WELT
"Pompeji ist eine Stadt, aber es ist eine Ruinenstadt"
Baku, 23. Dezember, AZERTAC
105 Millionen Euro der EU sollten die zerfallende Ruinenstadt Pompeji bei Neapel retten. Doch das Geld wird nicht ausgegeben. Was ist da los?
Jahrelang stürzten in Pompeji Ruinen und manchmal ganze Gebäude ein. Als Ende 2010 das weltbekannte "Haus der Gladiatoren" nach schweren Regenfällen zusammenbrach, folgte ein Aufschrei über die Grenzen Italiens hinaus. Mit Folgen: 2013 stellte die EU-Kommission 105 Millionen Euro bereit, um bis Ende 2015 den Verfall zu stoppen.
Jahr für Jahr besuchen Millionen von Touristen das 66 Hektar große Gelände. Doch Pompeji wurde sich selbst überlassen. Inkompetenz, Bürokratie, die Mafia, politisches Desinteresse und Touristenmassen setzten nicht nur den alten Mauern zu, sondern auch dem Image Pompejis.
"The Great Pompeii Project" sollte das mithilfe massiver finanzieller Mittel ändern. Bis Ende 2015 müssten - so forderte die EU - die Mittel aufgebraucht und die Restaurierung des 66 Hektar großen Areals beendet sein. Doch auch das ist gescheitert.
"Herausragende Fortschritte" - Die EU-Gelder wurden speziellen Projekten zugeteilt, die Ausschreibungszeit für die Vergabe der Restaurierungsaufträge wurde von einem Jahr auf weniger als einen Monat verkürzt. Dennoch werden die Restaurateure bis zum 31. Dezember 2015 nur 40 Millionen der 105 Millionen Euro verwenden - zum Unmut der EU.
Die Projektleiter hoffen, dass noch ein Weg gefunden wird, das Projekt um einige Jahre zu verlängern. "Wir sind zuversichtlich, dass wir die Sache positiv lösen können", erklärt Carabiniere-General Giovanni Nistri, der als Chefmanager für die Finanzen zuständig ist. Auch die Unesco hat nach einem Besuch mitgeteilt, dass "herausragende Fortschritte" gemacht worden seien.
Überall wird gewerkelt und repariert. Unter anderem ist ein neues Abflusssystem installiert worden, das künftig bei Regen Probleme mit den Fundamenten vermeiden soll. Sechs frisch restaurierte Häuser sollen am Donnerstag bei einer Zeremonie mit Ministerpräsident Matteo Renzi wieder der Öffentlichkeit übergeben werden.
"Pompeji ist eine Stadt, aber es ist eine Ruinenstadt", sagt der zuständige Superintendent und archäologische Leiter, Massimo Osanna. "Ruinen sind dazu verdammt, zu zerfallen. Unser Job ist es, eine tote Stadt am Leben zu erhalten." Weitere Einstürze könne er deshalb nicht ausschließen, gerade jetzt, wo die Bauarbeiten in vollem Gange seien.
Einmaliger Ort - Auch Experten von der Unesco machen sich Sorgen, dass die erfreulichen Entwicklungen auf Dauer nicht aufrechtzuerhalten sind. Die Uno-Behörde forderte die Regierung in Rom auf, zumindest für die "vorhersehbare Zukunft" genügend Personal und Gelder zur Verfügung zu stellen, um die einzigartigen Monumente einer längst vergangenen Zeit auch noch für die nächsten Generationen zu erhalten.
Die Stätte wurde 79 nach Christus konserviert, als Pompeji bei einem Ausbruch des Vulkans Vesuv verschüttetet wurde. Der Großteil der 20.000 Bewohner starb in der Katastrophe vor fast 2000 Jahren unter einer Schicht aus Lava, Schlamm und Asche.
Erst im 18. Jahrhundert wurden Spuren der vergessenen Stadt entdeckt - und zahlreiche Abdrücke von Menschen, noch in der Position, in der sie beim Vesuv-Ausbruch um ihr Leben gerungen hatten. Eine einmalige Entdeckung, ein einmaliger Ort.