WELT
Hunger kann man nicht beschreiben
Baku, den 26. Juli (AZERTAG). Zahlreiche Somalier fliehen aus ihrem bitterarmen Land nach Äthiopien, das ebenfalls unter der Dürre leidet. Viele haben alles verloren.
Rote afrikanische Erde bis zum Horizont, vereinzelt ein paar Schirmakazien und ausgedörrtes Gestrüpp, sonst nichts: Schon beim Anflug auf die kleine Landepiste von Dollo Ado in der Nähe der äthiopischen Flüchtlingscamps kann man das Ausmaß der Hungerkatastrophe erspüren. Hier blüht nichts, und die paar Esel und Kamele, die in der Landschaft herumstehen, kauen eher unwillig an vertrockneten Büschen herum.
Die einzige Lebensader scheint ein Fluss zu sein, der trotz des ausgebliebenen Regens noch reichlich Wasser hat. „Das ist der Geniale“, sagt eine Mitarbeiterin des Welternährungsprogramms (WFP). „Die drei Camps hier in der Gegend benutzen ihn als Wasserquelle, wenn das von den Hilfsorganisationen gelieferte Wasser nicht ausreicht.“
Ein starker, staubiger Wind weht und bedeckt alles, was lebt, mit einer klebrigen, rötlichen Schicht. Manchmal fällt das Atmen schwer, und wer versucht, nach sauberer Luft zu schnappen, inhaliert mit dem gleichen Atemzug gleich ein oder zwei Fliegen. Sie sind überall, angezogen vom Müll und Dreck, setzen sich in die Augen, die Ohren, die Mundwinkel. Die Kinder in den Camps scheinen sich mit dem Ansturm der Insekten abgefunden zu haben – oder sie sind bereits zu schwach, um sie noch zu vertreiben. Ihre Gesichter sind übersät von schwarzen, krabbelnden Punkten.
Dieser Teil Äthiopiens ist ein nur schwer fassbares Kontrastprogramm zu Addis Abeba und dem grünen Hochland des Nordens. Nur zweieinhalb Flugstunden von der Hauptstadt entfernt hat man das Gefühl, in einem anderen Land, ja, einer anderen Welt gelandet zu sein. Am Wegesrand stehen meterhohe Termitenhügel, unverkennbares Zeichen für die kargen Steppenlandschaften Afrikas. Dazwischen Strohhütten und viel zu dünne Menschen.