WISSENSCHAFT UND BILDUNG
Forscher zerstreuen Zweifel am Gottesteilchen
Baku, den 14. März (AZERTAG). Das Higgs-Boson nimmt immer schärfere Konturen an. Die Physiker am Forschungszentrum Cern haben nach eigenen Angaben nun auch die letzten Zweifel ausgeräumt, dass sie das sogenannte Gottesteilchen gefunden haben. Die Frage ist nur: welches?
Die Erfolgsmeldung machte weltweit Schlagzeilen. Im Juli vergangenen Jahres verkündeten Wissenschaftler die Entdeckung des langgesuchten Higgs-Bosons. Das Teilchen spielt eine Schlüsselrolle für unser Verständnis der Welt. Laut der gängigen Theorie verleiht es allen anderen Partikeln ihre Masse.
Allerdings war in Fachkreisen nicht unumstritten, schon im Juli mit den Ergebnissen an die Öffentlichkeit zu gehen. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen Messfehler oder Zufall handelte, lag bei etwa eins zu 1,6 Millionen. Von einer offiziellen Entdeckung dürfen Physiker aber eigentlich erst sprechen, wenn das statistische Kriterium fünf Sigma erreicht ist, die Chance für einen Zufall also bei eins zu zwei Millionen liegt.
Jetzt aber schwinden auch die letzten Zweifel. Die Forschergruppen der Atlas- und CMS-Experimente am Teilchenbeschleuniger LHC haben am Donnerstag neue vorläufige Ergebnisse veröffentlicht - und geben sich sicher, dass sie im Juli richtig lagen. „Das neue Partikel sieht mehr und mehr wie ein Higgs-Boson aus“, hieß es in einer Mitteilung des Cern. Inzwischen habe man zweieinhalbmal mehr Daten als im vergangenen Juli.
Welches Higgs-Boson ist es? - Offen sei allerdings weiterhin, ob es sich um das Boson handle, das vom Standardmodell der Teilchenphysik vorhergesagt wird. Es könne auch das leichteste von mehreren Bosonen sein, die von manchen Theorien jenseits des Standardmodells postuliert werden. „Es wird einige Zeit brauchen, die Antwort zu finden“, erklärt das Cern.
CMS-Sprecher Joe Incandela scheint allerdings kaum noch Zweifel zu hegen: „Für mich ist es eindeutig, dass wir es mit einem Higgs-Boson zu tun haben.“ Ähnlich äußerte sich Atlas-Sprecher Dave Charlton. Die „schönen neuen Ergebnisse“ enthielten starke Hinweise auf ein Higgs-Boson aus dem Standardmodell.
Allerdings gestaltet es sich nach wie vor schwierig, des Teilchens habhaft zu werden. So müssen die Forscher präzise messen, mit welcher Rate das Boson in andere Partikel zerfällt und die Ergebnisse mit den Vorhersagen vergleichen. Allerdings tritt das Higgs-Boson bei den Partikelkollisionen in der 27 Kilometer langen Beschleunigerröhre des LHC äußerst selten auf. Die Forscher müssen im Durchschnitt rund eine Billion Mal Protonen zusammenstoßen lassen, um ein einziges Higgs-Boson zu beobachten. Um alle Zerfallsarten zu erfassen, sind deshalb noch viele weitere Versuche notwendig.