GESELLSCHAFT
Internationaler Tag der Erinnerung an Sklavenhandel und dessen Abschaffung
Baku, 23. August, AZERTAC
Der 23. August ist der Internationale Tag der Erinnerung an den Sklavenhandel und seine Abschaffung. Er wurde von der UNESCO ausgerufen und wird seit 1998 begangen. Im Jahr 2021 waren laut des Global Slavery Index (GSI) der Menschenrechtsorganisation Walk Free 50 Millionen Menschen Opfer von sogenannter moderner Sklaverei. Von diesen 50 Millionen Menschen wurden ca. 28 Millionen in Zwangsarbeit und 22 Millionen in Zwangsehen ausgebeutet. Nach den Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), Walk Free und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) ist die Anzahl der Menschen in sklavereiähnlichen Verhältnissen seit 2016 somit um 10 Millionen angestiegen. Faktoren wie durch den Klimawandel bedingte Umweltzerstörungen, Kriege und Konflikte, verstärkte Migrationsbewegungen, weltweite Einschränkungen der Frauenrechte und die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie seien unter anderem Grund dafür, dass die Zahl gestiegen ist, wie AZERTAC unter Berufung auf bpb.de berichtete.
Einzelne Staaten hatten Sklaverei schon im Laufe des 19. Jahrhunderts oder bereits zuvor durch nationale Gesetzgebung verboten, so wurde im 13. Verfassungszusatz der USA die Sklavenhaltung 1865 im gesamten Geltungsbereich abgeschafft. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen hat Sklaverei vor knapp75 Jahren im Dezember 1948 verboten. Auch laut Artikel 4 der Externer Europäischen Menschenrechtskonvention darf niemand in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden, und niemand darf – bis auf wenige Ausnahmen – gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten. Dennoch bestehen systematische Entrechtung und körperliche Ausbeutung für viele Menschen fort. Die Bezeichnung "Moderne Sklaverei" markiert diese Entwicklung.
Moderne Sklaverei wird laut Expertinnen und Experten durch Faktoren wie "Kontrolle durch Gewalt, Verlust des freien Willens und wirtschaftliche Ausbeutung" und als "soziale Marginalisierung" gefasst. Der GSI spricht von Menschenhandel, Sklaverei beziehungsweise sklavereiähnlichen Praktiken und Zwangsarbeit. Hierfür spielen heute moderne Infrastrukturen eine Rolle: So begünstigen globale Lieferketten und der Import von Gütern, wie zum Beispiel Elektronik, Bekleidung und seltene Erden, Zwangsarbeit. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte definiert moderne Formen der Sklaverei nicht mehr zwingend als Praxis, in der Menschen als Eigentum anderer Menschen gelten. Er wies bereits 2014 darauf hin, dass es sich bei Artikel vier 4 der Europäischen Menschenrechtskonvention um ein lebendiges Instrument handelt, das immer wieder neu interpretiert werden muss, gerade angesichts der höheren Standards des Schutzes der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
Sklaverei, Leibeigenschaft, Knechtschaft und Zwangsarbeit - Sklaverei in seiner ursprünglichen Definition ist ein Herrschaftsverhältnis, bei dem Menschen als Eigentum anderer angesehen und behandelt werden. Davon zu unterscheiden ist die Leibeigenschaft, bei der der Leibherr zwar weitreichende Verfügungsbefugnisse über den oder die Leibeigene hat, ihn oder sie jedoch nicht besitzt. Die Schuldknechtschaft wiederum wird als sklavereiähnliches Abhängigkeitsverhältnis beschrieben, dessen Dauer und Art der Gläubiger willkürlich bestimmt. Als Sicherheit für einen Kredit stellt dabei der Schuldner seine Arbeitskraft zur Verfügung.
Schließlich gibt es noch den Begriff der Zwangsarbeit. Diese kann, muss aber nicht notwendigerweise in Sklaverei stattfinden. Als Zwangsarbeit gilt, wenn eine Person unter Androhung von Strafe eine Arbeit verrichten muss, für die sie sich nicht frei entschieden hat. Die :ILO stuft Menschenhandel weiterhin als Zwangsarbeit ein, da dieser auf Ausbeutung zielt. Laut der Europäischen Menschenrechtskonvention dürfen etwa Inhaftierte im Strafvollzug zur Arbeit gezwungen werden.
Historischer Hintergrund: Der Transatlantische Sklavenhandel - Dokumentierte Sklaverei und Sklavenhandel haben eine tausende Jahre zurückreichende Geschichte in verschiedenen Regionen und Herrschaftsgebieten, häufig im Kontext von Kriegsgefangenschaft, Zwangsarbeit und der gezielten Ausbeutung speziell von Frauen. Mit dem europäischen Kolonialismus entwickelte sich ab dem 16. Jahrhundert der Transatlantische Sklavenhandel. Im sogenannten Dreieckshandel fuhren Schiffe mit Waren an die Küste Westafrikas, um sie dort gegen Menschen einzutauschen. Diese wurden nach Amerika gebracht und dort verkauft, Familien wurden willkürlich auseinandergerissen. Von dort aus fuhren Schiffe zurück nach Europa, beladen mit Produkten wie Zucker, Kaffee oder Baumwolle, die durch Sklavenarbeit geerntet oder hergestellt worden waren.
Die verschleppten Menschen, zuvor beispielsweise Goldschmiede, Bauern und Händler von Beruf, galten nun als Eigentum der europäischen Sklavenhändler. Während der wochenlangen Überfahrt nach Nord- und Südamerika wurden sie meist unter Deck angekettet; viele starben an Krankheiten oder nahmen sich das Leben. Die UNESCO schätzt, dass allein im Transatlantischen Sklavenhandel schätzungsweise 17 Millionen Menschen aus Afrika versklavt wurden. Andere Zahlen gehen von 12 Millionen Menschen aus. Das Land, in das die meisten Menschen gebracht wurden, war Brasilien.
Im europäischen Kolonialismus herrschten zudem rassistische und sozialdarwinistische Theorien vor, durch die vermeintliche intellektuelle und kulturelle Unterlegenheit afrikanischer Menschen legitimierten die europäischen Kolonialherrscher ihre Taten.