WISSENSCHAFT UND BILDUNG
Physiker entdecken Urbeben des Universums
Baku, den 18. März (AZERTAG). Physiker wollen in der kosmischen Hintergrundstrahlung Signale aus den ersten Sekundenbruchteilen nach dem Urknall entdeckt haben. Die Messungen wären der erste Nachweis von Gravitationswellen, die von Einsteins Relativitätstheorie vorhergesagt werden.
Die Gerüchteküche köchelt schon seit Tagen - nun hat ein amerikanisches Forscherteam seine Entdeckung offiziell verkündet: In der kosmischen Hintergrundstrahlung wollen sie Hinweise auf Gravitationswellen gefunden haben, die aus der Anfangszeit des Universums stammen. Gravitationswellen sollen immer dann entstehen, wenn Massen bewegt werden.
Die Beobachtung wäre aus zweierlei Gründen sensationell. Zum einen könnte sie die Existenz von Gravitationswellen beweisen - eine Vorhersage aus Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie. Zum anderen soll das nun nachgewiesene Signal aus einer Zeit Sekundenbruchteile nach dem Urknall stammen, in der sich das Universum extrem schnell vergrößerte. Physiker nennen diese Phase Inflation, sie wurde bislang nur aus der Theorie postuliert. Demnach hat sich das junge Weltall dabei um das Zehn-Billionen-Billionenfache aufgebläht.
Sollte sich die Interpretation der Daten als richtig herausstellen, hätten die beteiligten Forscher wohl gute Chancen auf einen Nobelpreis. Mancher vergleicht die Entdeckung auch mit der des Higgs-Bosons, die 2013 mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Die Daten würden auch eine Verbindung zwischen Quantenmechanik und Allgemeiner Relativitätstheorie herstellen.
„Zurückblicken zum Beginn der Zeit“ – „Dieses Signal aufzufangen, ist eines der wichtigsten Ziele der Kosmologie“, sagte John Kovac vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics, der das Projekt leitet. Der Blick 14 Milliarden Jahre zurück zu den ersten Sekundenbruchteilen nach dem Urknall gelang mit Hilfe des Teleskops Bicep2 am Südpol, das Mikrowellenstrahlung aus dem Kosmos erfasst. Diese Hintergrundstrahlung zeigt den Zustand des Universums rund 380.000 Jahre nach dem Urknall. Nun konnten die Forscher darin aber offenbar Signale identifizieren, die noch älter sind.
Die Entdeckung erlaube einen Blick auf das Universum, als es nicht einmal eine Billionstel Sekunde alt war, sagte Lawrence Krauss von der Arizona State University, der an dem Forschungsprojekt nicht beteiligt ist. „Das ist faszinierend: Wir können zurückblicken zum Beginn der Zeit.“
An der Entdeckung waren auch Forscher der University of Minnesota, der Stanford University, des California Institute of Technology und der Nasa beteiligt. Die Erkenntnisse sollten in einem wissenschaftlichen Fachmagazin veröffentlicht werden, sagte Harvard-Forscher John Kovac. Die Daten sind aber bereits online publiziert.
Die Wissenschaftler hatten drei Jahre lang zwei Prozent des Himmels beobachtet. Wegen der besonders trockenen Luft am Südpol wählten sie dafür das in der Antarktis installierte Teleskops Bicep2. Sie suchten nach speziellen Mustern in der Mikrowellenstrahlung, die als Beleg für die Inflation gelten würden - jene rasante Größenzunahme des Universums unmittelbar nach dem Urknall. Nun wollen sie diese B-Mode Polarisation genannten Signale auch gefunden haben. Die Muster seien durch Gravitationswellen entstanden, so die Forscher.