WISSENSCHAFT UND BILDUNG
Sonnensystem rast mit Schweif durchs All
Baku, den 13. Juli (AZERTAG). Nicht nur Kometen ziehen einen Schweif hinter sich her, das gesamte Sonnensystem besitzt solch einen Partikelstrom. Angenommen hatte man das zwar schon lange, schließlich reist die Sonne durch den interstellaren Raum - und der ist alles andere als leer. Nun sei es jedoch erstmals gelungen, diesen Schweif, den sogenannten Heliotail - direkt zu beobachten.
Wie die US-Weltraumbehörde Nasa berichtet, ist das mit Hilfe von „Ibex“ (Interstellar Boundary Explorer) geglückt. Der kleine, seit 2008 im Erdorbit kreisende Satellit registriert energiereiche, aber ungeladene Teilchen. „Ibex“ hat auf diese Weise bereits Informationen über den Kokon, der das Sonnensystem umhüllt, geliefert: die Heliosphäre.
Es habe diverse Modelle gegeben, wie der Schweif aussehen könne, sagt David McComas vom Southwest Research Institute in San Antonio (US-Bundesstaat Texas). „Aber wir hatten keine Beobachtungsdaten. Wir haben den Heliotail deshalb auf Bildern immer am Seitenrand verschwinden lassen“, sagt der Forscher, der zusammen mit Kollegen im „Astrophysical Journal“ über die Analyse der „Ibex“-Daten berichtet.
Ihren Angaben zufolge erinnert die Struktur des Schweifs an ein vierblättriges Kleeblatt. Die zwei „Blätter“ an den Seiten sind mit Teilchen gefüllt, die sich langsam bewegen, das obere und das untere mit solchen, die schneller unterwegs sind. Durch die magnetischen Kräfte, die von außerhalb einwirken, wird das Gebilde zusätzlich verdreht.
Seine auf den ersten Blick überraschende Struktur lässt sich begründen. Die Sonne habe in den vergangenen Jahren vor allem von ihrem Äquator aus schnelle Solarwinde ins All geblasen - und von den Polen aus langsamere, berichtet die Nasa. Das spiegele sich am Rand des Sonnensystems im Schweif wider. Wenn sich die Aktivität der Sonne verändert, was in regelmäßigen Zyklen der Fall ist, müsste sich auch der Schweif wandeln.
„Pioneer 10“ konnte keine Daten mehr senden - Mit Hilfe von Teleskopen haben Forscher schon Schweife anderer Sterne entdeckt. Doch der unserer eigenen Sonne war schwieriger zu untersuchen. „Pioneer 10“ war zwar in die richtige Richtung unterwegs. Doch die Energie der Sonde war 2003 nach fast 31 Jahren verbraucht - noch bevor sie den Schweif erreichte. Und für Teleskope ist die Region einfach nur dunkel.
„Ibex“ liefert Informationen über den Heliotail, indem der Satellit energiereiche Atome registriert. Sie entstehen am Rand des Sonnensystems, wenn beispielsweise ein schnelles Proton aus dem Sonnenwind mit einem langsamen Wasserstoffatom aus dem interstellaren Gas kollidiert und diesem das Elektron raubt. Anschließend kann das immer noch schnelle Sonnenwind-Teilchen, das nun ein Wasserstoffatom ist, ungehindert vom Magnetfeld in gerader Linie weiterfliegen. Manche reisen zurück ins innere Sonnensystem - solche Teilchen kann „bex“ registrieren.
Der Satellit ändert seinen Kurs um die Erde, so dass er im Lauf von sechs Monaten Partikel aus jedem Winkel auffangen kann. Deshalb konnten die Forscher auf Basis der „Ibex“-Daten eine Karte erstellen, aus welchem Himmelsbereich wie viele Partikel mit welcher Energie angekommen sind.
Wie lang der Schweif ist, wissen die Astronomen allerdings noch nicht. So muss er fürs Erste wohl weiterhin irgendwie am Bildrand verschwinden.