WISSENSCHAFT UND BILDUNG
Fünf Millionen Moleküle pro Liter machen den Stern
Baku, den 11. April (AZERTAG). Wie entsteht aus Staub ein Stern? Astronomen haben eine Methode entwickelt, in die Kinderstube der Sonnen zu blicken. Bislang konnten sie die Sterne nur in nahen Gaswolken zählen - jetzt lässt sich sogar vorhersagen, wo sich die Sonnen bilden.
Astronomen haben ein Grundrezept für die Entstehung neuer Sterne gefunden: Mindestens 5000 Wasserstoffmoleküle pro Kubikzentimeter müssen sich in einer kosmische Gaswolke tummeln, damit sich in ihr eine neue Sonne formen kann. Das schließen Forscher um Jouni Kainulainen vom Max-Planck-Institut für Astronomie aus ihrer Analyse interstellarer Gaswolken, die sie nun im US-Fachblatt „Science“ vorstellen.
Sterne entstehen, wenn sich Teile kosmischer Gaswolken unter ihrer eigenen Schwerkraft immer dichter zusammenballen, bis es knallt: In ihrem Zentrum wird es dann so heiß, dass sich das Feuer der Kernfusion entzündet. Die Sternentstehung ist einer der grundlegendsten Prozesse im Universum. Bislang konnten Astronomen jedoch nur in nahen Gaswolken zählen, wie viele Sterne entstehen. Bei weiter entfernten Wolken ist die Rate unbekannt.
Die neue Methode soll Aufschluss geben: Die Forscher untersuchen die Dichte verschiedener kosmischer Gaswolken anhand des Staubs, der ebenfalls in diesen Wolken enthalten ist. Sie messen, wie stark der Staub das Licht von Sternen schluckt, die hinter der Gaswolke liegen. Diese Daten verraten die Struktur der Wolke - und damit auch die Dichte ihrer Gasmoleküle.
Diese Methode wandten die Astronomen auch auf nahe liegende Gaswolken an, bei denen die Stern-Entstehungsrate aus direkten Zählungen bekannt ist. Auf diesem Weg stellten sie fest, dass sich erst ab einer Dichte von rund 5000 Molekülen pro Kubikzentimeter neue Sterne bilden. Bei einer geringeren Dichte reicht die Schwerkraft der Moleküle nicht aus, damit sie sich zusammenballen.
Grundlage für eine der ganz großen Fragen der Astrophysik – „Wir konnten erstmals aus Beobachtungen der Wolkenstruktur einen kritischen Dichtewert für die Sternentstehung bestimmen“, sagt Jouni Kainulainen in einer Mitteilung seines Instituts. Co-Autor Christoph Federrath von der Monash-Universität in Australien will sich nun einer der „ganz großen offenen Fragen der Astrophysik“ zuwenden: „Wie viele Sterne werden in einer Wolke mit einer bestimmten Gesamtmasse entstehen? Und welche Massen werden diese Sterne haben?“
Weil die interstellaren Wolken so weit weg sind, war ihr Licht lang zur Erde unterwegs. Die Sterne sind also längst entstanden - sie sind nur noch nicht zu sehen. Dafür sind sie jetzt berechenbar.
Es gebe zahlreiche Beobachtungen kosmischer Molekülwolken in unserer eigenen und in fernen Galaxien, bei denen die Stern-Entstehungsrate unbekannt sei. Dank neuer Instrumente würden künftig noch sehr viel mehr solche Beobachtungen hinzukommen, betont Co-Autor und Institutsdirektor Thomas Henning. „Mit unserer Methode können wir sagen: Zeigt uns eure Daten, dann können wir euch sagen, wie viele Sterne in eurer Wolke entstehen.“