GESELLSCHAFT
Pefektes Rezept für rapiden Meeresspiegelanstieg
Baku, den 29. Mai (AZERTAG). Warum schwollen die Ozeane nach der Eiszeit so schnell? Eisbergschutt im Meeresboden vor der Antarktis verrät acht ungewöhnliche Schmelzfluten.
Gegen Ende der letzten Eiszeit hat das Abschmelzen des Antarktischen Eisschilds den Meeresspiegel deutlich ansteigen lassen. Das leitet ein internationales Forscherteam aus der Analyse von Sedimenten aus der Scotiasea ab, dem Meer zwischen den Falklandinseln und der Antarktischen Halbinsel.
Demnach brachen von Antarktis-Gletschern vor 19.000 bis vor 9000 Jahren ungewöhnlich viele und große Eisberge ab. Dies sei der erste direkte Beleg dafür, dass die Antarktis damals maßgeblich zum Anstieg des Meeresspiegels beitrug. Ursache war vermutlich warmes Meerwasser, schreiben die Forscher um Michael Weber von der Universität Köln in der Zeitschrift „Nature“.
Zurzeit sondert die Antarktis pro Jahr bis zu 2000 Gigatonnen Eis durch kalbende Eisberge ab. Die Eisberge - viele davon länger als 18 Kilometer - treiben nicht direkt nach Norden, sondern zunächst ostwärts um den Kontinent herum und ziehen erst ab der südlichen Weddell-See nordwärts durch die sogenannte Eisberg-Allee in die Scotiasea, wo sie schnell abschmelzen.
Warmer Wasserstrom - In diesem Gebiet entnahmen die Forscher vom deutschen Forschungsschiff „Polarstern“ aus bis zu 50 Meter lange Bohrkerne vom Meeresgrund. „Die Eisberge tragen Geröll vom Festland in das offene Meer. Schmilzt das Eis, sinken die Steinchen zum Meeresgrund und lagern sich dort Schicht für Schicht ab“, wird Koautor Gerhard Kuhn vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven von seinem Institut zitiert. „Anhand der Proben konnten wir also feststellen, zu welcher Zeit besonders viele Eisberge in diese Region getrieben sind.“
Die Analyse zeigt, dass die Antarktis zum Ende der letzten Eiszeit wesentlich zum Anstieg des Meeresspiegels beitrug. Vor 19.000 bis vor 9000 Jahren entließen Gletscher in acht Phasen ungewöhnlich viele große Eisberge. Das Maximum fiel in die Zeit vor 14.600 Jahren und damit genau in jenen Zeitraum, in dem die Meere in weniger als 500 Jahren um bis zu 16 Meter stiegen. Die Forscher gehen davon aus, dass die Hälfte des dafür verantwortlichen Wassers aus der Antarktis stammt.
Um die Ursache dieser Entwicklung zu ermitteln, speisten die Wissenschaftler ihre Daten in Klimamodelle ein. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass damals ungewöhnlich warmes Wasser zur Antarktis strömte und die Gletscher zum Kalben brachte.
„Ein ungewöhnlich starker Zustrom von warmem Wasser in die Antarktis könnte diese Ereignisse ausgelöst haben“, sagt Axel Timmermann von der University of Hawaii in Manoa. „Unsere Modellierungen zeigen zudem, dass die Schmelze den Zustrom warmen Wassers verstärkte und so eine positive Rückkopplung lieferte“, sagt der Forscher. „Das ist das pefekte Rezept für einen schnellen Anstieg des Meeresspiegels.“