KULTUR
Ganz im Norden Indiens
Baku, den 20. Dezember (AZERTAG). Ganz im Norden Indiens, in der Provinz Ladakh, liegt in einem Tal die Provinzhauptstadt. Bergwanderer in Ladakh sollten wetterfest und schwindelfrei sein. Doch die Strapazen lohnen sich: Ob schroffe Berge oder weiß getünchte Reliquienschreine am Wegesrand - der Blick, der sich Wanderern bietet, ist immer wieder faszinierend.
In den kommenden Tagen verinnerlichen wir den Rhythmus der Berge. Im Gänsemarsch schweigen wir uns durch die Landschaft, die mit zunehmender Höhe alpiner wird. Immer ist ein bis zu 8000 Meter hoher Schneeriese in Sicht. „Ukkalo-orralo, yo Nepal ho – Hoch und runter, das ist Nepal!“: Bergauf und bergab wandern wir durch Farndschungel und knorrige Zauberwälder. Apfelbäume gehen über in Fichten- und Föhrenwälder. Graue Felsplatten und braunverbrannte Flure verdrängen das tiefe Grün von wildem Hanf, Reisfeldern und Bambushainen. Verspielte Affenbanden weichen scheuem Wild, meckernden Ziegenherden und behäbigen Yaks. Je weiter wir Richtung Norden gelangen, desto mehr durchdringt der Buddhismus die Landschaft des mehrheitlich hinduistischen Nepals.
Gebetsfahnen flattern im Wind und tragen weiß, rot, grün, gelb und blau segensreiche Worte in den Himmel. Gebetsmühlen flankieren die kleinen Siedlungen mit den flach gedeckten Steinhäusern. Das allgegenwärtige Mantra „Om mani padme hum“ begleitet uns auf unserem Halbkreis durch die Berge. Das Rezitieren soll den Ausbruch aus dem ewigen Kreislauf des Lebens beschleunigen. „Namaste“ grüßen die Männer, die schwer bepackte Mulis über die manchmal nur hüftschmalen Pfade führen. „Das Göttliche in mir verneigt sich vor dem Göttlichen in Dir.“
Beim Abendessen erklärt uns Hupendra, was es mit den bunt bemalten Steinen am Wegesrand auf sich hat. Es sind Mani-Wände, Mantren in Stein. Er selbst sei Animist, sagt er, Anhänger einer Urreligion, die keine Götter kennt. Nur die Natur selbst. Seit etwa 30 Jahren lebe dieser archaische Glaube vor allem im Osten des Landes wieder auf. Bereits nach wenigen Tagen können wir verstehen, warum.
Langsam werden die Berge auch körperlich spürbar. Je höher es geht, desto öfter ermahnt uns Hupendra zur Vorsicht. Knoblauchsuppe und literweise Ingwertee sollen uns vor der Höhenkrankheit schützen, die besonnene Trekker umkehren lässt – und jedes Jahr weniger besonnene tötet. In Manang legen wir auf 3500 Metern Höhe einen Tag Akklimatisierungspause ein. Internationale Ärzteteams der „Himalayan Rescue Association“ klären hier während der Hochsaison täglich Bergsteiger über Symptome und Folgen der Höhenkrankheit auf. „Ich habe selten auf einer Reise buchstäblich so viele Höhen und Tiefen erlebt“, sagt die kopfschmerz- und grippegeplagte Antje aus Dresden, die wir in einer der vielen Bäckereien treffen. Von der Höhensonne verbrannte Ohren und ein Bärenhunger bleiben zum Glück unsere einzigen Beschwerden.