WELT
Shell plant Aufbau von Ladestationen für Elektroautos
Baku, 31. Januar, AZERTAC
Strom statt Sprit. Der Markt für E-Mobile ist zukunftsträchtig und bedroht das Geschäftsmodell des Ölmultis Shell. Darauf will der Konzern jetzt reagieren.
Der britisch-niederländische Ölkonzern Shell plant in diesem Jahr einen Aufbau von Ladestationen für Elektroautos. Zunächst will das Unternehmen an Tankstellen in Großbritannien und den Niederlanden Stromzapfsäulen installieren, das sagte der für Raffinerie und Vertrieb zuständige Manager John Abbott der "Financial Times". Es könnten noch weitere Länder folgen. Abbott rechnet mit der größten Nachfrage nach E-Ladestationen in städtischen Gegenden. Wie viele Stationen Shell aufrüsten will, wollte er noch nicht sagen.
Die Elektromobilität gilt als große Gefahr für die Ölkonzerne, weil der Autoverkehr einer der größten Verbraucher fossiler Brennstoffe ist. Abbott geht zwar davon aus, dass der Übergang von Verbrennungsmotoren zu Elektroantrieben Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird, sieht aber offenbar einen wachsenden Bedarf an Ladestationen.
Der Shell-Manager hofft zudem auf ein kleines Zusatzgeschäft im Gastronomiebereich von Tankstellen: Bisher dauern Ladevorgänge bei E-Mobilen nämlich noch deutlich länger als herkömmliches Tanken. Ein zusätzlich verkaufter Kaffee dürfte sich jedoch nur geringfügig positiv auf die Jahresbilanz auswirken.
Dass Shell die Offensive zunächst für Großbritannien und Holland plant, ist kein Wunder: Im vergangenen Jahr wurden in Großbritannien 35.907 Elektroautos neu zugelassen, in Deutschland lag die Zahl der Neuzulassungen bei 25.154. In den Niederlanden haben E-Autos einen Anteil am gesamten Markt von etwa sieben Prozent, die Zahl der Neuzulassungen war in den vergangenen Jahren ebenfalls stets höher als die von Deutschland. Zum Vergleich: In China wurden 2016 mehr als eine halbe Million Elektrofahrzeuge verkauft.
Das Fehlen von Ladestationen gilt neben geringerer Reichweite und höheren Preisen als Hemmschuh für den Durchbruch von E-Autos. Die Kaufprämie für Fahrzeuge mit E-Antrieb beantragten in Deutschland im vergangenen Jahr nur wenige Autokäufer, bis zum 1. Januar 2017 waren es lediglich 9023 Anträge.
Neben Shell wollen auch europäische Konkurrenten demnächst mehr Stromladestationen anbieten, unter anderem der französische Ölkonzern Total. In Deutschland planen derzeit die Autobauer Daimler, Volkswagen, BMW und Ford gemeinsam den Aufbau von Tausenden Ladesäulen entlang der Autobahnen in den kommenden Jahren.