WISSENSCHAFT UND BILDUNG
Wissenschaftler vermuten eine Umpolung in wenigen tausend Jahren
Polsprünge hat die Erde viele erlebt, doch was bisher als schleichender Vorgang gesehen wurde, kann recht schnell gehen: Forscher haben festgestellt, dass weniger als 100 Jahre ausreichen, um aus dem Nordpol den Südpol zu machen. Für Tier und Mensch wäre das verheerend.
Das Magnetfeld der Erde hat sich bereits mehrmals umgedreht: Der Nordpol, auf den die Kompassnadel zeigt, wurde in der Geschichte des Planeten zeitweise zum Südpol. Auch jetzt nimmt die Stärke des Erdmagnetfelds ab und Wissenschaftler vermuten eine Umpolung in wenigen tausend Jahren – ein vergleichsweise kurzer Zeitraum, denn die letzte fand vor 786.000 Jahren statt. Nun haben Forscher entdeckt, dass der eigentliche Polwechsel schneller passieren kann als vermutet.
In den Bergen Apennins in Italien untersuchte ein internationales Forscherteam nach Angaben der University of California Sedimentschichten, die ein detailliertes Bild der Umpolung vor 786.000 Jahren nachzeichneten. Dabei hätten sie festgestellt, dass der damalige Wechsel der Pole in weniger als 100 Jahren von Statten ging – in einem Menschenleben. „Es ist beeindruckend, wie schnell die Umkehrung passierte“, sagte Courtney Sprain, Mitautorin der Studie.
„Wir wissen nicht, ob die nächste Umpolung genauso schnell vor sich gehen wird, aber wir wissen auch nichts Gegenteiliges“, so Mitautor Paul Renne. Die Auswirkungen eines Polwechsels für die menschliche Zivilisation sind nicht wirklich vorhersagbar. Würde die Umpolung in der Jetztzeit geschehen, würde sie wohl das Stromnetz zum Zusammenbruch bringen.
Schwerer wiegt jedoch die Abschwächung des Erdmagnetfelds im Vorfeld der Umpolung. Da das Magnetfeld das Leben auf der Erde vor geladenen Sonnenteilchen und kosmischer Strahlung schützt, bedeutet eine Abnahme dieses Schutzes wohl mehr genetische Mutationen und Krebserkrankungen. Diese Risiken würden durch ein zeitweise instabiles Magnetfeld noch gesteigert. „Wir sollten stärker darüber nachdenken, welche biologischen Effekte zu erwarten sind“, so Renne.
Vor der letzten Umpolung dauerte die Phase des instabilen Magnetfelds mehr als 6000 Jahre, stellten die Forscher den Angaben nach fest. In dieser Zeitspanne sei die Stärke des Felds zwei Mal für etwa 2000 Jahre sehr niedrig gewesen. Der tatsächliche Polwechsel sei schließlich am Ende der zweiten Niedrigphase geschehen. Die Wissenschaftler erhoffen sich aus den Daten Erkenntnisse über den Umpolungsvorgang. Ob wir uns am Beginn einer neuen Phase der Instabilität befinden ist unklar.