GESELLSCHAFT
Übertragung des H7N9- Virus von Mensch zu Mensch nachgewiesen
Baku, den 7. August (AZERTAG). Es gibt den ersten medizinisch nachgewiesenen Fall einer Übertragung der Vogelgrippe von Mensch zu Mensch. Chinesische Wissenschaftler machten ihn am Mittwoch öffentlich und bestätigten damit, was bereits seit einigen Monaten vermutet wird. Im April hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO berichtet, dass sich die Vogelgrippe in Einzelfällen unter engen Familienmitgliedern in China verbreitet hatte. Chinesische Wissenschaftler hatten zuvor bereits bezweifelt, dass Vögel die einzige Infektionsquelle sind.
Die neue Entwicklung sei „besorgniserregend“ und müsse genau verfolgt werden, schrieben die Forscher nun in der Onlinefachzeitschrift BMJ. Einen Grund zur Panik sehen die Wissenschaftler aber nicht: Das Vogelgrippe-Virus H7N9 sei noch nicht in der Lage, sich zwischen Menschen stark auszubreiten, sagte der Epidemiologe Chang-jun Bao vom Gesundheits- und Vorsorgezentrum der ostchinesischen Provinz Jiangsu. Es überträgt sich in erster Linie vom Vogel auf den Menschen.
Wissenschaftler hatten lange befürchtet, dass sich das Virus so verändern könnte, dass es leicht von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. In ihrer neuen Studie beschrieben die chinesischen Wissenschaftler nun den Fall eines 60-jährigen Mannes, der im Krankenhaus starb, nachdem er sich mit dem Virus infiziert hatte. Offenbar steckte er seine 32-jährige Tochter damit an. Die Tochter, die sich über eine Woche lang um ihren Vater gekümmert hatte, starb ebenfalls im Krankenhaus.
Die Frau hatte der Studie zufolge keinen Kontakt zu möglicherweise infiziertem Geflügel. Daher sei die „wahrscheinlichste Erklärung“ die Ansteckung über ihren Vater, der regelmäßig Geflügelmärkte besucht hatte, so die Forscher. Gentests zeigten auch, dass die Viren bei Vater und Tochter praktisch identisch waren.
Erkenntnisse über das noch recht unerforschte Virus A/H7N9 schließen die Wissenschaftler weitgehend aus dem, was sie über die bekanntere Vogelgrippe vom Typ A/H5N1 wissen. Sie ist seit 2003 immer wieder vereinzelt unter Menschen aufgetreten, vor allem in Ägypten, Indonesien und Vietnam – und zwar fast immer in Regionen, in denen Menschen in engem Kontakt mit infiziertem Geflügel leben, Tiere schlachten und das Fleisch selbst verarbeiten. Bislang starben an dem neuen A/H7N9-Virus nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO 37 Menschen, 132 haben sich infiziert.
Laut WHO hat das A/H5N1-Virus bisher 377 Menschen weltweit das Leben gekostet. Auch dieser Erreger ist aber nach wie vor hauptsächlich ein Problem für Geflügelbauern und er löst keine echten Epidemien unter Menschen aus. Er bleibt eine Tierseuche, die nur in Ausnahmefällen Menschen betrifft.
Die Übertragungsmöglichkeit des Virus von Mensch zu Mensch bleibt dennoch begrenzt: Keiner der anderen 43 Menschen, die engen Kontakt zu den beiden Patienten hatten, darunter auch Krankenhauspersonal, steckte sich nach Angaben der Wissenschaftler an. Eine Erklärung könnte sein, dass es möglicherweise eine genetische Disposition für die Ansteckung gibt. Die schwer kranke Tochter konnte nicht mehr befragt werden. Daher schlossen die Wissenschaftler nicht völlig aus, dass sie sich anderweitig angesteckt haben könnte. Das jedoch schien den Forschern „weniger wahrscheinlich“.
H7-Grippeviren verbreiten sich normalerweise unter Vögeln, die Untergruppe H7N9 war bis zum Ausbruch der Krankheiten in China nie beim Menschen festgestellt worden. Auch in anderen Vogelgrippe-Fällen des Typs H5N1 und H7N7 war es vereinzelt zu Mensch-zu-Mensch-Übertragungen gekommen, ohne dass dies zu einer Seuchengefahr für die Menschheit geworden wäre.