WELT
Ende der Ein-Kind-Politik in China
Baku, 11. November, AZERTAC
Das Ende der Ein-Kind-Politik wird China wohl einen Babyboom bescheren. Behörden rechnen mit einem Plus von drei Millionen Geburten pro Jahr - Experten sehen das skeptisch.
Die chinesische Regierung wünscht sich mehr Kinder - und hat dafür das Ende der jahrzehntealten Ein-Kind-Politik beschlossen. Jetzt hat Peking seine Prognosen über die Folgen bekannt gegeben. In der Anfangsphase erwarten die Behörden demnach pro Jahr "mehr als drei Millionen Kinder" zusätzlich. Das sagte Wang Pei'an, ein Sprecher der Kommission für Gesundheit und Familienplanung, in Peking.
Demnach soll die Zahl der Geburten in China von zuletzt 16,89 Millionen auf in der Spitze rund 20 Millionen Kinder pro Jahr steigen. Über 90 Millionen Frauen seien bald rechtlich in der Lage, ein zweites Kind zu bekommen. Die Zahl der Arbeitskräfte wird laut Behördenschätzung bis 2050 um 30 Millionen steigen.
Peking hatte Ende Oktober überraschend das Ende der geltenden Regelung bekannt gegeben. Die Wende in der staatlich verordneten Familienpolitik erfolgte als Reaktion auf die schnelle Alterung des Milliardenvolkes und die rückläufige Geburtenquote.
Die strikte Ein-Kind-Politik galt seit den Siebzigerjahren. Sie sollte das Wachstum des größten Volkes der Erde bremsen. Inzwischen hat China jedoch eine der geringsten Geburtenraten der Welt. Im Durchschnitt kommen auf eine chinesische Frau nur noch 1,55 Kinder. Für eine stabile Bevölkerungsentwicklung ist eine Quote von 2,1 nötig.
Experten bezweifeln, dass die neue Zwei-Kind-Politik tatsächlich die Ergebnisse liefert, die sich Peking wünscht. Zu hohe Kosten für die Lebenshaltung in den Städten und für die Ausbildung des Nachwuchses würden dazu führen, dass Eltern sich trotz des neuen Gesetzes gegen ein zweites Kind entschieden.
Bereits seit Längerem warnen Fachleute vor einer Überalterung Chinas. Die Zahl der Senioren wachse rapide, während der Anteil der arbeitenden Bevölkerung schrumpfe. Nach Uno-Schätzungen wird es in dem Land bis 2050 rund 440 Millionen Menschen geben, die über 60 Jahre alt sind.
Das Ende der strikten Ein-Kind-Politik hatte sich bereits Ende 2013 angekündigt. Damals hatte die Kommunistische Partei Ehepaaren in bestimmten Regionen des Landes zwei Kinder erlaubt, wenn ein Elternteil Einzelkind ist. Bislang durften für diese Ausnahme weder Vater noch Mutter Geschwister haben. Auch für Minderheiten wurden die strengen Regelungen in der Vergangenheit bereits gelockert.