GESELLSCHAFT
Gaumenmandeln dienen der ersten Abwehr des Immunsystems im Magen-Darm-Trakt
Baku, 10. Juli, AZERTAC
Jeder hat sie, bei manchen verursachen sie starken Mundgeruch: Mandelsteine. Verschiedene Methoden helfen, die sonst harmlosen Klümpchen loszuwerden.
Wer als Kind schon einmal eines der weißen Gebilde aus seinem Speichel gefischt und zwischen den Fingern zerquetscht hat, weiß, warum Mandelsteine Mundgeruch erzeugen können. Sie stinken.
Jeder Mensch beherbergt die kleinen Klumpen, auch Detritus oder Tonsillensteine genannt, in den Einsenkungen seiner Gaumenmandeln. Eigentlich sind die Gebilde harmlos. Zum Problem allerdings werden sie, wenn sie an die Oberfläche der Mandeln gelangen und ihren unangenehmen Geruch auf den Atem übertragen.
Die Gaumenmandeln dienen der ersten Abwehr des Immunsystems im Magen-Darm-Trakt. „Damit in der Nahrung enthaltene Antigene dem Immunsystem möglichst zügig präsentiert werden können, haben sie eine große gefaltete Oberfläche“, sagt Klaus Stelter vom HNO-Zentrum Mangfall-Inn, Rosenheim. Diese Furchen werden im Hinblick auf den Mundgeruch zum Problem.
Mandelsteine bestehen nur zu etwa einem Prozent aus Essensresten, zu 99 Prozent handelt es sich um weiße abgeschilferte Epithelzellen und weiße Blutkörperchen. Normalerweise befördert ein Selbstreinigungsmechanismus die abgeschilferten Zellen aus der Tiefe der Mandeln an die Oberfläche und sorgt dafür, dass sie heruntergeschluckt werden.
Dieser Transportmechanismus kann jedoch gestört sein. Hinzu kommt, dass in den Mandeln rund 200 verschiedene Bakterienstämme leben. Sie zersetzen die abgeschilferten Zellen in den Furchen, die stinkenden Steinchen entstehen.
Größe der Mandeln hat einen Einfluss - Manche Menschen haben mehr Mandelsteine als andere, bei manchen sind sie größer. Bislang ist noch unklar, was die Entstehung der Klümpchen begünstigt. „Eine Rolle spielt aber sicher, dass Menschen unterschiedlich große Mandeln haben oder bei manchen Betroffenen der Selbstreinigungsmechanismus der Mandeln zum Beispiel nach einem schweren Infekt gestört ist“, sagt Stelter.
Auch wer in der Vergangenheit häufig Mandelentzündungen hatte, neigt eher zu Mandelsteinen. Dann verengen Narben die Ausgänge der faltigen Vertiefungen, und die abgeschliffenen Zellen gelangen schlechter an die Oberfläche. „Wer Mandelsteine hat, hat aber nicht zwangsläufig häufiger Mandelentzündungen“, sagt der HNO-Mediziner.
Was lässt sich gegen Mandelsteine und den mit ihnen verbundenen Mundgeruch tun? Manche schaffen es, die Steine mit der Zunge aus den Mandeln zu entfernen. Es kann auch helfen, mit den Fingern, Wattestäbchen oder einem Holzspatel gegen die Unterseite der Gaumenmandeln zu drücken oder die Furchen mit einer Munddusche zu reinigen. Dann sollte der Wasserdruck mäßig eingestellt werden.
Desinfizierende Mundspülungen gegen den Geruch – „Stört vor allem der Geruch, ist es ratsam, desinfizierende Mundspülungen zu verwenden“, sagt Stelter. „Beim Zähneputzen kann man ruhig auch mal die Mandeln etwas bürsten. Außerdem sollte die Zungenoberfläche gereinigt werden.“ Der morgendliche weiße Zungenbelag sei Ausdruck der Epithelregeneration der Zunge und könne ebenfalls einen heftigen Mundgeruch verursachen.
Stören die Mandelsteine beim Schlucken, kann der Betroffene sie auch beim HNO-Arzt ausdrücken oder absaugen lassen. Bei der sogenannten Roeder-Methode setzt der Arzt ein Schröpfglas auf die Gaumenmandel und zieht die Mandelsteine durch den entstehenden Unterdruck heraus. „Allerdings entstehen diese Mandelsteine immer wieder neu“, sagt Stelter. Um sie dauerhaft loszuwerden, hilft nur eine Operation.
Immer mehr Menschen wählen dafür eine intrakapsuläre Tonsillektomie. „Dabei wird nicht die ganze Mandel entfernt, sondern das Mandelgewebe um etwa 90 Prozent verringert. Die Krypten fallen also zum Großteil weg, Mandelsteine werden kaum mehr produziert“, sagt Stelter. Durch den verbleibenden Rest entstehen laut Stelter weniger Nachblutungen und weniger Schmerzen als bei einer kompletten Mandelentfernung. „Leider kommt diese sanfte Methode aber nur bei entzündungsfreien Mandeln infrage.“