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Worin steckt das Geheimnis der Kurzschläfer?
Baku, den 22. August (AZERTAG). Warum genügen einigen Menschen fünf Stunden Schlaf? Die Erbgutanalyse von Zwillingen zeigt, dass unser Bedarf an Schlaf in den Genen liegt.
Da würde mancher gerne tauschen: Forscher haben eine Genveränderung entdeckt, die dafür sorgt, dass einige Menschen schon nach fünf Stunden Schlaf wieder fit sind und sich gut konzentrieren können. Offenbar nutzen die Kurzschläfer ihre Ruhephasen besonders effektiv.
Die meisten Menschen brauchen mindestens sechs Stunden Schlaf pro Nacht. Bekommen sie die nicht, können körperliche oder psychologische Probleme die Folge sein, vor allem, wenn sich der Schlafmangel über längere Zeit hinzieht. Der Grund: Im Schlaf verarbeitet der Körper Erlebtes, und er repariert Schäden, die jeden Tag in den Zellen entstehen, etwa bei deren Teilung.
Fit trotz Schlafentzug
Die Gene und das natürliche Schlafbedürfnis von 100 Zwillingspaaren testeten Forscher um Renata Pellegrino vom Children's Hospital in Philadelphia. Die Untersuchung zeigte, dass Kandidaten mit einer bestimmten Veränderung auf einem Gen mit dem Namen BHLHE41 durchschnittlich fünf Stunden schliefen. Ihre Zwillingspartner, die die Genveränderung nicht trugen, brauchten über eine Stunde mehr.
Außerdem wurden die Testpersonen 38 Stunden unter Schlafentzug gesetzt. In dieser Zeit mussten sie einen Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungstest machen. Die Kandidaten mit der Genveränderung machten 40 Prozent weniger Fehler als ihre Zwillingspartner. Zusätzlich erholten sie sich schneller vom Schlafentzug: Sie blieben nach der Wachphase acht Stunden im Bett, während ihre Zwillingspartner neuneinhalb Stunden schliefen, bis sie sich wieder fit fühlten.
Offenbar nutzen die Kurzschläfer die Ruhephasen effektiver, berichten die Forscher im Fachmagazin „Sleep“: Die Tiefschlafphase der Kurzschläfer war genauso lang, wie die der Probanden aus der Vergleichsgruppe. Dafür war die Schlafphase verkürzt, in der unser Körper relativ aktiv ist. In dieser Zeit nehmen Herzfrequenz und Atmung zu, der Blutdruck steigt, und die Augenlider flackern. An Träume aus dieser Phase kann man sich besonders häufig erinnern.
Nach Angaben der Forscher ist es die zweite Studie, die einen Zusammenhang zwischen Mutationen auf dem BHLHE41-Gen und der Schlafdauer nahelegt. Zuvor hatten Wissenschaftler bei einer Familie mit Kurzschläfern, die nur sechs Stunden Schlaf pro Nacht benötigten, andere Veränderungen auf dem gleichen Gen entdeckt und mit dem Schlafbedürfnis in Verbindung gebracht.
„Die Studie unterstreicht, dass unser Bedürfnis nach Schlaf biologisch begründet ist und nicht durch persönliche Präferenzen“, kommentiert Timothy Morgenthaler von der American Academy of Sleep Medicine in einer Mitteilung. Die Gesellschaft empfiehlt Erwachsenen zwischen sieben und neun Stunden Schlaf pro Nacht, weist aber auch darauf hin, dass das Schlafbedürfnis zwischen Individuen deutlich schwanken kann.
Wichtig für einen gesunden Schlaf ist vor allem, dass er einigermaßen regelmäßig stattfindet. Schichtarbeiter oder Menschen, die häufig durch die Zeitzonen jetten, laufen Gefahr, die Reparaturmechnismen ihres Körpers durcheinanderzubringen. Sie sind entsprechend anfälliger für Herzinfarkte, Schlaganfälle, Übergewicht und Diabetes. Die Uhrzeit des Schlafengehens dagegen hat keinen Einfluss auf die Qualität des Schlafs, solange es im Schlafzimmer dunkel, ruhig und nicht zu warm ist.