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Forscher legen Lösung für Vulkan-Rätsel vor
Baku, den 2. Oktober (AZERTAG). Ein geologisches Mysterium ist offenbar geklärt. Für eine der gewaltigsten Eruptionen der vergangenen 10.000 Jahre soll ein Vulkan auf der Insel Lombok gesorgt haben. Der Ausbruch hatte 1258 einen Temperatursturz und schwere Hungersnöte in Europa verursacht.
Der verheerende Vulkanausbruch, der Europa im Mittelalter einen heftigen Kälteeinbruch und ein Jahr ohne Sommer bescherte, ereignete sich vermutlich im Jahr 1257 im heutigen Indonesien. Damals habe der Berg Samalas, der heute zum Vulkankomplex Rinjani auf der Insel Lombok zählt, mindestens 40 Kubikkilometer Gestein ausgeschleudert, berechnet ein internationales Forscherteam in den „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
Schon vor Jahrzehnten belegten Bohrkernanalysen aus Grönland und der Antarktis einen gewaltigen Vulkanausbruch Mitte des 13. Jahrhunderts, der die berüchtigten Eruptionen des Krakatau 1883 und Tambora 1815 weit übertraf. Mittelalterliche Chroniken belegen, dass der Sommer 1258 in Europa von Dauerregen und Missernten geprägt war.
Seit Jahrzehnten versuchen Forscher, den dafür verantwortlichen Vulkan zu ermitteln. Zuletzt hatte es mehrere Verdächtige gegeben, die als Auslöser der mittelalterlichen Katastrophe in Frage kamen. Darunter waren der El Chichón in Mexiko, der Fentale in Äthiopien und der Quilotoa in Ecuador.
Eruption zerstörte die Hauptstadt des Königreichs Lombok - Die Wissenschaftler um Franck Lavigne von der Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne werteten unter anderem historische Berichte aus Indonesien aus. Die auf Palmblätter geschriebene Chronik „Babad Lombok“ beschreibt, wie auf Lombok der Berg Samalas ausbrach und einen hufeisenförmigen Krater hinterließ. Demnach verwüstete die Eruption die Umgebung und zerstörte Pamatan, die Hauptstadt des Königreichs Lombok.
Zusätzlich verglichen die Forscher Ablagerungen in der Umgebung des Vulkans mit den Bohrkernbefunden aus Grönland und der Antarktis. Demnach deuten sowohl der Schwefelgehalt als auch die Zusammensetzung der Ablagerungen um den Vulkan darauf hin, dass Samalas die Ursache der beispiellosen Katastrophe war. Forscher des Museum of London Archeology glauben sogar, dass allein in London ein Drittel der Einwohner dem Ausbruch zum Opfer gefallen sein könnten.
Aus den Analysen leiten die Forscher um Lavigne nun ab, dass die Rauchwolke vermutlich 43 Kilometer hoch aufstieg. Den Ausbruch datieren sie auf zwischen Mai und Oktober 1257. In dieser Jahreszeit herrschen in der Region Ostwinde, weshalb sich Auswurfmaterial bevorzugt in westlicher Richtung ablagerte.
Ein Pompeji des Fernen Ostens – „Der tropische Ort, die Größe der Caldera, der Zeitpunkt der Eruption, ihre Stärke und die Übereinstimmung zwischen der geochemischen Zusammensetzung der Asche des Samalas mit vulkanischem Glas der Eisbohrkerne von Grönland und der Antarktis, die mit dem größten Sulfat-Ausstoß der letzten 7000 Jahre zusammenhängen, weisen alle auf diesen Vulkan als Quelle des großen stratosphärischen Staubschleiers Mitte des 13. Jahrhunderts hin“, schreiben sie.
„Auf lokaler und regionaler Ebene müssen die sozioökonomischen und ökologischen Folgen dieses verheerenden Ereignisses dramatisch gewesen sein. Große Teile von Lombok, Bali und der westliche Teil von Sumatra waren unfruchtbar und für Generationen unbewohnbar.“ Die alte Hauptstadt Pamatan liege vermutlich irgendwo unter vulkanischen Ablagerungen begraben, schreiben die Forscher. „Sollte es entdeckt werden, könnte Pamatan ein Pompeji des Fernen Ostens darstellen.“
Angedeutet hatte Franck Lavigne das Ergebnis bereits im vergangenen Sommer auf einer Tagung der Amerikanischen Geophysikalischen Union in Island. Dort präsentierte er Proben der Vulkanasche aus Indonesien, wollte das Geheimnis aber nicht komplett lüften. Den Namen des Vulkans könne er erst offenbaren, wenn seine Studie in einem Fachmagazin publiziert sei.