WELT
In Chicago erschießen Polizisten unbewaffneten Autodieb
Baku, 6. August, AZERTAC
In Chicago haben Polizisten auf einen flüchtigen Autodieb geschossen und ihn tödlich verletzt. Der jugendliche Täter soll zuerst zur Waffe gegriffen haben - Videobilder stellen das nun infrage.
Ein neuer Fall von Polizeigewalt beschäftigt die USA. In Chicago wurde ein jugendlicher Schwarzer erschossen - er soll in einem gestohlenen Auto vor der Polizei geflohen sein und dabei das Feuer auf die Beamten eröffnet haben. Nun veröffentlichte Videoaufnahmen werfen jedoch ein anderes Licht auf den Fall.
Die Aufnahmen zeigen Polizisten, die mehrfach auf ein fahrendes Auto schießen. Anschließend verfolgen die Beamten den flüchtigen Fahrer Paul O. zu Fuß - bis sie den tödlich verletzten schwarzen Jugendlichen in Handschellen legen.
In keinem der Videos ist der tödliche Schuss in den Rücken von Paul O. zu sehen. Stattdessen zeigt eine Aufnahme, wie der angeschossene Jugendliche blutüberströmt am Boden liegt. Einer der Polizisten beschuldigt ihn, zuerst geschossen zu haben. Ein zweiter fragt verunsichert: "Auf uns wurde doch geschossen, richtig?" Am Tatort konnte keine Waffe gefunden werden.
Initiative soll Vertrauen in Polizei wiederherstellen - Chicago hat zum ersten Mal Videomaterial veröffentlicht, das tödliche Polizeischüsse dokumentiert. Grund dafür ist ein neues Gesetz, das vorschreibt, Aufnahmen von derartigen Vorfällen innerhalb von 60 Tagen öffentlich zu machen. Das Gesetz ist Teil einer Initiative, die das Vertrauen der Bürger in die Polizei wiederherstellen soll.
Im vergangenen Jahr ist ein Video aufgetaucht, das zeigt, wie der schwarze Teenager Laquan McDonald mit 16 Schüssen von einem weißen Beamten erschossen wurde. Das Video löste landesweite Proteste aus und führte dazu, dass der frühere Polizeichef sein Amt niederlegen musste.
Auf dem aktuellen Video, das die Körperkamera eines Beamten gemacht hat, ist zu hören, wie einer der Polizisten sagt, er habe auf das Fahrzeug geschossen. "Er hätte beinahe meinen Partner getroffen. Ich habe auf ihn geschossen." Ein anderer Polizist, der ebenfalls Schüsse abgefeuert hat, sagt, dafür werde er nun wohl 30 Tage in den Innendienst versetzt.
Der tödliche Schuss auf Paul O. wurde von keiner der Körperkameras festgehalten. Die Polizei sucht nun nach dem Grund dafür, teilte ein Sprecher mit. Ein absichtliches Ausschalten der Kameras schließt die Polizeibehörde jedoch aus.