WISSENSCHAFT UND BILDUNG
Marsboden lässt Gase zirkulieren
Baku, den 3. Dezember (AZERTAG). Auf dem Mars passen Luftdruck und Boden so perfekt zusammen, dass eine gewaltige Gaspumpe entsteht. Forscher aus Duisburg entdeckten den Effekt bei einem Experiment im freien Fall.
Der Boden des Planeten Mars funktioniert wie eine globale Umwälzpumpe. Das zeigen Experimente Duisburger Forscher unter Schwerelosigkeit im Bremer Fallturm. Der Marsboden wälze Gasschichten von wenigstens einigen Zentimetern Dicke ober- und unterirdisch in nur einigen Sekunden bis Minuten effizient um, berichten die Wissenschaftler um Caroline de Beule von der Universität Duisburg-Essen im britischen Fachblatt „Nature Physics“.
Entscheidend für die Funktion der natürlichen Luftpumpe ist demnach die Kombination aus geringem Atmosphärendruck des Roten Planeten und der richtigen Korngröße des Marsstaubs. Die Kohlendioxidatmosphäre des Mars hat nur einen mittleren Druck von 6 Millibar (mbar) und ist damit rund 150 Mal dünner als die Erdatmosphäre mit 1013 Millibar. Bei einer Temperatur von minus 55 Grad Celsius können sich die individuellen Gasmoleküle der Marsatmosphäre durchschnittlich 0,01 Millimeter frei bewegen, bevor sie mit dem nächsten Molekül zusammenstoßen.
Diese mittlere freie Weglänge sei gerade vergleichbar mit der Korn- und der Porengröße im Boden des Roten Planeten, schreiben die Forscher. Ein seit langem bekanntes Konzept besage, dass eine Pore unter diesen Umständen als effiziente Pumpe funktionieren könne, wenn an ihren beiden Seiten unterschiedliche Temperaturen herrschten. Dieser Temperaturunterschied, der nur leicht sein muss, kann etwa durch unterschiedliche Sonneneinstrahlung hervorgerufen werden.
Einzigartig im Sonnensystem - Die Wissenschaftler stellten die Bedingungen des Mars mit gemahlenem Basalt nach, dessen Körnchen bis zu 0,125 Millimeter groß waren. Da die thermische Konvektion, also der Aufstieg warmer und das Absinken kalter Luft, einen sehr viel größeren Einfluss hat und die Boden-Luftpumpe so maskiert, führten die Forscher ihre Versuche im Bremer Fallturm durch, in dem der freie Fall jeweils rund neun Sekunden lang Experimente unter Schwerelosigkeit ermöglicht. In der Schwerelosigkeit gibt es kein Oben und Unten und daher auch keine Konvektion.
Anhand von winzigen Staubpartikeln konnten die Wissenschaftler den Gasfluss im Experiment verfolgen und stellten fest, dass er mindestens zwei Zentimeter tief in den porösen Boden reicht. Scheint die Sonne auf den Marsboden, werde so Gas aus kühleren, tieferen Schichten an die Oberfläche gepumpt, schreiben die Forscher. Ebenso werde beispielsweise Gas in schattigen Bereichen eingesogen. Die mittlere Fließgeschwindigkeit des Kohlendioxids auf dem Mars in dieser Pumpe berechneten die Wissenschaftler auf 1,6 Zentimeter pro Sekunde.
Die Gaspumpe könne damit auf dem Mars der dominante Transportprozess für unterirdischen Wasserdampf in die Marsatmosphäre sein. Mars besitzt Wassereis im Boden, und verdampfende Wassermoleküle könnten von dem Kohlendioxidstrom durch den Boden mitgerissen werden. Die bislang nicht beachtete Gaspumpe wäre einzigartig im Sonnensystem, betonen de Beule und ihre Kollegen. Etwas Vergleichbares sei weder von der Erde noch von irgendeinem anderen Planeten im Sonnensystem bekannt.