GESELLSCHAFT
Klimarat warnt vor Dürre und Überschwemmungen
Baku, den 31. März (AZERTAG). Mehr Dürren, Überschwemmungen und Wirbelstürme werden kommen – mit Folgen für Landwirtschaft, Trinkwasser und Seuchen-Verbreitung. Vor allem die Länder Afrikas werden unter dem Klimawandel leiden.
Nach tagelangen Kontroversen haben sich Wissenschaftler und Regierungsvertreter aus aller Welt im japanischen Yokohama auf einen neuen Klimareport verständigt. Darin warnen sie vor dramatischen Folgen der globalen Erwärmung. So werden Hochwasser und Dürren zunehmen, heißt es in dem Bericht, der am Montag offiziell vorgestellt werden soll. Vor allem die ärmsten Länder in Afrika seien vom Klimawandel betroffen, schreiben die Experten.
Doch gerade dort fehlten die finanziellen Mittel, um die nötigen Vorkehrungen zu treffen und die Bevölkerung vor solchen extremen Wetterereignissen zu schützen. Bereits im vergangenen September hatte der Weltklimarat IPCC den ersten Teil seines bereits fünften Sachstandsberichts vorgelegt und darin das bisherige Ausmaß der Klimaveränderungen beschrieben. Demnach ist die Temperatur der Erde seit 1880 bereits um 0,85 Grad Celsius angestiegen.
Es sei „äußerst wahrscheinlich“, dass der Mensch der „dominierende Faktor“ für diesen Temperaturanstieg ist, erklären die Autoren des Berichts. Unter anderem durch die Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle und Erdöl habe sich der Gehalt von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre seit Beginn der Industrialisierung um 40 Prozent erhöht. Weil weltweit die Gletscher abschmelzen, sei der Meeresspiegel seit Beginn des 20. Jahrhunderts um 19 Zentimeter angestiegen.
Erstmals Erwähnung von Sicherheitsfragen - Der jetzt am Wochenende verabschiedete zweite Teil des Reports befasst sich mit den Folgen des Klimawandels für den Menschen und die Natur. Mehr als 800 Klimaexperten haben daran mitgearbeitet. Sie führen keine eigenen Forschungen durch, sondern werten vorhandene Studien zum Klimawandel aus. Dabei können die Experten auf eine immer größere Datenbasis zurückgreifen. Im Vergleich zum letzten Sachstandsbericht aus dem Jahr 2007 ergibt sich so eine detailliertere und genauere Vorhersage, wie die Erde aussehen wird, wenn die Temperaturen weiter steigen.
In einer 30-seitigen „Kurzfassung für Entscheidungsträger“ wurden die wichtigsten Ergebnisse zusammengestellt. Höhere Temperaturen haben demnach Auswirkungen auf nahezu alle Lebensbereiche: die Versorgung mit Trinkwasser, die Verbreitung von Krankheiten, die Erträge der Landwirtschaft. Erstmals befasst sich der Weltklimarat mit Sicherheitsfragen und warnt vor Konflikten bis hin zu Bürgerkriegen. Und erstmals werden die Folgen des Klimawandels auch regional ausgewertet: in Australien etwa drohen vermehrt Trockenheit und Wirbelstürme, in Europa starke Regenfälle.
Wo sich Niederschlagsmuster verändern und in kurzer Zeit mehr Regen fällt, drohen Flüsse häufiger über die Ufer zu treten, auch in Deutschland. Allein die Hochwasser an Elbe und Donau im vergangenen Sommer haben Schäden in Höhe von acht Milliarden Euro verursacht. Die Folgekosten der Überschwemmungen in England in diesem Jahr sind sogar rund doppelt so hoch. Die Auswirkungen des Klimawandels machen sich laut Bericht vor allem auch in den Ozeanen bemerkbar. Seit 1971 haben sie sich bis zu einer Wassertiefe von 75 Metern kontinuierlich erwärmt; pro Jahrzehnt um mehr als 0,1 Grad Celsius.
Die Meerestiere ziehen langsam um - Das bekommt die Fischerei zu spüren. Als Folge der Temperaturveränderungen weichen kälteliebende Fischarten in kühlere Gewässer aus. So zieht der Kabeljau aus der südlichen Nordsee in Richtung Nordatlantik. Aus südlicheren Gewässern wandern Sardinen und Streifenbarben in die Nordsee ein. Durch die höheren Wassertemperaturen werden Korallenriffe in Mitleidenschaft gezogen, in der Arktis schmilzt das Packeis.
In einer ersten Reaktion auf den Report sagte Kaisa Kosonen von Greenpeace, sie sehe die internationale Gemeinschaft an einem Wendepunkt: „Werden wir weiter von einem Desaster zum anderen schlittern, oder werden wir die Kontrolle über unsere Zukunft ergreifen?“ Der globale Klimawandel bedrohe nicht nur Eisbären und Regenwälder, er bedrohe die gesamte Menschheit. Auch Joern Brinkmann von der Universität der Vereinten Nationen in Bonn und einer der Autoren des Reports warnt: „Es reicht nicht, die Veränderungen des Klimas zu betrachten, man muss auch die Gesellschaft sehen, auf die sie treffen.“
Welche Möglichkeiten die Politik hat, die Erderwärmung abzubremsen, wird der dritte Teil des Sachstandsberichts zeigen, der am 13. April in Berlin vorgestellt werden soll. Für Karsten Smid von Greenpeace Deutschland ist die Antwort klar. „Wir müssen die Energieversorgung radikal umbauen und auf erneuerbare Energien umsteigen“, sagte Smid. Da habe die Politik allerdings noch viel zu tun.