WELT
Regierungskrise in Brasilien
Baku, 29. März, AZERTAC
In der Regierungskrise in Brasilien droht Staatspräsidentin Dilma Rousseff immer handlungsunfähiger zu werden. Ihr Koalitionspartner, die rechtsliberale Partei der demokratischen Bewegung (PMDB), will bei einem Treffen der Parteiführung am heutigen Dienstag den Austritt aus dem Bündnis mit Rousseffs linker Arbeiterpartei (PT) beschließen. Laut einem Mitglied der PMDB-Führung wird mit einer deutlichen Zustimmung für das Ende der Koalition gerechnet.
Tourismusminister Henrique Alves von der PMDB sagte, Rousseffs Zeit sei "abgelaufen". Am Montagabend trat er von seinem Amt zurück. Bereits Mitte März hatte die PMDB auf einem Parteitag beschlossen, nach einer Frist von 30 Tagen über einen Ausstieg aus dem Bündnis zu entscheiden. Parteichef Michel Temer strebt seit einiger Zeit offen die Nachfolge Rousseffs im Präsidentenamt an.
Auch Regierungsgegner fordern regelmäßig bei Massenprotesten den Rücktritt der Präsidentin. Rousseff wird unter anderem für die schlimmste Rezession seit Jahrzehnten verantwortlich gemacht. Außerdem gibt es weitreichende Korruptionsvorwürfe, ein Großteil davon ist mit den Geschäften des Ölkonzerns Petrobras verknüpft.
Rousseff selbst lehnt einen Rücktritt vehement ab. Ihr droht allerdings die Amtsenthebung. Das Parlament hatte ein entsprechendes Verfahren Mitte des Monats mit der Bildung einer Sonderkommission auf den Weg gebracht. Für eine Anklageerhebung müssen zwei Drittel der Abgeordneten stimmen, danach entscheidet der Senat über die Amtsenthebung. Die Abstimmung wird Mitte April erwartet.
Beobachter rechnen damit, dass Rousseff bereits Ende April oder Anfang Mai in dem mehrstufigen Verfahren für 180 Tage suspendiert werden könnte. Dann würde der Vizepräsident - bisher ist das Temer - die Amtsgeschäfte vorübergehend übernehmen.