich, die durch die Imola-Absage ausgelöst wurde, hat für alle Beteiligten nun Konsequenzen und Komplikationen zur Folge. Eben diese werden in den Fabriken der Teams zu einigen Diskussionen führen.
Hier ein Blick auf einige der wichtigsten Faktoren, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen:
Das plötzliche Upgrade-Dilemma - Imola war als Auftakt in die Europasaison geplant. Für die Teams wäre es der perfekte Zeitpunkt gewesen, um an ihren Boliden große Updates zu präsentieren, an denen schon seit Monaten gearbeitet wurde.
Die Pläne von Mercedes, am F1 W14 neue Seitenkästen, einen neuen Unterboden und eine neue Vorderradaufhängung einzuführen, um die Chancen für Lewis Hamilton und George Russell zu verbessern, sorgten schon vorher für viel Wirbel.
Auch Ferrari hatte ursprünglich eine neue Hinterradaufhängung geplant. AlphaTauri wollte beim Heimrennen in Imola einen neuen Unterboden einsetzen und Alfa Romeo drängte auf einige größere Änderungen am Auto, um wieder in den Kampf um WM-Punkte eingreifen zu können.
Da für das Imola-Rennwochenende aber schon vor dem Bekanntwerden des Ausmaßes der Überschwemmungen mit Beeinträchtigungen zu rechnen war, legte Ferrari seinen Plan bereits ad acta. Das Debüt der neuen Hinterradaufhängung für den SF-23 ist auf den Grand Prix von Spanien in Barcelona (2. bis 4. Juni) verschoben.
Für die anderen Teams aber gibt die Imola-Absage jetzt Anlass zu Diskussionen über den genauen Zeitpunkt für die Einführung der geplanten Upgrades.
Das nun anstehende Rennen in Monaco ist einzigartig, denn der enge und kurvenreiche Stadtkurs ist nicht der ideale Ort für richtiges Feedback über Verbesserungen der Aerodynamik und des Fahrverhaltens durch Änderungen am Auto. Außerdem besteht in Monaco ein viel größeres Unfallrisiko, bei dem neue Teile zerstört werden könnten, was die Teams wochenlang zurückwerfen würde.
Die Ingenieure werden daher in diesen Tagen abwägen müssen, ob sie sich auf die Upgrades für Monaco festlegen sollen. Denn sollten die neuen Teile wirklich eine Verbesserung bringen, dann ergibt eine Verschiebung trotz allem wenig Sinn. Oder aber sollten sie noch ein Wochenende warten und die Upgrades erst in Barcelona einsetzen?
Wie geht es mit neuer Reifenzuteilung und Qualifying-Test weiter?
Das Wochenende in Imola hätte die erste Bewährungsprobe sein sollen für die neuen Regeln der Reifenzuteilung, welche die Nachhaltigkeit der Formel 1 verbessern sollen. Die Verringerung der den Piloten zur Verfügung stehenden Reifensätze (von 13 auf elf) und die Änderung der zugeteilten Reifenmischungen hätten womöglich für Bewegung im Kräfteverhältnis gesorgt.
Laut Plan wären die Fahrer nicht nur dazu gezwungen gewesen, im Qualifying bestimmte Reifenmischungen zu verwenden (Hard in Q1, Medium in Q2 und Soft in Q3). Die neuen Regeln hätten zudem sicherstellen sollen, dass den Teams mehr Sätze für das Rennen zur Verfügung stehen. Das wiederum hätte mehr strategische Möglichkeiten eröffnet.
Die Absage des Grand Prix der Emilia-Romagna bedeutet, dass der erste Test der neuen Reifenregeln nun erst beim Grand Prix von Ungarn auf dem Hungaroring (21. bis 23. Juli) stattfinden wird. Ursprünglich war dieser Grand Prix als zweiter Test der neuen Reifenregeln geplant.
Die Absage des Imola-Wochenendes bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass die Formel 1 definitiv nur eine Chance bekommen würde, die neuen Reifenregeln zu testen. Es ist vielmehr wahrscheinlich, dass es Diskussionen zwischen Pirelli, den Teams und der FIA darüber geben wird, ob für einen späteren Zeitpunkt in der Saison eine weitere Gelegenheit eingeplant werden sollte.
Das Sportliche Formel-1-Reglement für 2023 sieht vor, dass die sogenannte Alternative Tyre Allocation (ATA) an "bis zu" zwei Rennwochenenden greifen kann. Nun, da Imola nicht stattfindet, steht die Tür für einen anderen Austragungsort (abgesehen vom Hungaroring) offen, sofern es Interesse dafür gibt.