GESELLSCHAFT
Hälfte aller Faultiere stirbt während der Notdurft auf dem Waldboden
Baku, den 29. Januar (AZERTAG). Die Hälfte aller Faultiere stirbt während der Notdurft auf dem Waldboden. Trotzdem klettern sie für ihr Geschäft weiterhin herab vom Baum. Biologen wissen endlich, warum.
Es gibt gewisse Dinge, die muss man machen. Frühjahrsputz, Steuererklärung, Müll raustragen und, ja, das auch, sein Geschäft verrichten. Aber wer will schon mit Staubwedel in der Hand oder vor der Mülltonne tot umfallen? Und „auf dem Klo verstorben“ klingt irgendwie auch selten blöd.
Das Dreifinger-Faultier scheint in dieser Hinsicht scham- und schmerzbefreit. Eisern hält Bradypus variegatus an einer gefährlichen und oftmals tödlichen Routine fest. Einmal die Woche klettert der äußerst träge Pflanzenfresser vom Baum, schürft mit dem Hintern eine Mulde in den Waldboden und verrichtet ein großes Geschäft. Sonst gibt es für ihn keinen Anlass, seine Höhenbehausung zu verlassen.
Dabei stirbt die Hälfte aller Faultiere, während sie auf dem stillen Örtchen am Boden der Tropen weilen. Schließlich sind sie in diesem intimen Moment für Schlange und Jaguar am einfachsten zu jagen, weil sie sich äußerst ungelenk auf dem Boden fortbewegen. Warum also nicht vom Baum einen abseilen?
Der amerikanische Biologe Jonathan Pauli und seine Kollegen präsentieren im Magazin Proceedings of the Royal Society B nun erstmals eine mögliche Erklärung für das Verhalten der Tiere. Sie stießen auf eine merkwürdige Dreiecksbeziehung zwischen Faultier, Algen und Motten.
Die manifestiert sich vor allem im verfilzten Fell der langsamen Baumbewohner. In der dichten Behaarung der Tiere gedeihen Algen, die sie grün färben. Eine besondere Art der Camouflage, die Dreifinger-Faultiere mehr oder weniger in der Baumkrone verschwinden lassen. Sie schützt vor Greifvögeln. Die Algen sind aber auch fester Bestandteil des Speiseplans von Faultieren. Im Gegensatz zu Blättern und Zweigen sind die Fellalgen leicht verdaulich und besonders energiereich. Faultiere züchten sich praktisch Energieriegel auf ihren Haarkleidern.
Damit der Algensnack gut gedeihen kann, braucht das Faultier Hilfe. Die kleinen Gärtner in seinem Fell scheinen neben Pilzen und anderen Mikroben vor allem Motten zu sein, die dort hausen. Der wöchentliche Klogang spielt dabei eine entscheidende Rolle. Denn eine ganz bestimmte Motte (Cryptoses spp.) legt ihre Eier im Kot des Faultiers ab. Einmal geschlüpft bringt das Geziefer natürlichen Dünger für den Algenbewuchs der Faultiere mit.
Ziehen sie ins flauschige Faultierheim, haben sie Ammonium im Gepäck. Je größer die Anzahl an Motten auf dem Faultier, desto höher scheint auch der Ammoniumgehalt im Fell, ermittelten die Biologen um Jonathan Pauli. Und je mehr Dünger, desto mehr Algenfutter für das Faultier.