AMTLICHE CHRONIK
Präsident Ilham Aliyev im Interview mit lokalen Fernsehsendern AKTUALISIERT-3 VIDEO
Baku, 8. Januar, AZERTAC
Der Präsident der Republik Aserbaidschan, Ilham Aliyev, hat am Dienstag, dem 7. Januar den lokalen Fernsehsendern ein Interview gegeben.
AZERTAC präsentiert das Interview.
Vusal Matlab, Aserbaidschanischer Fernsehsender: "Schön, Sie zu sehen, Herr Präsident." Zunächst einmal möchten wir Ihnen für dieses Interviewformat danken, das bereits zur Tradition geworden ist. Denn es gibt uns die Möglichkeit, Ihre Meinung zu Themen von öffentlichem Interesse im Detail zu erfahren. Wir sind dankbar für die nächste solche Gelegenheit.
Ich möchte mit den Ergebnissen des Jahres 2024 beginnen. Was kann man über die Indikatoren der sozioökonomischen Ergebnisse des Jahres 2024 sagen und welche Prognosen bilden diese Indikatoren als Grundlage für das Jahr 2025?
Präsident Ilham Aliyev: Auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung war das vergangene Jahr ein erfolgreiches Jahr. Die aserbaidschanische Wirtschaft hat sich entwickelt. Ich glaube, dass das Entwicklungstempo, wenn wir die heutige Welt im Allgemeinen betrachten, als positiv angesehen werden kann. Das Bruttoinlandsprodukt ist um mehr als 4 Prozent gestiegen. "Tatsächlich ist für uns der Hauptindikator die Entwicklung des Nicht-Ölsektors, da wir in letzter Zeit, wie Sie wissen, mit einem Rückgang der Ölproduktion konfrontiert waren. Ich glaube, dass dieser Rückgang durch Verhandlungen und Bemühungen gestoppt wird und die Ölgewinnung stabil bleibt. Somit wird der Rückgang der Ölförderung keine negativen Auswirkungen mehr auf das Bruttoinlandsprodukt haben. Wenn wir uns also die allgemeinen Wirtschaftsindikatoren ansehen, berücksichtigen wir zunächst die Parameter des Nicht-Öl-Sektors. Auch hier war die Entwicklung erfolgreicher, da sie um mehr als 6 Prozent gestiegen ist. Wenn man bedenkt, dass eines unserer Hauptziele für die wirtschaftliche Entwicklung seit vielen Jahren darin besteht, die Industrieproduktion zu steigern, ist das Wachstum im Nicht-Öl-Industriesektor sogar noch höher. Es liegt bei mehr als 7 Prozent. Wenn wir uns das Wachstumstempo der Weltwirtschaft und die Entwicklung bzw. Rezession der entwickelten Länder ansehen, werden wir feststellen, dass sich die Wirtschaft Aserbaidschans erfolgreich entwickelt hat. Natürlich basiert dies auf einer ausgewogenen Politik.
Diese Indikatoren sind nicht einfach nur das Produkt des letzten Jahres. Als Ergebnis langjähriger Wirtschaftsreformen, Transparenz, Bekämpfung der Monopole, Anziehung von Investitionen und Verbesserung des Investitionsklimas sehen wir eine positive Veränderung in der Haltung führender internationaler Ratingagenturen gegenüber Aserbaidschan. Das heißt, sie können die Realitäten nicht leugnen. Allerdings glaube ich, dass unser internationales Rating ein höheres Niveau als bisher verdient, und aus bestimmten Gründen verfolgen die führenden Ratingagenturen immer noch einen bescheideneren Ansatz. Das heißt, all dies deutet darauf hin, dass es uns gelungen ist, eine nachhaltige Entwicklung im wirtschaftlichen Bereich zu erreichen, und ich bin mir sicher, dass diese Dynamik in diesem Jahr und in den kommenden Jahren anhalten wird.
Was unsere finanzielle Lage betrifft, konnten wir im vergangenen Jahr unsere finanzielle Situation deutlich verbessern und unsere Reserven erhöhen. Obwohl der Haushalt des letzten Jahres auf einem Rekordniveau lag und viele soziale Programme umgesetzt wurden, wurden große Mittel für den Wiederaufbau von Karabach bereitgestellt. Trotzdem haben wir die Optimierung so organisiert, dass unsere Devisenreserven noch stärker gestiegen sind. Im Laufe des Jahres sind unsere Devisenreserven um mehr als 5 Milliarden Dollar gestiegen, und heute beträgt diese Zahl 72 Milliarden Dollar. Dies ist ein sehr großer Indikator für ein Land mit 10 Millionen Einwohnern. Denn alles wird im Vergleich gemessen. Die Berechnung der weltweiten Währungsreserven sollte natürlich auf den Reserven pro Kopf basieren, und nach diesem Kriterium gehört Aserbaidschan zu den führenden Ländern der Welt.
Der zweite wichtige Indikator ist das Verhältnis des Bruttoinlandsprodukts zur Auslandsverschuldung. Ich glaube, dass wir auch hier zu den führenden Ländern der Welt gehören. Denn unsere Auslandsverschuldung beträgt nur 7,2 Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts. Zum Vergleich kann ich sagen, dass sie in den meisten Industrieländern bei über 100 Prozent liegt, und der Wert von 7,2 Prozent ist ein wirklich großartiges Ergebnis. Deshalb glaube ich, dass internationale Ratingagenturen gegenüber Aserbaidschan eine fairere Haltung einnehmen sollten. Natürlich ist auch der Vergleich der Devisenreserven mit der Auslandsverschuldung einer der wichtigen Faktoren. Auch hier übersteigen unsere Devisenreserven unsere Auslandsverschuldung um das 14-Fache. Das heißt, wenn mir jemand ein zweites solches Land zeigt – wir sprechen von Industrieländern –, wenn mir jemand diese Zahlen vorlegen kann, wäre ich sicherlich dankbar. Aber unter den Industrieländern gibt es keine derartigen Analogien. Mit anderen Worten, all dies gibt Anlass zu der Annahme, dass die Wirtschaft stabil ist, auf eigenen Ressourcen aufbaut und keine Außenfinanzierung benötigt. Allerdings haben wir jetzt begonnen, Anstrengungen zu unternehmen, um unsere Auslandsschulden leicht zu erhöhen. Sie könnten bis zu einem gewissen Grad steigen, denn sie sind deutlich zurückgegangen. Vor fünf Jahren, als unsere Auslandsschulden bei etwa 20 Prozent lagen, also bei etwa zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts, habe ich mir zum Ziel gesetzt, sie auf 10 Prozent zu senken. "Jetzt beträgt es 7,2 Prozent. Was wird uns externe Finanzierung bringen? Angesichts der Tatsache, dass das Land viele ernsthafte investitionsintensive Probleme hat, wird dies die Belastung des Haushalts etwas verringern. Da zudem ein Rückzahlungsplan für unsere Auslandsschulden festgelegt wurde, die heute 5,2 Milliarden Dollar betragen, werden diese Schulden in den kommenden Jahren weiter sinken. Daher kann die Beschaffung zusätzlicher finanzieller Mittel als zweckmäßig betrachtet werden, und die Regierung hat bereits begonnen, in dieser Richtung zu arbeiten. Ich habe die entsprechenden Anweisungen gegeben.
Natürlich spiegeln die Haushaltsparameter auch das wirtschaftliche Potenzial jedes Landes wider: sowohl die Parameter als auch die Dynamik. Das diesjährige Budget ist auf Rekordhöhe. Die Haushaltsausgaben übersteigen 41 Milliarden Manat. Das Gesamthaushaltsvolumen liegt bei über 48 Milliarden Manat. Noch nie in der Geschichte Aserbaidschans gab es ein so großes Budget. Wenn ich all diese Faktoren aufzähle, möchte ich erneut zeigen, dass wir diese Ergebnisse ausschließlich durch eigene Ressourcen, als Ergebnis von Transparenz, guter Regierungsführung und drastischen wirtschaftlichen Maßnahmen erreicht haben. Ich habe dies mehrfach betont, und ich denke, mittlerweile sehen alle, dass die politische Unabhängigkeit eines jeden Landes von seiner wirtschaftlichen Unabhängigkeit abhängt. Wenn man in wirtschaftlichen und finanziellen Angelegenheiten von niemandem abhängig ist, kann man eine unabhängige Politik führen. Es gibt natürlich viele weitere Parameter, aber dies sind die wichtigsten wirtschaftlichen Faktoren. Natürlich gibt uns dies die Möglichkeit, soziale Programme aktiver umzusetzen.
Wie Sie vielleicht wissen, wurde ab dem 1. Januar dieses Jahres der Mindestlohn um 55 Manat auf 400 Manat erhöht. Die Mindestrente wurde von 280 Manat auf 320 Manat erhöht. Der durchschnittliche Anstieg beträgt etwa 14-15 Prozent. Für ein Land, das so große Investitionen tätigt und eine so große Aufgabe wie den Wiederaufbau von Karabach vor sich hat, zeigt die Aufmerksamkeit für diesen Bereich natürlich das Wesen unserer Politik. Mit anderen Worten: Die Bürger Aserbaidschans sollten von Jahr zu Jahr besser leben können. Wenn wir diesen Anstieg mit der Inflationsrate vergleichen, die im letzten Jahr etwas mehr als 2 Prozent betrug, ist dieser Anstieg eine weitere Unterstützung der Regierung für die schutzbedürftige Schicht der Bevölkerung. Alles sollte gerecht sein – in der Gesellschaft, in der Politik und in der Familie. Die Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit waren für uns immer von großer Bedeutung. Sobald sich die Möglichkeit bot, haben wir zuerst diesem Bereich Aufmerksamkeit geschenkt. In den letzten Jahren wurden vier Sozialpakete umgesetzt, und es wurden mehr als 7 Milliarden Manat dafür ausgegeben. Auch künftig werden soziale und wirtschaftliche Entwicklung Hand in Hand gehen. Nach zunehmenden Wirtschaftsmöglichkeiten werden wir der Lösung sozialer Fragen, der Erhöhung von Mindestlöhnen, Pensionen und Sozialleistungen stets Aufmerksamkeit schenken.
Guy Shawn, AnewZ Sender: Herr Präsident, vielen Dank, dass Sie mit AnewZ sprechen, einem internationalen Sender, der auf Englisch sendet. Ich möchte mich besonders dafür bedanken, dass Sie sich bereit erklärt haben, heute auf Englisch für unsere Zuschauer zu sprechen.
Ich möchte Sie über die COP29 befragen. Fast die ganze Welt hat sich in Baku versammelt. Es gab viele schwierige Verhandlungen. Es gab jedoch auch auffällige Abwesenheiten – der Präsident Frankreichs und die Präsidentin der Europäischen Kommission haben nicht teilgenommen. Trotzdem wurde eine Einigung erzielt. Könnten Sie Ihre Meinung zu Fortschritten bei dieser Veranstaltung äußern und auch dazu, was dieses Jahr und darüber hinaus getan werden muss, um diese Dynamik weiterzuentwickeln?
Präsident Ilham Aliyev: Ja, die Klimakonferenz COP29 war eine große Herausforderung für uns und natürlich auch eine große Chance. Unsere Aufgabe war es, die Herausforderung in einen Erfolg umzuwandeln. Natürlich war uns klar, dass Aserbaidschan, da es kein großer Emittent von Treibhausgasen ist, keine entscheidende Rolle bei der Vereinigung der Welt spielen kann. Aber wir dachten, dass unsere Erfahrungen mit internationalen Institutionen und unsere diversifizierte Außenpolitik uns helfen würden, Brücken zu bauen.
Sobald wir im Dezember 2023 mit der Ausrichtung der COP29 beauftragt wurden, haben wir begonnen, uns intensiv mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Offen gesagt, waren wir zuvor nicht sehr aktiv an diesem Prozess beteiligt. Sie sehen, dass eines der Haupthindernisse für den Erfolg das fehlende Vertrauen zwischen dem globalen Süden und dem globalen Norden ist – zwischen den Ländern, die die größten Umweltverschmutzer sind, wenn ich sie so nennen darf, und denen, die davon betroffen sind. Wir haben ein Ungleichgewicht festgestellt: Die Länder, die von einer existenziellen Bedrohung durch den Klimawandel betroffen sind, haben ihre Treibhausgasemissionen unter 0,1 %, stehen aber dennoch vor massiven Bedrohungen. Ihr Leben, ihre Zukunft und die gesamte Existenz dieser Länder, insbesondere der kleinen Inselstaaten, stehen auf dem Spiel.
Auf diese Art und Weise begannen wir mit der Vorbereitung für diesen Prozess und führten eine aktive Arbeit im Rahmen des globalen Südens. Wir waren vier Jahre lang Vorsitzender in der Bewegung der Blockfreien Staaten. Es war ein großer Erfolg und unser Vorsitz wurde durch einstimmigen Beschluss der Mitgliedsstaaten um ein weiteres Jahr verlängert. Gleichzeitig ist Aserbaidschan aktiv in der europäischen Politik engagiert und hat strategische Partnerschaftserklärungen und -abkommen mit zehn EU-Mitgliedsstaaten unterzeichnet oder angenommen. Wir dachten also, das könnte gut funktionieren.
Wir haben sofort mit der Arbeit begonnen. Unser Ansatz konzentrierte sich hauptsächlich auf zwei Schwerpunkte: Vorbereitung und Inhalt. Auf beiden Wegen gab es viele Hindernisse und Herausforderungen. Doch ich denke, die Endergebnisse zeigen, dass es eine Erfolgsgeschichte war.
Die Vorbereitung war eine große Herausforderung, denn im Gegensatz zu früheren Klimakonferenzen hatten wir keine zwei Jahre, sondern nur elf Monate Zeit. Wir mussten all diese großartigen Anlagen im Stadion und in der Umgebung bauen – fast 200.000 Quadratmeter überdachter Raum – und alle waren mit der organisatorischen Seite zufrieden.
Es ging jedoch nicht nur darum, den Veranstaltungsort zu schaffen, sondern auch um Logistik, Transport, Unterkünfte, die Zertifizierung unserer Hotels und die Suche nach zusätzlichen Unterbringungsmöglichkeiten für Gäste, da wir nicht über genügend Zimmer verfügen. Insgesamt hatten wir 76.000 registrierte Teilnehmer aus 197 Ländern.
Ein weiteres Problem, mit dem wir nicht gerechnet hatten, waren Versuche, die COP29 aus politischen Gründen zu boykottieren, was sehr unerwartet war. Ich glaube nicht, dass irgendein anderes Land, das dieses Ereignis ausgerichtet hat, auf einen solchen Widerstand gestoßen ist. Aber wir haben es geschafft, auch damit umzugehen. Der Boykott ist gescheitert. Obwohl, wie Sie erwähnt haben, einige Länder, insbesondere Frankreich, alles in ihrer Macht Stehende getan haben, um die Veranstaltung in Misskredit zu bringen. Ich habe von meinen Amtskollegen erfahren, dass der französische Präsident persönlich viele von ihnen kontaktiert hat, um sie davon abzuhalten, nach Baku zu kommen. Selbst solche Mittel wurden eingesetzt, um die Teilnahme von Führungspersönlichkeiten zu verhindern. Aber auch das ist gescheitert. Achtzig Staats- und Regierungschefs kamen nach Baku. Das hat einmal mehr gezeigt, dass Aserbaidschan als verlässlicher Partner angesehen wird.
Was die Nichtteilnahme der Präsidentin der Europäischen Kommission betrifft, so war dies meines Wissens die erste COP, bei der die Präsidentin der Europäischen Kommission nicht teilnahm, obwohl ihre Teilnahme ein paar Monate zuvor bestätigt wurde. Sogar auf Initiative der Europäischen Kommission war eine Sondersitzung geplant, um das Thema des Green-Cable-Projekts mit der Teilnahme der Leader von Aserbaidschan, Georgien, Ungarn und Rumänien zu behandeln – den Ländern, die daran beteiligt sind. Wieder war es die Europäische Kommission, die dieses Ereignis vorgeschlagen hatte, und wir haben einen Platz dafür gefunden, obwohl der Zeitplan sehr eng war. Doch die “Last-Minute-Absage“ des Besuchs war eine Überraschung.
Ich weiß, dass das Organisationskomitee der COP29 mit der Europäischen Kommission kommuniziert hat und darauf hingewiesen hat, dass die COP zwei Wochen dauert und es daher ausreichend Zeit gab, daran teilzunehmen. Übrigens kam der Generalsekretär der Vereinten Nationen zweimal: zur Eröffnung und zum Abschluss. Doch diese Botschaft wurde von der Europäischen Kommission ignoriert. Natürlich hat die Abwesenheit der Europäischen Kommission der COP29 keinen Schaden zugefügt, aber ihre Abwesenheit, obwohl sie eine Vertragspartei der COP ist, wirft selbstverständlich viele Fragen auf.
Nichtsdestotrotz war die Veranstaltung aus organisatorischer Sicht definitiv eine Erfolgsgeschichte. Ich habe bereits einmal gesagt, dass wir nur zehn Beschwerden erhalten haben, die sofort bearbeitet wurden.
Was die Ergebnisse betrifft, so bezeichnen viele – und ich stimme dem zu – die COP29 als “Baku-Durchbruch“, da sich die Vertragsparteien fast zehn Jahre lang nicht auf den Kohlenstoffmarkt einigen konnten. Bereits in den ersten Tagen der COP wurde ein Erfolg erzielt: eine Einigung über den Kohlenstoffmarkt gemäß Artikel 6 des Pariser Abkommens. Das war ein großer Erfolg, und alle waren damit zufrieden. Was fast ein Jahrzehnt nicht möglich war, wurde in Baku erzielt.
Natürlich war die Finanzierung ein zentrales Thema, denn die Hauptdiskussionen der COP drehten sich um die Finanzen. Ich weiß, dass viele die Erwartung hatten, dass eine Billion Dollar bereitgestellt werden würde, aber das war absolut unrealistisch. Was jedoch erreicht wurde, war eine Verdreifachung der Finanzmittel für die kommenden Jahre. Vor der COP29 lag die zuletzt vereinbarte Summe bei 100 Milliarden USD. In Baku haben wir diese auf 300 Milliarden USD erhöht. Wenn jemand sagt, dass dies ein Misserfolg war, ist das schlichtweg nicht fair. Es war ein echter Erfolg und auch ein Erbe, das für die Zukunft genutzt wird. Es gab viele weitere wichtige Initiativen. Insgesamt 14 Initiativen wurden von Aserbaidschan ergriffen. Ich möchte nicht alle erwähnen, aber es zeigt, dass wir dieses Thema sehr ernst genommen haben. Ein weiteres Erbe, das, wie ich sicher bin, auch bei zukünftigen COPs erhalten bleiben wird, ist die Schaffung der Troika zwischen dem aktuellen, dem vorherigen und dem zukünftigen Gastgeberland. So war es organisiert. Dies schafft Synergie, da wir unseren Erfolg auf den Erfolgen in den VAE, insbesondere der COP28, aufgebaut haben. Wir haben ihre Erfahrungen genutzt. Ich hoffe, dass die COP in Brasilien in diesem Jahr ihre Erfolgsgeschichte auf den Erfolgen der VAE und Aserbaidschans aufbauen wird.
Natürlich passt unsere grüne Agenda, ein weiteres Thema, absolut zur globalen grünen Agenda und zur grünen Transformation. Ich denke, wir haben bereits viel erreicht, und in naher Zukunft werden viele weitere Projekte umgesetzt.
Ich würde es daher erneut als einen sehr großen Erfolg bezeichnen. Ein wichtiger Faktor für uns war auch die Präsentation unseres Landes. In unserer Region hat es noch nie etwas Vergleichbares gegeben. Noch nie haben sich so viele Gäste an einem Ort in unserer Region versammelt. Es war also auch eine Landespräsentation, und alle, die ich getroffen habe – viele von ihnen, insbesondere diejenigen, die zum ersten Mal bei uns waren – sagten, sie seien beeindruckt von dem, was sie gesehen haben.
Denn der Mangel an Informationen über Aserbaidschan und auch die gezielte Fehlinformation über unser Land haben tatsächlich die Meinung vieler Menschen beeinflusst. Wenn sie dann nach Aserbaidschan kommen, sehen sie eine lebendige Gesellschaft, gebildete Menschen, geschultes Personal, die Schönheit der Stadt und den vollständigen Komfort der Gesellschaft. Das hinterlässt natürlich einen Eindruck.
Wir hatten unterschiedliche Ziele, und alle wurden erreicht. Ein weiterer Erfolg für Aserbaidschan.
Nigar Sabirgizi, Öffentliche Rundfunk- und Fernsehanstalt: Herr Präsident, Sie haben über COP29 gesprochen. Natürlich war COP29 ein Zeichen für internationalen Ruf Aserbaidschans. Meine Frage betrifft ebenfalls den Platz Aserbaidschans in der internationalen Gemeinschaft. Es ist bekannt, dass unser Land eng mit einer Reihe internationaler Organisationen zusammenarbeitet, Mitglied dieser Organisationen ist und dieser Prozess fortgesetzt wird. Kürzlich, am Ende des letzten Jahres, am 19. Dezember, wurde Aserbaidschan in eine weitere einflussreiche Organisation, die D8, aufgenommen. Diese Organisation hat sich nach fast 30 Jahren erstmals erweitert, und Aserbaidschan wurde aufgenommen. Was bedeutet die Mitgliedschaft in der D8 für Aserbaidschan im Hinblick auf seinen Platz im politischen System der Welt? Ich möchte fragen, was dies für Aserbaidschan bedeutet und welche Perspektiven unserem Land öffnen?
Präsident Ilham Aliyev: Dies war ein weiterer erfolgreicher Schritt für uns. Denn die Aufnahme Aserbaidschans in diese Organisation zeigt erneut das Prestige unseres Landes. Sie wissen sehr gut, dass diese Organisation vor fast 30 Jahren auf Initiative der Türkei gegründet wurde und aus acht Ländern bestand. In all diesen Jahren wurden keine weiteren Mitglieder aufgenommen. Aserbaidschan war das erste Mitglied, das nach dem ersten Erweiterungsbeschluss aufgenommen wurde. Natürlich zeigt dies das Prestige unseres Landes sowie unsere Rolle auf der internationalen Bühne.
Die D8 ist die größte Organisation, die muslimische Länder vereint. Sie ist eine Organisation mit einer Einwohnerzahl von mehr als einer Milliarde Menschen und macht 60 Prozent der Wirtschaft der muslimischen Länder aus. Wenn wir das Bruttoinlandsprodukt dieser Organisation betrachten, so übersteigt es 5 Billionen Dollar. Es gibt etwa 60 muslimische Länder auf der Welt, und Aserbaidschan wurde als neues Mitglied gewählt. Das ist natürlich sowohl eine große Ehre als auch eine große Verantwortung für uns. Alle notwendigen Anweisungen wurden bereits gegeben, damit Aserbaidschan in dieser Organisation aktiv sein und seinen Beitrag leisten kann.
Es war die Türkei, die unsere Kandidatur von Anfang an unterstützt hat. Auf Einladung von Präsident Recep Tayyip Erdogan habe ich vor etwa sieben oder acht Jahren einmal als Gast am D8-Gipfel in der Türkei teilgenommen. Seitdem stand die Frage der Mitgliedschaft Aserbaidschans auf der Tagesordnung. Aber natürlich musste ein Konsens unter allen Mitgliedsländern erzielt werden, und schließlich wurde dieser Konsens erreicht.
Wir werden natürlich in engerem Kontakt mit den Mitgliedstaaten stehen. Allerdings haben wir bereits sehr enge Beziehungen zu allen Mitgliedstaaten. Wir betrachten diese Entscheidung nach wie vor als Anerkennung unserer Erfolge. Ich wiederhole, dies ist nur der erste Schritt in dieser Richtung. Die Hauptfrage wird sich auf künftige Aktivitäten der D8 beziehen. Natürlich haben wir eigene Ideen und unsere eigene Agenda. Wir werden ständig in Kontakt mit den Mitgliedstaaten stehen und unsere Vorschläge unterbreiten. Ich halte es für durchaus realistisch, dass die D8 als Organisation großen Einfluss haben wird. Ich glaube, dass die Erweiterung bereits begonnen hat, und sie wird nicht auf Aserbaidschan beschränkt sein; möglicherweise werden auch andere Länder eingeladen. Diese Fragen werden natürlich auf der Grundlage eines Konsenses behandelt.
Aserbaidschan war immer ein wichtiges Mitglied der muslimischen Welt. Wenn man auf die Aussagen der Leader der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIZ) achtet, wird man sehen, dass diese Organisation, die alle muslimischen Länder vereint, zu jeder Zeit eine sehr positive Meinung über Aserbaidschan hatte. Wir haben konsequente Schritte in Bezug auf die muslimische Solidarität unternommen, einschließlich des Respekts für die islamische Religion in Aserbaidschan, der interreligiösen Beziehungen und der Ausrichtung vieler Veranstaltungen, einschließlich der vierten Islamischen Spiele der Solidarität. Wir verteidigen immer die Interessen der muslimischen Länder in allen internationalen Organisationen, einschließlich der UNO. In allen Organisationen, in denen eine Wahl für eine Führungsposition stattfindet und ein Vertreter eines muslimischen Landes dort ist, stimmen wir automatisch für diesen Vertreter. Das heißt, das war meine Anweisung, und sobald die Anweisung erteilt wird, wird sie, wie ich wiederhole, automatisch umgesetzt. Wir haben vielen muslimischen Ländern geholfen. Wir prahlen nicht damit, und wenn wir helfen, sprechen wir nicht viel darüber. Aber selbst die Informationen, die in den Medien verfügbar sind, reichen aus, um zu sagen, dass wir in diesem Bereich sehr aktiv sind, sowohl während der COVID-Pandemie als auch in anderen Angelegenheiten. Wir standen an vorderster Front in der Abwendung der Katastrophe, mit der das palästinensische Volk konfrontiert ist. Nach dem Zusammenbruch des Assad-Regimes in Syrien und der Bildung einer neuen Regierung wurde Aserbaidschan nach der Türkei das zweite Land, das humanitäre Hilfe dorthin leistete, und wir sind bereit, jede andere Hilfe zu leisten. Zu diesem Zweck besuchte kürzlich eine Delegation des aserbaidschanischen Außenministeriums Syrien.
Wir betrachten die Interessen aller muslimischen Länder als unsere eigenen, was wahrscheinlich der Grund dafür ist, dass Aserbaidschan nach der Entscheidung zur Erweiterung der D8 die erste Wahl war. Natürlich wurden auch das wirtschaftliche Potenzial unseres Landes, das politische Gewicht und die militärische Stärke berücksichtigt. Unsere Politik der islamischen Solidarität, die ich erwähnte, wurde ebenfalls berücksichtigt. Gleichzeitig erweitert diese Organisation ihre geografische Reichweite. Die D8 hat sich bereits auf den Kaukasus und die Kaspische Region ausgedehnt, und je weiter unsere geografische Reichweite, desto größer sind unsere Möglichkeiten.
Es ist mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass sich eine neue Weltordnung etabliert. Ich glaube, dass wir am Anfang dieses Prozesses stehen. Viele Lücken entstehen und werden entstehen.
Der aserbaidschanische Staatschef erklärte, dass das Potenzial des nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffene System bereits erschöpft wirkt. Dies zeigen Prozesse, Konflikte, Kriege und andere Ereignisse, die an vielen Orten stattfinden. Gleichzeitig ist auch die politische und moralische Krise in den führenden westlichen Ländern offensichtlich. Derjenige, der die heutige Situation, mit der der Westen konfrontiert ist, am meisten kritisiert, ist zu Recht der gewählte Präsident eines führenden westlichen Landes. Denn dieses System ist schon erschöpft. Ich bin nicht derjenige, der das sagt. Das sagt Herr Trump, der in wenigen Tagen Präsident der USA wird. Natürlich werden sich diese Lücken weiter vergrößern, und es ist notwendig, dass ein neuer Akteur, ein neuer ernsthafter Spieler mit einer ernsthaften Agenda, auftaucht. Zum Beispiel glauben wir, dass die Organisation der Türkischen Staaten ein ernsthaftes Machtzentrum im globalen Maßstab werden kann. Denn sie verfügt über eine riesige Geografie, menschliche Ressourcen, natürliche Ressourcen, Transport und Kommunikation sowie Einheit. Ich glaube auch, dass die D8 diese Lücke füllen kann. Ich wiederhole, mehr als 1 Milliarde, vielleicht 1,3 Milliarden Menschen leben in diesen Ländern. 60 Prozent der Wirtschaft der muslimischen Länder befinden sich in der D8, und 60 Prozent der Bevölkerung leben ebenfalls in den D8-Ländern. Daher ist dies eine Chance. Wir dürfen diese Chance nicht verpassen, wir dürfen keine Zeit verschwenden, und wir treten mit dieser Agenda dieser Organisation bei. Ich glaube, dass unsere Ideen und Vorschläge sorgfältig geprüft werden.
Nigar Sabirgizi: Vielen Dank.
Sanan Rzayev, CBC TV: Herr Präsident, unser Kanal sendet auf Russisch. Mit Ihrer Erlaubnis würde ich die Frage auf Russisch stellen.
Präsident Ilham Aliyev: Bitte, stellen Sie Ihre Frage.
Sanan Rzayev: Herr Präsident, wenn wir über das vergangene Jahr sprechen, war eines der markanten Ereignisse die Befreiung von vier Dörfern des Bezirks Gazach aus der armenischen Besatzung. Es ist bemerkenswert, dass dies, sozusagen, als Ergebnis einer gewissen Form des Dialogs zwischen Jerewan und Baku geschah. Darüber hinaus war es in derselben Region möglich, innerhalb kurzer Zeit die Delimitation und Demarkation eines bestimmten Abschnitts der Staatsgrenze zu erreichen, was eigentlich überraschend war. Ich möchte Ihre Meinung wissen. Was halten Sie für den Schlüssel zum Erfolg? Was hat dies möglich gemacht? Welche Faktoren haben dies ermöglicht? Denn schließlich haben wir eine sehr komplizierte Geschichte der Beziehungen mit Armenien, um es milde auszudrücken, und plötzlich gab es dieses Ergebnis.
Präsident Ilham Aliyev: Ich würde sagen, dass dies eher das Ergebnis eines Monologs als eines Dialogs war. Denn es ist klar, dass der Dialog mit Armenien seit Jahrzehnten gescheitert ist. Die Besatzungspolitik Armeniens ließ keinen Platz für einen Dialog, und sie nutzten das Verhandlungsformat als Deckmantel, um ihre Besatzung fortzusetzen. Und die Informationen, die kürzlich in den Medien verbreitet wurden, insbesondere die faschistischen Aussagen des ersten Präsidenten Armeniens, bestätigen erneut, was wir schon lange im Grunde wussten, dass Armenien nicht die Absicht hatte, auch nur einen Zentimeter aserbaidschanisches Territorium zurückzugeben. Sie fühlten sich recht wohl, da sie dachten, dass sie Milliarden von Dollar an freien Waffen von einem Verbündeten und politische sowie moralische Unterstützung von den anderen beiden erhielten. Somit standen alle drei Co-Vorsitzenden der OSZE-Minsk-Gruppe während der Zeit, für die ich verantwortlich bin, eindeutig auf der Seite des Besatzers. Ich sage Ihnen dies als jemand, der seit 2004 Verhandlungen im Rahmen der Minsk-Gruppe führt und sich oft mit dieser „Troika“ getroffen hat. Daher konnten wir natürlich nicht erwarten, diese Gebiete durch Dialog zurückzugewinnen. Ebenso wenig konnten wir erwarten, unsere territoriale Integrität durch Dialog wiederherzustellen.
Ich denke, es gab mehrere Faktoren, die dazu geführt haben, dass Armenien diese Dörfer freiwillig, naja, sagen wir freiwillig und auch unter Druck, zurückgegeben hat. Der erste Faktor ist der Vaterländische Krieg und seine Ergebnisse. Der zweite ist der Antiterroreinsatz. Ich denke, dass dies alle Illusionen der armenischen Führung vollständig zerstört haben sollte, dass jemand gemeinsam mit ihnen gegen Aserbaidschan auftreten würde. Meine letzte Forderung bezüglich der vier Dörfer im Gazach Distrikt wurde dem armenischen Ministerpräsidenten fast vor einem Jahr, im Februar des letzten Jahres, vorgelegt. Dieses Thema war immer auf der Agenda, seit dem Ende des Zweiten Karabach-Kriegs. Davor hatte es keinen Sinn, darüber zu sprechen, weil das Hauptproblem der Besatzung nicht gelöst war. Aber sobald die trilaterale Erklärung unterzeichnet wurde, oder besser gesagt sogar noch bevor sie unterzeichnet wurde, war dieses Thema ständig auf der Agenda. Ich werde Ihnen mehr sagen – wir haben auch das Thema der besetzten Dörfer im Gazach-Distrikt im Rahmen der Vereinbarung der Bedingungen für den Abschluss der trilateralen Erklärung angesprochen. Zu diesem Zeitpunkt konnte es aus bestimmten Gründen nicht umgesetzt werden, aber wir wussten, dass wir es auf jeden Fall erreichen würden – genauso wie wir wussten, dass wir die vollständige Kontrolle über alle Gebiete wiedererlangen würden. Denn die Erklärung vom 10. November 2020 hat das Problem der Besatzung nicht vollständig gelöst, wie wir alle sehr gut wissen. Daher haben wir mit einer strategisch festen Logik gehandelt und Schritte konsequent, zielgerichtet und beharrlich unternommen. Der Vaterländische Krieg, eine gewisse Klarstellung der bedingten Grenze zwischen Aserbaidschan und Armenien, der Antiterroreinsatz und die vier Dörfer des Gazach-Distrikts. Eines von ihnen wurde 1990 während der Sowjetunion besetzt, während die anderen drei im Frühjahr 1992 besetzt wurden. Also wurde dieses Thema im Februar letzten Jahres bei einem Treffen mit dem armenischen Premierminister in München in Form eines Monologs angesprochen. Ich freue mich, dass wir nicht auf andere Methoden zurückgreifen mussten, um diese Dörfer zurückzugewinnen. Ich denke, dass die Lehren der letzten vier Jahre von der armenischen Seite berücksichtigt werden, obwohl sie noch nicht vollständig verinnerlicht wurden. Daher denke ich, dass dies ein guter erster Schritt nicht nur bei der Delimitation, sondern auch bei der Demarkation der Grenze ist, was ich für eine einzigartige Situation halte, in der Delimitation und Demarkation fast gleichzeitig stattfinden.
Also haben wir in dieser Angelegenheit Gerechtigkeit erlangt und unsere Territorien zurückgewonnen. Ich habe bereits vor langer Zeit eine Gruppe von Spezialisten in diese Dörfer geschickt. Es gibt dort ein Problem der Nähe zu armenischen Siedlungen und bestimmte Bedrohungen im Falle einer Eskalation, deshalb habe ich darum gebeten, den sichersten Ort für den Bau von Wohnhäusern für die Bewohner dieser Dörfer zu identifizieren, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Denn bei einem so aggressiven Nachbarn sollten wir in erster Linie an die Sicherheit unserer Bevölkerung denken.
Ich denke also, dass der Prozess so transparent wie möglich war. Er wurde auch von Armeniens neuen Schutzmächten positiv aufgenommen, da auch der Demarkierungsprozess stattgefunden hat. Und natürlich sollte dies einen Impuls für die Klärung des gesamten Grenzperimeters geben. Das Protokoll, das zwischen den armenischen und aserbaidschanischen Kommissionen zur Delimitation und Demarkation vereinbart wurde, besagt, dass viele Faktoren bei der Klärung der Grenze berücksichtigt werden sollten: Sicherheit, Kommunikation, Siedlungen, historische Faktoren, Umweltfaktoren usw. Das heißt, die bestehende bedingte Grenze zwischen Armenien und Aserbaidschan ist kein Dogma, und unsere Position war immer, dass sie unter Berücksichtigung dieser und vieler anderer Faktoren, die ich genannt habe, geklärt werden muss. Soweit ich weiß, haben wir in diesem Monat zumindest diese Initiative vorgelegt, dass das nächste Treffen der aserbaidschanischen und armenischen Kommissionen für Delimitation stattfinden sollte, um den Delimitationsprozess fortzusetzen. Wir haben unseren Ansatz zur Methodik vorgelegt, und die mündliche Antwort, die uns übermittelt wurde, zeigt, dass es von ihrer Seite keine besonderen Einwände gibt. Also warten wir ab und sehen, was passiert.
Vafa Aghabalayeva, REAL TV: Herr Präsident, die Stärkung Aserbaidschans als unabhängiger Staat ruft immer mehr Wut und Ärger bei seinen Feinden und Konkurrenten hervor. Wir wurden davon durch Ihre Kommentare weiter überzeugt. Die von westlichen Kreisen durchgeführten Prozesse kann man in der aktuellen Phase wohl als eine Art ‚Kalter Krieg‘ bezeichnen. Meine Frage betrifft den neuen Staatshaushalt von Aserbaidschan. Konkret geht es um die Mittel, die für militärischen Bereich und Sicherheitsfragen bereitgestellt werden. Erst gestern feuerten armenische Einheiten erneut auf das aserbaidschanische Territorium. Dies ist eine weitere Provokation. Wie werden diese neuen Ausgaben und die Mittel, die für Sicherheitsfragen bereitgestellt werden, dazu beitragen, revanchistische Tendenzen bei unseren westlichen Nachbarn zu verhindern, insbesondere im Hinblick auf Änderungen ihrer Verfassung und das Aufgeben von Ansprüchen auf die Territorien ihrer Nachbarn?
Präsident Ilham Aliyev: Ja, Sie haben völlig recht. Ich habe bereits gesagt, dass die Ergebnisse des Zweiten Karabach-Krieges und der Anti-Terror-Operationen in Armenien sehr ernst genommen werden sollten. Die fortlaufende Aufrüstung Armeniens ist natürlich ein neuer Bedrohungsfaktor für den Südkaukasus. Ich habe dies bereits gesagt und möchte es noch einmal betonen: Wir können dies nicht einfach als Beobachter betrachten und nichts tun. Ich habe der armenischen Führung auch mehrfach gesagt, dass dies eine neue Bedrohung darstellen könnte. Gleichzeitig werden diejenigen, die heute hinter Armenien zu stehen scheinen und sie zu neuen Provokationen und Sabotagen gegen Aserbaidschan anstiften, höchstwahrscheinlich nicht bis zum Ende hinter ihnen stehen. So wie sie es 2020 und darüber hinaus nicht getan haben. Nicht, weil sie nicht wollen, sondern weil Aserbaidschan einfach diese Möglichkeiten nicht zulassen wird. Daher wird ein erheblicher Teil des Staatshaushalts Aserbaidschans für Sicherheit und Verteidigung ausgegeben. Ich habe das schon einmal gesagt: Wir geben 4 Milliarden Manat für den Wiederaufbau von Karabach und Ost-Zangezur aus und 8,4 Milliarden Manat für die Lösung von militärischen und sicherheitspolitischen Problemen. Es hätte völlig anders sein können. Denn das Wettrüsten Armeniens zwingt uns, finanzielle Mittel für militärische Fragen jenseits der Hauptausgaben bereitzustellen. Ich habe auch gesagt, dass Armenien mit uns im Wettrüsten nicht konkurrieren kann. Hier muss auch betont werden, dass diese Waffen Armenien entweder kostenlos oder in Form von Krediten zur Verfügung gestellt werden. Diese Kredite werden nach einer bestimmten Zeit auch abgeschrieben, und zwar auch von der sogenannten Europäischen Friedensfazilität, weil die Friedensfazilität eigentlich für Friedenszwecke genutzt werden sollte. Ihre Friedensfazilität zielt jedoch auf Aufrüstung ab. Die erste Zahlung wurde von dort geleistet, und laut den uns vorliegenden Informationen war dies nicht die letzte Zahlung.
Ein weiteres beunruhigendes Faktum ist, dass im April des letzten Jahres zum ersten Mal in der Geschichte eine sehr seltsame Kooperationsplattform geschaffen wurde – die USA, die Europäische Union und Armenien. Wie Sie wissen, trafen sich der US-Außenminister, der Präsident der Europäischen Kommission, der Außenminister und der Premierminister von Armenien in Brüssel und erzielten eine Vereinbarung über eine neue Kooperation. Nach Informationen, die uns vorliegen, beinhaltete die Vereinbarung vor diesem Treffen auch eine militärische Komponente, die nachträglich offiziell entfernt wurde, aber de facto bleibt sie bestehen. Dies schloss tatsächlich sowohl die Europäische Kommission als auch die Vereinigten Staaten von Amerika aus dem Normalisierungsprozess zwischen Aserbaidschan und Armenien aus. Wir haben sie bereits darüber informiert. Wenn eine Partei für Partei nimmt, kann sie kein fairer Vermittler sein. Deshalb blieb die Anfrage des US-Außenministers letzten Monat in der Luft hängen, und Aserbaidschan stimmte einem trilateralen Treffen nicht zu. Außerdem, wie Sie wissen, wurden viele Treffen in Brüssel auf Initiative des EU-Ratspräsidenten abgehalten. Dies wurde nun ebenfalls abgebrochen. Wir treten für ein bilaterales Verhandlungsformat ein, und Aserbaidschan wird als Partei dieses Themas auf unserem Standpunkt beharren.
Die Aufrüstung Armeniens wird einfach zu neuen Spannungen führen. Das wollen wir nicht. Wir wollen Frieden. Wir wollen, dass die Seite des Kriegs umgedreht wird. Doch wir sehen, dass sowohl Armenien selbst als auch seine neuen Gönner dies nicht wollen. Sie leben mit Rachegedanken, und Armenien stellt faktisch eine Bedrohung für die Region dar. Der unabhängige armenische Staat ist eigentlich ein faschistischer Staat, weil dieses Land fast 30 Jahre lang von Befürwortern der faschistischen Ideologie regiert wurde, und sie dieses Land genauso gestaltet, wie sie selbst sind. Schauen Sie sich nun die rassistischen und faschistischen Aussagen des ersten Präsidenten Armeniens an – sie sind so hässlich wie sie gefährlich sind. Er stellt ethnische Säuberung als Quelle des Stolzes dar und prahlt mit der Vertreibung der Aserbaidschaner aus ihren historischen Heimatländern. Dieses Video, wie man so sagt, wurde jetzt veröffentlicht. Aber natürlich wussten sie das in Armenien. Armeniens Verbündete und Unterstützer wussten es natürlich und teilten diese Ansichten. Die 30-jährige Besatzungspolitik gegen uns ist nicht einfach ein Produkt Armeniens, sondern ein gemeinsames Produkt islamophober, aserbaidschanophober, rassistischer, xenophober Kreise und Vertreter fremder Länder, die mit ihnen solidarisch sind. Wir sind Nachbarn mit einem solchen faschistischen Staat, und der Faschismus droht. Daher muss der Faschismus zerstört werden. Entweder wird die armenische Führung ihn zerstören oder wir werden es tun. Wir haben keinen anderen Ausweg. Wieder einmal: 30 Jahre Besatzung, das Leid unseres Volkes, der Völkermord von Chodschali, das verwüstete und zerstörte Karabach – all dies liegt vor unseren Augen. Wer kann garantieren, dass dies nicht wiederkommt? Niemand! Denn die ersten drei Führer Armeniens sind Befürworter der faschistischen Ideologie. Der derzeitige Führer Armeniens, wie ich sagte, möchte sich jetzt in eine Friedenstaube verwandeln. Aber schauen Sie, niemand möchte sich jetzt an seine Reden von 2018-2019 erinnern. Sogar seine Freunde in Frankreich wollen sich nicht davon distanzieren. Diese Ideologie lebt also dort, und ihre Träger sind nicht nur die derzeitige armenische Opposition, sondern auch die armenische Regierung. Ich möchte noch einmal sagen, dass wir dies nicht einfach als Beobachter ansehen können. Armenien muss sofort mit der Aufrüstung aufhören. Frankreich und andere Länder, die es mit Waffen versorgen, müssen diese Verträge kündigen und annullieren. Die Waffen, die bereits an Armenien geliefert wurden, müssen zurückgeliefert werden. Das ist unsere Bedingung. Lassen Sie sie es nehmen, wie sie wollen. Ich gebe mein Wort, sie wissen es, und diejenigen, die hinter ihnen stehen, wissen, dass wenn wir etwas sagen, wir dieses Thema bereits sehr ernst nehmen.
Ich hoffe, dass alle unsere Bedingungen für einen Friedensvertrag angenommen werden. Denn in diesen Bedingungen gibt es keine außergewöhnlichen Punkte. Die Abschaffung der Minsk-Gruppe, die Änderung der Verfassung – ohne diese ist ein Friedensvertrag unmöglich. Wenn Armenien keinen Friedensvertrag braucht, brauchen wir ihn auch nicht. Wir können leben und unsere eigene Politik führen, ohne ihn zu unterzeichnen. Mit anderen Worten, ich würde der armenischen Seite weiterhin raten, alles abzuwägen, einschließlich der geopolitischen Veränderungen in der Welt. Ihre engen Freunde werden schamhaft aus der politischen Bühne entfernt. Gestern kam die Nachricht, dass Herr Trudeau, ein enger Freund Armeniens und Paschinyans, ebenfalls zurücktreten musste. Dieses Land, das während und nach dem Zweiten Karabach-Krieg sehr antiaserbaidschanisch war, ist nicht weit von Frankreich entfernt. Was ist derzeit auf der politischen Bühne in Frankreich los? Das kann jeder sehen. Gestern machte der französische Präsident weitere absurde Anschuldigungen gegen Aserbaidschan. Es scheint, dass Herr Macron ohne Aserbaidschan nicht leben kann. Er hat irgendeine Art von Manie und will all seine Sünden auf uns schieben. Ich denke, wenn wir so stark geworden sind, dass wir in die inneren Angelegenheiten Frankreichs eingreifen und etwas verändern können, können wir einfach stolz darauf sein. Tatsächlich ist diese Aussage ein Eingeständnis seiner eigenen Hilflosigkeit. Ein Präsident eines großen Staates leidet unter den Aktionen eines Landes mit einer Bevölkerung von 10 Millionen, das weit entfernt im Kaukasus liegt. Wir haben jedoch nichts mit den inneren Angelegenheiten Frankreichs zu tun. Kurz gesagt, dies wurde durch falsche Ansätze und inadäquate Politik herbeigeführt. Mit anderen Worten, Armenien sollte dies sehr ernst nehmen. Die Soros-Ära ist auch in Amerika vorbei. Die Biden-Administration wurde tatsächlich nach der Soros-Methode geführt. Es ist kein Zufall, dass eine der letzten Entscheidungen von Biden war, Soros die höchste Auszeichnung Amerikas zu verleihen. Mit anderen Worten, diese Soros-Unterstützer verlieren tatsächlich ihre Positionen. Die armenische Führung sollte dies berücksichtigen.
Sie müssen auch bedenken, dass ihr enger Verbündeter im Nahen Osten, das Assad-Regime, bereits auf dem Müllhaufen der Geschichte gelandet ist und dies weitergehen wird. Daher sollten sie die richtigen Schritte unternehmen. Wir, Aserbaidschan, stellen keine Gefahr für sie dar. Wir möchten, dass im Südkaukasus Frieden und Zusammenarbeit herrschen und sie uns nicht behindern. Sie sollten nicht als geografische Barriere zwischen der Türkei und Aserbaidschan agieren. Der Zangezur-Korridor muss eröffnet werden und wird eröffnet werden. Je früher sie dies verstehen, desto besser. Warum sollten wir über andere Wege nach Nachitschewan, einen integralen Teil Aserbaidschans, reisen müssen? Wir sollten eine direkte Verbindung haben, und diese Verbindung stellt die Souveränität Armeniens nicht in Frage. Kurz gesagt, sie sollten die Bestimmungen der Erklärung vom 10. November erfüllen. Alles ist dort ausdrücklich festgelegt. Wir haben mehr als vier Jahre Geduld gezeigt. Mehr als vier Jahre wollten wir, dass dies durch Verhandlungen gelöst wird. Wie lange müssen wir noch warten und warum sollten wir warten? Mit anderen Worten, sie sollten all dies berücksichtigen. Ich habe einmal gesagt, dass sie uns nicht verärgern sollten und verstehen sollten, dass wir hier das Sagen haben und dass Aserbaidschan die führende Wirtschaft, die führende Militärmacht und der führende Staat im Südkaukasus ist. In der heutigen Welt steht der Machtfaktor im Vordergrund und niemand sollte das vergessen.
Vusal Matlab: Als Fortsetzung zu Ansichten, die Sie gerade geäußert haben, möchte ich fragen: Die von Armenien entfesselte Rüstungswettlauf und seine intensive Bewaffnung durch einige Länder und Kräfte stellen zweifellos ernsthafte Bedrohungen für die Sicherheit der Region dar. Aber uns beschäftigt und beunruhigt auch eine andere Frage – die Frage der Großen Rückkehr und der Wiederaufbauarbeiten. Wird dieser Prozess unsere Große Rückkehr behindern oder verzögern?
Präsident Ilham Aliyev: Natürlich behindert es in gewissem Maße den Prozess. Denn es werden viele Mittel für militärischen Bereich und Sicherheitsfragen bereitgestellt. Wäre die armenische Aufrüstungsstrategie nicht, dann könnte ich sagen, dass nicht 8,4 Milliarden, sondern 4 Milliarden Manat für militärischen Bereich und Sicherheitsfragen ausgereicht hätten, wenn wir nicht mit einer potenziellen Bedrohung konfrontiert wären. Daher würde natürlich ein Teil dieses Geldes in den Wiederaufbau von Karabach, ein Teil in die Entwicklung anderer Regionen und ein Teil in soziale Programme fließen. Dennoch ist der Wiederaufbau von Karabach und Ost-Zangezur zusammen mit dem militärischen Bereich eine unserer wichtigsten Prioritäten. Nächstes Jahr werden mindestens 4 Milliarden Manat bereitgestellt. Aber ich denke, wir können noch mehr Mittel mobilisieren. Wir haben in drei Jahren geschafft, ehemaligen Binnenvertriebenen in 10 Siedlungen eine Unterkunft zu verschaffen. Mehr als zehntausend Vertriebene wurden bereits mit Wohnraum versorgt und leben dort. Insgesamt leben etwa 30.000 Menschen dort und arbeiten in verschiedenen Bereichen, in der Bauwirtschaft, im Staatsdienst und anderen Bereichen.
Für dieses Jahr planen wir, ehemaligen Binnenvertriebene in etwa 20 weitere Siedlungen eine Unterkunft zu verschaffen. Die Namen dieser Städte und Dörfer wurden bereits ausgewählt, und die Projekte werden umgesetzt. In vielen Dörfern und Städten laufen derzeit Bauarbeiten, und bis Ende dieses Jahres werden ehemalige Binnenvertriebene in etwa 30 Siedlungen angesiedelt sein. Wahrscheinlich werden die wichtigsten Infrastrukturprojekte in ein bis zwei Jahren abgeschlossen sein. Die meisten Mittel fließen in diese Projekte. Denn es werden mehr als 60 Kilometer Tunnel, Brücken, Kraftwerke und Staudämme gebaut. Wir haben bereits mehr als 30 Wasserkraftwerke dort in Betrieb genommen und Eisenbahnen gebaut. All dies stellt die Hauptfinanzlast dar. In etwa zwei bis drei Jahren werden die Hauptinfrastrukturprojekte abgeschlossen sein, und dann wird noch mehr in den Bau von Wohnhäusern investiert. Aber wenn wir die Weltgeschichte betrachten, werden wir sehen, dass kein Land, das unter Besatzung und Zerstörung gelitten hat, seine Gebiete in diesem Tempo und mit dieser Qualität wiederaufgebaut hat. Wir zeigen hier sowohl Professionalität als auch einen sehr ernsthaften Ansatz. Es geht nicht nur um finanzielle Mittel. Das heißt, Ressourcen können vorhanden sein, aber es wird auch menschliches Potenzial benötigt. In den letzten Jahren haben wir große Investitionen in die Ausbildung von Fachkräften getätigt, und unsere technischen Möglichkeiten sind ebenfalls umfassend. Der Großteil der Arbeiten, die dort durchgeführt werden, wird von aserbaidschanischen Unternehmen ausgeführt. Türkische Unternehmen stehen an zweiter Stelle. Sie sind im Wesentlichen an Projekten für Tunnel, Brücken und Eisenbahnen beteiligt. Wir haben also sehr ernstes technisches Potenzial, menschliches Potenzial, finanzielle Ressourcen und eine gut ausgewogene Politik. Ich muss auch darauf hinweisen, dass die Planung und der Bau aller Siedlungen den höchsten Standards entsprechen. Jetzt können Sie sich jede Siedlung ansehen und sehen, wie komfortabel die Häuser sind, ob es sich um Wohnungen oder Einfamilienhäuser handelt, zusammen mit der gesamten Infrastruktur und den Arbeitsplätzen. Zwei Industrieparks sind bereits in Betrieb. Die Produkte des Industrieparks, der in der Stadt Aghdam gebaut wurde, jetzt ins Ausland exportiert werden. Die Stadt wurde zerstört, aber Industrieunternehmen sind bereits hier tätig und exportieren seine Produkte ins Ausland.
Ich habe direkt nach dem Krieg gesagt, dass wir Karabach in ein Paradies verwandeln würden. Tatsächlich ist dieser Ort bereits aufgrund seiner natürlichen Gegebenheiten und Schönheit ein Paradies. Aber mit moderner Infrastruktur, Wohngebieten, Arbeitsplätzen und Komfort wird dieser Ort wirklich zu einem der schönsten Orte der Welt. Dies ist ein sehr großes Gebiet. Sowohl Karabach als auch Ost-Zangezur und gleichzeitig die Autonome Republik Nachitschewan, die nicht weit entfernt ist, sollten aus wirtschaftlicher, sozialer, grüner Energie- und Sicherheitssicht zu einem einzigen großen Raum werden, während diese drei Regionen in unserer Geographie liegen. Gleichzeitig entwickeln sich diese historisch miteinander verbundenen Regionen derzeit auf der Grundlage eines einheitlichen Konzepts. Zum Beispiel beginnen wir in diesem Jahr auch mit der Erarbeitung der Masterpläne für die Städte Nachitschewan und Ordubad. In den kommenden Jahren werden wir mit der Erarbeitung der Masterpläne für andere Städte in der Autonomen Republik Nachitschewan beginnen. Alle Siedlungen in Karabach und Ost-Zangezur werden nach einem einzigen Masterplan gebaut. Dies wird als Beispiel dienen. Dann werden wir dieses Konzept auch in anderen Regionen unseres Landes umsetzen. Daher werden die Projekte für Verwaltung, Infrastruktur und grüne Energie dort das ganze Land abdecken. Das sind unsere Pläne. Ich kann natürlich mehr ins Detail gehen, aber aufgrund der Zeitbegrenzung werde ich mich darauf beschränken, allgemeine Zahlen zu nennen. Aber ich denke, dass der aserbaidschanische Fernsehsender und andere Medien die Prozesse, die dort stattfinden, ausreichend beleuchten. Natürlich möchte ich, dass sie dies noch mehr tun. Denn dort verändert sich jeden Tag etwas, es wird jeden Tag etwas gebaut, und jede Woche kehren ehemalige Binnenvertriebene dorthin zurück. Daher wird es umso besser sein, je mehr unsere Medien sich für die in dieser Region laufenden Prozesse interessieren und über diese Prozesse berichten.
Sanan Rzayev: Herr Präsident, dies ist eine teilweise Fortsetzung des Themas, das von den Kollegen angesprochen wurde und was Sie über Frankreich gesagt haben. Es gibt dort wirklich eine merkwürdige und erstaunliche Situation. Die Rede des Präsidenten von Frankreich, von der Sie sprechen, wenn man sie ganz kurz zusammenfasst, scheint es wirklich so, als ob alle Probleme Frankreichs auf Aserbaidschan zurückzuführen sind. Das ist erstaunlich. Daher möchte ich ein paar Fragen stellen. Erstens, als Staatsoberhaupt, in Anbetracht dessen, was in den letzten Jahren in den aserbaidschanisch-französischen Beziehungen passiert ist, haben wir das Limit der Verschlechterung dieser Beziehungen erreicht oder wird es noch mehr geben? Das ist die erste Frage. Die zweite Frage: Ich möchte, dass Sie uns das etwas breiter erklären. Sie sprachen über die Reaktionen des französischen Präsidenten. Sehen Sie, das mag ein wenig seltsam klingen, einen persönlichen Faktor in dieser Angelegenheit, vielleicht persönliche Reflexionen des französischen Präsidenten in Bezug auf Aserbaidschan? Denn, wie Sie wissen, ist manchmal nicht ganz klar, was Frankreich aus dieser Situation für sich selbst zieht. Und die letzte Frage: Da die Geschichte der aserbaidschanisch-französischen Beziehungen so lang ist, gab es Höhen und Tiefen. Stimmen Sie der Meinung zu, dass Aserbaidschan in gewisser Weise zur innenpolitischen Agenda in Frankreich geworden ist? Das heißt, es scheint, dass ein französischer Politiker unbedingt seine Meinung zu Aserbaidschan äußern muss?
Präsident Ilham Aliyev: Leider ist es so. Ich werde mit der letzten Frage beginnen. Wenn es einen Konsens in den französischen politischen Kreisen gibt, dann ist es ein Konsens, der sich nur auf Aserbaidschanophobie stützt. Leider unterscheiden sich nicht nur die amtierende Regierung, sondern auch diejenigen, die Ambitionen haben, an die Macht zu kommen, nicht viel voneinander. Es reicht, an die illegalen Reisen nach Karabach zu erinnern, als dort russische Friedenstruppen stationiert waren. Das waren die Gegner des jetzigen französischen Präsidenten – der Bürgermeister von Paris, der übrigens für die Wahl kandidiert hat, die Gouverneurin der Region, in der Paris liegt, sie war ebenfalls eine Rivalin von Präsident Macron bei den Wahlen, und Herr Barnier, der kürzlich kurz als Premierminister tätig war. Auch er hat sich dort hervorgetan. Sie wollten sich also profilieren. Es fällt mir schwer zu sagen, woran genau das liegt, aber wahrscheinlich ist es eine Art Synthese. Islamophobie und Xenophobie sind im Allgemeinen charakteristische Merkmale der französischen politischen Klasse. Und nicht nur das. Übrigens auch Antisemitismus – das ist allgemein bekannt. Hinzu kommt der armenische Einfluss, die armenische Lobby, und jeder will sich vor der armenischen Gemeinde profilieren und Dividenden erzielen, sowohl jetzt als auch in der Zukunft. Und sie erkennen, dass die Macht möglicherweise nur von kurzer Dauer ist, in einigen Fällen sogar vergänglich. Daher könnte auch der Faktor eine Rolle spielen, Unterstützung für die Zukunft zu sichern und zu sagen: “Ich bin einer von euch“.
Viele, einschließlich, wie ich denke, der Führer der herrschenden Klasse, nahmen unseren Sieg 2020 als ihre eigene Niederlage wahr. Obwohl es keinen Grund gab, so zu denken. Aber aus irgendeinem Grund, wie Sie auch gesagt haben, nahmen sie es persönlich. Das sage ich basierend auf meiner Erfahrung im Umgang mit französischen Vertretern. Obwohl ich immer versucht habe, ihnen zu erklären, dass das nichts mit euch zu tun hat. Grundsätzlich hatten wir nichts gegen euch und haben nichts getan. Es war vielmehr so, dass ihr gegen uns gegangen seid. Während des 44-tägigen Krieges erinnere ich mich nicht, wie oft, sechs oder sieben Mal, bekam ich Anrufe vom französischen Präsidenten, in denen er versuchte, den Befreiungskampf zu stoppen. Danach gab es Versuche, uns zu bedrohen, es gab Drohungen, das “Berg-Karabach“ anzuerkennen. Jetzt, wo unsere Beziehungen mittlerweile auf das niedrigste Niveau gesunken sind, kann ich das sagen, aber ich antwortete, dass jedes Land, das nach November 2020 das sogenannte „Berg-Karabach“ anerkennt, sofort eine Note von uns über den Abbruch der diplomatischen Beziehungen erhalten würde. Das war meine Antwort. Und das Thema der Anerkennung des sogenannten “Berg-Karabach“ wurde sofort von der Agenda abgesetzt. Sie gingen in eine andere Richtung, erkannten es durch den Senat, durch das Parlament, dann versuchten sie sich lange Zeit damit zu entschuldigen, dass die Behörden nichts damit zu tun hätten. Insgesamt ist es eine alte Geschichte. Der zweite Faktor ist vielleicht persönlich, obwohl ich in der Politik nie irgendwelche Sympathien oder Antipathien hatte. Was ich dachte, behielt ich immer für mich und zeigte nie meine Haltung gegenüber denen, die es verdienten – ich meine negative Haltung. Ich denke, ein weiterer Faktor hier ist die politische Unreife der französischen Führung. Ich hatte die Gelegenheit, mit drei französischen Präsidenten vor Herrn Macron zu arbeiten und zu kommunizieren, und die Beziehungen zwischen unseren Ländern haben sich immer sehr erfolgreich entwickelt. Wenn man die EU-Mitgliedstaaten betrachten, waren das wahrscheinlich die engsten Beziehungen in dieser Periode vor der jetzigen Regierung – politisch, gegenseitige Besuche, wirtschaftlich und kulturell. Wir hatten Städtepartnerschaften mit 13 Städten Frankreichs. Es gab so viele kulturelle Veranstaltungen.
Aber wenn ich von politischer Unreife spreche, muss man auf die Biografien schauen – die Biografie von Präsident Chirac, seine Erfahrung in der staatlichen Arbeit, in der Regierung, in der Partei, als er eine Stadt wie Paris leitete. Die Erfahrung von Präsident Sarkozy, der ebenfalls einen langen Weg in den staatlichen Strukturen zurückgelegt hat und bis zu einem der Schlüsselminister – dem Innenminister – aufgestiegen ist, dessen Zuständigkeiten in Frankreich viel breiter sind als das, was wir unter einem Innenminister verstehen. Oder Präsident Hollande, der eine Partei leitete, ebenfalls den gesamten Weg durchlief und es schaffte, Kandidat und Präsident zu werden. Nun, und die Biografie des derzeitigen Präsidenten kann man sich ansehen, darauf möchte ich nicht weiter eingehen. Deshalb denke ich, dass es eine Überschätzung der eigenen Rolle und eine Art vollständige Identifikation des Landes mit der eigenen Person gegeben hat, was nicht passieren sollte. Das Land ist eigenständig, und der Präsident ist eigenständig. Wenn ein Land groß ist, jedes Land, dann sollte der Präsident danach streben, ihm ähnlich zu sein. Wenn ein Land rückständig ist und der Präsident in gewisser Weise fortschrittlich ist, sollte er das Land auf sein Niveau anheben. Das sind die Faktoren, denke ich. Aber nochmals, wenn es einen persönlichen Faktor gibt, wurde dieser definitiv nicht von Aserbaidschan initiiert.
Gibt es eine Grenze dafür, nicht weiter unter das Kellergeschoss zu fallen? Es ist schwer zu sagen. Ich werde Ihnen noch etwas erzählen, worüber wir im Prinzip nie gesprochen haben, aber ich denke, dass es vielleicht hilft, irgendwie aus der Krise herauszukommen. In den letzten Monaten haben wir Signale von Vertretern der französischen Regierung erhalten, Kontakte herzustellen – ich erinnere mich an drei oder vier solcher Fälle – von verschiedenen Persönlichkeiten an unsere verschiedenen Vertreter, und die Antwort lautete immer: “Wir sind bereit“. Ja, wir sind auch heute bereit, aber wir werden nirgendwo hingehen – weder nach Paris noch nach Brüssel. Wenn es notwendig ist, uns zu treffen, dann können Sie uns hier in Baku treffen. Doch an irgendeinem Punkt entsteht wieder ein Vakuum, Stille.
Kürzlich gab es eine weitere diplomatische Mitteilung, sagen wir eine verbale: um zu sprechen und zu diskutieren. Wieder sind wir bereit, wir haben nichts mit ihnen zu bestreiten, wir haben keine Ansprüche an dieses Land. Die Hauptsache ist, dass man uns in Ruhe lässt, sich nicht in unsere Angelegenheiten einmischt und sich auch nicht in die Angelegenheiten des Südkaukasus einmischt. Das ist bereits eine Forderung, die wir ziemlich deutlich artikulieren. Denn wo immer die französischen Behörden sich einmischen, scheitern sie zuerst kläglich und zweitens fädeln sie nur Intrigen ein. Nichts als Intrigen. Es hat keinen Sinn, über Afrika zu sprechen, alles ist offensichtlich, wie man so sagt. Dasselbe gilt für den Südkaukasus. In Aserbaidschan ist ihre Präsenz praktisch auf null reduziert, abgesehen von einigen Unternehmen, die langfristige Verträge haben. Und wir respektieren immer alle unsere Verpflichtungen, daher haben wir nie politische Probleme auf die Operationen von Unternehmen extrapoliert. Die französischen Unternehmen, die hier noch tätig sind, sollten nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass sie eine solche Regierung haben. Die Versuche, Georgien zu destabilisieren, sind offensichtlich. Es ist kein Geheimnis, dass es so undiplomatisch und öffentlich gemacht wurde, dass es sogar für ein Land mit solch diplomatischen Traditionen überraschend ist. Und die vollständige Kontrolle über Armenien ist ebenfalls eine Realität. Aber das wird nicht funktionieren. Jedenfalls habe ich heute ein wenig mehr preisgegeben, als ich es normalerweise tue, aber im Hinblick auf Ihre Frage und die Sorge, dass die Beziehungen nicht weiter verschlechtert werden, denke ich, dass diese neuen Informationen für alle nützlich sein werden.
Sanan Rzayev: Vielen Dank.
Nigar Sabirgizi: Herr Präsident, meine nächste Frage wird sich auf die Beziehungen zu Iran beziehen. Ich glaube, dass Ihre Ansichten zu diesem Thema für alle von Interesse sein könnten. In den letzten Jahren haben die iranisch-aserbaidschanischen Beziehungen Höhen und Tiefen erlebt. Manchmal zeigt dieses Land ein unverständliches Verhalten gegenüber Aserbaidschan, was Spannungen zwischen den beiden Ländern auslöst. Erst vor wenigen Tagen hat das Außenministerium Aserbaidschans seinen Protest gegenüber der iranischen Seite über eine weitere Manifestation dieses Verhaltens zum Ausdruck gebracht. Wie schätzen Sie den aktuellen Stand der aserbaidschanisch-iranischen Beziehungen ein und welche Politik Sie von der derzeitigen iranischen Führung in der Zukunft erwarten?
Präsident Ilham Aliyev: Es ist noch etwas früh, um darüber zu sprechen. Denn wir hatten noch keine ernsthaften Kontakte mit der derzeitigen iranischen Führung. Es gab bestimmte Kontakte zwischen Mitgliedern der Regierung. Diese betrafen eher wirtschaftliche und Transportfragen – also Themen, die grundsätzlich von unserer politischen Agenda getrennt sind. Wir mischen diese nie.
Wiederum war die Verschlechterung unserer Beziehungen zur vorherigen Regierung nicht unsere Schuld. Ich möchte einfach einige Punkte in Erinnerung rufen. Nach dem Ende des Zweiten Karabach-Krieges, als wir die visuelle Beobachtung der Latschin-Straße sicherten, begannen wir zu sehen, dass Tanklastwagen aus dem Iran regelmäßig Reisen nach Karabach aus Armenien unternahmen. Ich wies meinen Assistenten an, und er sprach telefonisch mit dem damaligen iranischen Botschafter in Aserbaidschan und bat ihn, dies zu stoppen. Wir wollten dies nicht öffentlich machen, also haben wir euch gebeten, es zu stoppen. Das ist nicht gut, wir sehen das, und das ist unser Territorium. Ihr tut hier illegale Dinge. Leider stoppte dies danach nicht und verstärkte sich nur noch. Dann, als zweiter Schritt, bestellten wir den iranischen Botschafter ins Außenministerium ein, übergaben ihm eine Protestnote und machten dies öffentlich.
Es folgten sowohl lustige als auch traurige Entwicklungen. Auf den iranischen Tanklastwagen wurden gefälschte armenische Nummernschilder aufgeklebt, als ob sie armenisch wären. Aber es waren auch persische Schriftzeichen darauf. Das hat uns sehr überrascht. Und wir begannen zu ermitteln. Wir stellten fest, dass das gleiche Nummernschild an mehreren Fahrzeugen angebracht war, d. h. die Nummer war die gleiche, aber die Fahrzeuge waren unterschiedlich. Mit anderen Worten, dieser Betrug war so schlampig, dass einem wirklich die Worte fehlen. Danach hielten wir ein Fahrzeug an, die Fahrer wurden gestoppt, und wir sahen, dass in ihren Reisedokumenten Stepanakert, Armenien, vermerkt war. Mit anderen Worten, dies war eine klare Missachtung unserer territorialen Integrität und Souveränität.
Danach begannen die bekannten Schritte zur Einschüchterung, Übungen, Erklärungen und Drohungen gegen uns. Wir ergriffen ebenfalls angemessene Schritte. Wenn Militärmanöver nahe unserer Grenze abgehalten wurden, machten wir dasselbe auf dieser Seite der aserbaidschanisch-iranischen Grenze. Mit anderen Worten, wir zeigten, dass wir vor niemandem Angst haben und dass wir auf der richtigen Seite stehen. Gleichzeitig wurde dies von einer Kampagne von Beleidigungen in der Presse begleitet. Denn anscheinend ist dies der Arbeitsstil einiger herrschender Kreise. Tatsächlich sind Beleidigungen ein Symbol der Ohnmacht. Wenn man etwas nicht erreichen kann – ich meine Leute, die unhöflich sind – greifen sie zu Beleidigungen. Derjenige, der Beleidigungen verwendet, beleidigt eigentlich sich selbst.
Dann kam die Nachricht über die Beilegung des Problems durch den Iran und andere Berichte. Dann wurde ein Terroranschlag gegen unsere Botschaft verübt, es war ein organisierter Terroranschlag. Es gab viele Faktoren, die den Schluss zuließen, dass dies so war. Erstens, etwa 40 Minuten lang näherte sich kein einziges Polizeifahrzeug dem Gebäude, obwohl dies im Zentrum der Hauptstadt geschah. Die Person, die den Terror verübte, wurde sofort am nächsten Tag für geistig krank erklärt. Allerdings dauert eine ärztliche Expertise normalerweise mehrere Tage. Diese Person erschien noch am selben Tag, an dem er den Terror verübte, in den Medien und gab Interviews. Zwei Jahre sind seit diesem Vorfall vergangen. Bis heute wurde diese Person nicht verurteilt. All dies zeigt, dass es organisiert war. Es war ein Zeichen der Schwäche, und die aserbaidschanische Seite ergriff ebenfalls angemessene Schritte. Ihr wisst, dass wir alle unsere Botschaftsangehörige zurückriefen, und erst als uns offiziell versprochen wurde – der verstorbene iranische Außenminister, Herr Abdollahian, der bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben kam, kam hierher und versprach mir, dass die Person zum Tode verurteilt würde – kehrten wir die Botschaftsangehörigen zurück. Aber sie haben uns wieder getäuscht. Denn dieses Todesurteil wurde nicht vollstreckt, der Fall wurde zurück an das Gericht geschickt, um weiter untersucht zu werden. Mit anderen Worten, dies war eine unverständliche Handlung auf staatlicher Ebene, und wir bestehen auf unseren Forderungen. Wir wissen, dass im Iran Todesurteile für weniger schwerwiegende Vergehen ausgesprochen und sofort vollstreckt werden. Aber hier, zwei Jahre später, wurde es nicht nur nicht vollstreckt, der Fall wurde tatsächlich zur weiteren Untersuchung zurückgeschickt.
Das ist die eine Seite der Frage. Es ist momentan schwierig, die Beziehungen zur neuen Regierung zu analysieren, da ich noch kein persönliches Treffen mit dem neuen Präsidenten hatte. Wenn es stattfindet und wann es stattfindet, dann werde ich darüber sprechen können.
Was die hasserfüllte Haltung von einem provinziellen Mullah gegenüber uns betrifft, so ist dies nicht das erste Mal. Dieser Mullah aus der Stadt Ardabil hat wiederholt beleidigende Ausdrücke gegen Aserbaidschan, das aserbaidschanische Volk, einschließlich mir, verwendet. Die Frage ist, wie die Person, die ihn zu diesem Posten ernannt hat, zu diesem Verhalten steht. Er ist ja nicht aus eigenem Antrieb in diese Position gekommen. Wir wissen sehr gut, wer ihn ernannt hat. Wie reagiert diese Person darauf, unterstützt sie es oder nicht? Wer wird sich bei Aserbaidschan entschuldigen? Werden sie sich entschuldigen oder nicht?
Das Bedauern in der Erklärung des iranischen Außenministeriums reicht nicht aus. Hier gab es eine klare Beleidigung: sowohl der Präsidenten der Türkei und Aserbaidschans als auch unserer Völker, und bei einer offiziellen Veranstaltung. Und nur Bedauern? Das ist natürlich inakzeptabel. Daher glauben wir, dass der Provinz-Mullah bestraft werden sollte. Wenigstens sollte er von seinem Posten entlassen und gezwungen werden, sich bei Aserbaidschan zu entschuldigen. Darum geht es.
Nigar Sabirgizi: Vielen Dank.
Guy Shawn: Herr Präsident, Aserbaidschan hat seine Gasexporte in mehrere europäische Länder, darunter nach Italien, Griechenland, Ungarn und in die Türkei gesteigert. Könnten Sie uns Ihre Vision für die Rolle Aserbaidschans bei der Sicherung der Energieversorgung Europas in der Zukunft erläutern?
Präsident Ilham Aliyev: Ja, unsere Gasexporte steigen, und wir erweitern jetzt die Geografie der Gaslieferungen durch verschiedene Infrastrukturprojekte. Das Wichtigste davon ist der Südliche Gaskorridor, aber auch durch Erweiterungen. Dank neuen Interkonnektoren, die in Europa relativ kürzlich eingeweiht wurden, ist unser Zugang zu unterschiedlichen Märkten möglich.
Wie Sie wissen, hat der russisch-ukrainische Krieg im Jahr 2022 zu Unterbrechungen russischer Gaslieferungen nach Europa geführt. Daraufhin wandte sich die Europäische Kommission an Aserbaidschan und bat uns um Unterstützung. Damals kam die Präsidentin der Europäischen Kommission nach Baku, und genau hier vor diesem Raum haben wir die Erklärung unterzeichnet. Wir sagten: “Okay, wir sind bereit, Ihnen zu helfen und unsere Gaslieferungen nach Europa zu verdoppeln.“ Zu diesem Zeitpunkt beliefen sich unsere Gaslieferungen nach Europa auf 7 Milliarden Kubikmeter.
Und wir begannen, daran zu arbeiten. Wir begannen zu investieren und nach Möglichkeiten zu suchen, unser Gas durch verschiedene Interkonnektoren zu transportieren. Seitdem ist die Anzahl der Länder in Europa, die jetzt Empfänger unseres Gases sind, gewachsen, und jetzt sind es insgesamt 10. Insgesamt sind es 12 Länder, davon 10 europäische, von denen acht Mitglieder der EU sind. Wir haben also die Geografie erweitert und das Gasvolumen vergrößert. Für viele Länder, die Mitglieder der Europäischen Union sind, deckt aserbaidschanisches Gas mittlerweile etwa die Hälfte ihres Inlandsverbrauchs. Das ist wirklich eine große Unterstützung, die wir unseren Partnern in Europa gewähren. Unsere Pläne für die Zukunft sehen vor, die Geografie unserer Gaslieferungen zu erweitern. Wir befinden uns bereits in Verhandlungen mit einigen anderen europäischen Ländern, die in der Nähe der Länder liegen, die bereits unser Gas beziehen. Ich denke, das könnte in den kommenden Jahren möglich werden.
Aber nochmal, seit 2022 bis heute hat sich dramatisch viel verändert. Denn zu dieser Zeit exportierten wir unser Gas nur nach Georgien, in die Türkei, nach Griechenland und Italien. Dann begannen wir nach Bulgarien, Ungarn, Rumänien, Serbien, Nordmazedonien, in die Slowakei, nach Kroatien und Ungarn exportieren. All dies geschah in relativ kurzer Zeit. Wir verfügen über Ressourcen, da unsere nachgewiesenen Reserven wachsen. Vor vielen Jahren wurden sie auf 2,6 Billionen Kubikmeter geschätzt, aber dank neuen Entdeckungen und weiteren erwarteten Funden wird diese Zahl steigen. In diesem Jahr hoffen wir, das erste Gas im Rahmen des “Tiefengas“-Projekts im Vorkommen Aseri-Tschirag-Gunaschli (ACG) zu fördern. Dies wird einen wesentlichen Beitrag zur gesamten Gasförderung leisten. Wir planen, mit den Partnern zusammenzuarbeiten, um die Gasgewinnung aus dem Feld “Abscheron“ von 1,5 auf 5 Milliarden Kubikmeter zu steigern, wobei wir uns darüber im Klaren sind, dass die Hauptgasquelle weiterhin Schah Denis sein wird, das so bleiben wird, wie es ist, und viele weitere vielversprechende Projekte wie Garabagh, Babek, Asiman und andere Felder werden unser Potenzial erhöhen. Also, das Hauptproblem ist jetzt, wie man neue Ziele erreicht. Dafür sollten zusätzliche Investitionen in Europa getätigt werden, um die bestehenden Interkonnektoren auszubauen oder vielleicht neue zu bauen. Selbst jetzt, mit der Abdeckung von 12 Ländern durch Pipeline-Gas, ist Aserbaidschan meiner Meinung nach eines der führenden Länder der Welt mit einer so breiten Geografie, und in Europa auch eines der führenden Länder in Bezug auf die Geografie. Denn Geografie ist genauso wichtig wie Volumen. Denn für einige Länder macht schon 1 Milliarde Kubikmeter einen großen Unterschied. Deshalb kommen wir unseren Verpflichtungen mit großer Verantwortung nach. Natürlich kann ich bei der Beantwortung dieser Frage nicht ein Thema außer Acht lassen, das ebenfalls angesprochen werden muss. Wir investieren viel und versuchen, der Europäischen Union zu helfen, mit dem Gasengpass zu beseitigen. Gleichzeitig stehen wir vor der Situation, dass europäische Banken keine Projekte im Bereich fossiler Brennstoffe mehr finanzieren. Einerseits bitten sie uns um zusätzliche Lieferungen, andererseits entziehen sie uns die notwendigen Mittel. Zum Beispiel hat die Europäische Investitionsbank die Finanzierung von Projekten im Bereich fossiler Brennstoffe vollständig eingestellt. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, soweit ich weiß, hat immer noch nur einen sehr kleinen Anteil. Wenn dies so weitergeht, wird es keine Mittel für Investitionen geben, denn in diesem Geschäft macht die Unternehmensfinanzierung etwa 30 Prozent aus, während der Rest der Mittel geliehen wird. Wo werden wir uns also Geld leihen? Oder wollen die Europäer untereinander Verbindungsleitungen bauen? Das ist ein Thema, das meiner Meinung nach angesprochen werden sollte. Ein weiteres Thema ist der Lieferzeitplan. Mit dem Übergang zu grüner Energie wird der Anteil fossiler Brennstoffe in Europa sinken. Und was wird dann passieren? Es gibt viele ungelöste Fragen, und wir arbeiten an ihnen im Rahmen regelmäßiger Konsultationen mit europäischen Offiziellen. Aber wenn die Europäische Union mehr Gas von uns braucht, dann müssen auch sie ihren Teil der Arbeit leisten. Wir erfüllen unseren Teil, und sie sollten ihren erfüllen.
Nigar Sabirgizi: Herr Präsident, Ihre Perspektive auf die Ereignisse im Nahen Osten ist interessant. Das Jahr 2024 war geprägt von Kriegen in Gaza und im Libanon, Spannungen zwischen dem Iran und Israel, dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien und dem aktuellen türkischen Einflussfaktor im Nahen Osten. In diesem Zusammenhang würde ich gerne Ihre Meinung zu den Entwicklungen in dieser Region erfahren.
Präsident Ilham Aliyev: Ja, wir freuen uns sehr, dass es Veränderungen in Syrien gegeben hat, und natürlich über die Beziehungen zwischen der Türkei und der neuen syrischen Regierung. Syrien ist ein Nachbarland der Türkei, und jedes Land möchte eine stabile Situation jenseits seiner Grenzen sehen. Insbesondere die Türkei, die unter Terrorismus, dem PKK-Terrorismus, leidet, fordert zu Recht die Zerstörung des Terrorismus auf der anderen Seite ihrer Grenzen – und erreicht dies auch. Ich habe bereits meine Ansichten über dieses Thema geäußert. Die Rolle der Türkei bei der Entwicklung Syriens ist natürlich sehr wichtig.
Nach dem Zusammenbruch des Assad-Regimes habe ich mit Präsident Recep Tayyip Erdogan telefoniert, und wir haben uns zu diesem Anlass gegenseitig gratuliert. Ich habe auch erklärt, dass wir bereit sind, an der Seite der Türkei zu stehen, und haben bereits damit begonnen. Mit Unterstützung der Türkei wurde der erste Hilfskonvoi geschickt. Denn ohne Unterstützung der Türkei, ohne ihre logistische Unterstützung, wäre dies nicht möglich gewesen. Auch die Entsendung einer Delegation unseres Außenministeriums dorthin erfolgte mit Unterstützung der Türkei.
Mit anderen Worten: Wir möchten hier unseren Beitrag leisten, um den Terrorismus zu beenden, zumindest an dieser Grenze der Türkei. Ich glaube, dies wird eine sehr ernsthafte geopolitische Änderung bewirken, die zur Schaffung von Frieden, Stabilität und Zusammenarbeit in einer großen Region führt. Natürlich darf auch an allen anderen Grenzen der Türkei keinen Platz für Terrorismus
Natürlich darf es an keiner der Grenzen der Türkei Platz für Terrorismus geben. Als Verbündeter der Türkei stehen wir in jeder Hinsicht an ihrer Seite, und die türkische Seite weiß das. Genauso wie die Türkei in jeder Hinsicht und in jeder Angelegenheit an unserer Seite steht, so stehen auch wir an ihrer Seite. Unsere Erklärung über die Allianzbeziehungen wird jeden Tag mit neuen Elementen stärker. Zurück zu der Frage, die Sie gerade über die D8 gestellt haben: Die Türkei war diejenige, die uns am meisten unterstützt hat. Die Türkei war die erste, die uns gratuliert hat. Daher ist alles, was im Interesse der Türkei liegt, auch in unserem Interesse. Unsere Sicherheit ist dieselbe, unsere Interessen sind die gleichen und unsere Zukunft ist die gleiche. Sowohl im Nahen Osten als auch in Europa – wir haben dieses Thema kurz angesprochen – entsteht eine völlig neue Situation. Ein starker türkischer Einflussfaktor wird hier eine Schlüsselrolle spielen. Wir stehen an der Seite der Türkei. Mit anderen Worten: Unsere Macht wird noch größer. Die weite geografische Region, die Europa, Asien, den Südkaukasus und das Kaspische Becken umfasst, ist bereits ein ernstzunehmender geopolitischer Faktor. Militärische Stärke, politische Macht, wirtschaftliches Potenzial, Einheit – heute ist es unmöglich, Länder zu sehen, die so eng miteinander verbunden sind wie die Türkei und Aserbaidschan.
Daher sind wir sehr hoffnungsvoll, und die Veränderungen in Syrien machen uns sehr glücklich. Zuerst für die Türkei und zweitens für uns selbst. Denn seit 12 Jahren haben wir keine Beziehungen zu Syrien. Unsere Botschaft wurde von dort abgezogen. Während der Assad-Ära stand Syrien immer auf der Seite Armeniens. Es war tatsächlich mit Armenien gegen uns vereint. Ein Blick auf die Briefe, die Paschinjan an Assad geschickt hat, sowie auf die offiziellen Delegationen – den Außenminister, den Parlamentssprecher und seinen Stellvertreter – zeigt dies. Sie betrachteten Syrien als engen Verbündeten, und das ist jetzt vorbei.
Unsere Position zur israelisch-palästinensischen Frage bleibt unverändert. Wir haben uns stets für die Zweistaatenlösung ausgesprochen. Die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates wird diesem Konflikt ein Ende setzen. Ich denke, das sollte jeder verstehen. Wie Sie wissen, unterstützen wir den palästinensischen Staat seit vielen Jahren – politisch, moralisch und materiell – und das setzt sich fort. Die palästinensische Botschaft ist seit vielen Jahren in Aserbaidschan tätig. Wir haben auch ein Vertretungsbüro in Palästina eröffnet, und natürlich gilt: Je schneller dieser Konflikt seine Lösung findet und ein Waffenstillstand in Gaza erklärt wird, desto besser wird es für alle sein.
Wir wünschen uns dies und stützen uns hier auch auf die Aktivitäten der Islamischen Liga. Denn dies ist mehr eine Angelegenheit der arabischen Welt, und die Arabische Liga ist die Organisation, die die arabische Welt repräsentiert. Welche Position sie auch immer einnimmt, wir teilen sie. Wir haben aktiv an allen Veranstaltungen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit teilgenommen und werden dies auch weiterhin tun. Mit anderen Worten: Unsere Position ist ganz klar.
Vafa Aghabalayeva: Herr Präsident, unsere Welt verändert sich, unsere Städte verändern sich, und natürlich verändert sich auch das Regierungssystem. Aserbaidschan ist ebenfalls ein Teil der Welt und bleibt natürlich nicht von diesen Prozessen ausgeschlossen. Zum Beispiel werden die Leiter der Exekutive durch besondere Vertreter des Präsidenten ersetzt, es werden Holdings gegründet, um große Organisationen von einer einzigen Plattform aus zu leiten, usw. Meine Frage bezieht sich auf Ihren Erlass. Welches Ziel verfolgt die Gründung des Aserbaidschanischen Transport- und Kommunikations-Holdings (AZCON) und welche Erwartungen haben Sie im Allgemeinen an diese Institution?
Präsident Ilham Aliyev: In den letzten Jahren wurde ein neues Management-Modell für staatliche Unternehmen entwickelt. Verwaltungsräte wurden eingerichtet, und Staatsbeamte wurden in die Positionen der Leiter dieser Verwaltungsräte berufen. Dadurch wurden die Probleme staatlicher Unternehmen vollständig offengelegt. Leider waren staatliche Unternehmen über viele Jahre hinweg nicht nur natürliche Monopole, sondern auch verlustbringende Unternehmen. Dafür gab es viele Gründe, der Hauptgrund lag jedoch in den Mängeln und Verstößen in der Unternehmensführung. Um dem ein Ende zu setzen, habe ich bereits eine Entscheidung getroffen, und ein neues Management-Modell wurde in allen Unternehmen entwickelt – es gibt nicht viele davon, etwa 10 staatliche Unternehmen – und wir haben sofort positive Auswirkungen gesehen.
Der Ölkonzern Socar, der jahrelang Verluste machte und immer wieder Anträge an den Staatshaushalt stellte, arbeitet jetzt mit Gewinn. Azerbaijan Airlines, die jahrelang Verluste machte und dennoch Subventionen vom Staat erhielt, arbeitet jetzt ebenfalls mit Gewinn, und wenn ich mich nicht irre, lag das Einkommen des letzten Jahres bei mehreren hundert Millionen Manat. Jetzt wird das Unternehmen in der Lage sein, seine eigenen Bedürfnisse zu decken. Dasselbe gilt für die Eisenbahnverwaltung. Andere Unternehmen, die jahrelang staatliche Unterstützung erhielten, erzielen nun Einkünfte von etwa 100-150 Millionen Manat. Dies war also die erste Phase. Diese Phase der Sanierung und der Personalreformen ist bereits abgeschlossen.
Was AZCON betrifft, so besteht das Ziel darin, den Verkehrssektor als Plattform unter einem gemeinsamen Dach zu organisieren. Denn trotz der positiven Veränderungen in der Unternehmensführung, die ich erwähnt habe, war die Koordination zwischen den Verkehrsstrukturen schwach. Und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass in den kommenden Jahren der Transport und die Kommunikation sowohl unsere Haupteinnahmequelle als auch einer der Faktoren zur Stärkung unseres politischen Gewichts sein werden, mussten wir natürlich einen absolut transparenten und koordinierten Arbeitsmechanismus schaffen. Man kann viele Beispiele nennen, zum Beispiel im Bereich des Gütertransports – für die Kaspische Schifffahrtsgesellschaft ist es vorteilhafter, eine bestimmte Art von Gütern zu transportieren, für die Eisenbahn eine andere. Welche Rolle spielt der Hafen als Vermittlungsmechanismus? Daher muss der Vorteil dem Transport jener Güter und auf jene Weise gegeben werden, die aus der Sicht der staatlichen Interessen am vorteilhaftesten sind.
Parallel dazu wird der Prozess der Digitalisierung des Verkehrssektors vorangetrieben. Notwendige Maßnahmen wurden ergriffen und Anweisungen erteilt, einschließlich der Möglichkeit für den Absender, seine Fracht während der Zollabwicklung kontinuierlich zu überwachen. Künstliche Hindernisse, Verstöße sowie natürliche Verzögerungen werden beseitigt. Denn wir müssen den Ost-West-Verkehrskorridor durch eine korrekte Tarifregelung wirtschaftlich rentabler machen. Wir müssen auch künstliche Hindernisse beseitigen, damit die Fracht noch schneller transportiert werden kann. Was die Tarife betrifft, so gibt es unterschiedliche Tarife für die Eisenbahn, den internationalen Hafen und die Schifffahrt, und diese Tarife stimmen nicht überein. Es gibt viele weitere Details, die die Schaffung eines einheitlichen Systems erforderlich machten, und wir haben es geschaffen. Ich bin mir sicher, dass die neu gebildete Institution ihre Wirksamkeit bald unter Beweis stellen wird.
Parallel dazu stehen auch die Probleme des städtischen Verkehrs im Fokus. In der Vergangenheit haben wir eine Reihe großer Projekte umgesetzt, um den städtischen Verkehr zu entlasten und Staus zu reduzieren. Viele Menschen haben das inzwischen vergessen, und die jüngere Generation kennt diese Probleme vielleicht gar nicht mehr. Damals gab es so viele Probleme – schon allein die Anzahl der Kreisel, die man passieren musste, um vom Flughafen in die Stadt zu gelangen: der Kreisverkehr von Mardakan, der von Sabunchu, der von Koroghlu und dann der von Surakhani – überall gab es Staus. Die Straße vom Flughafen in die Stadt hatte nur vier Spuren, tatsächlich waren es aber nur drei. Die zweite Straße, die wir als Betonstraße bezeichnen, existierte überhaupt nicht. Es würde Zeit kosten, all diese Punkte aufzulisten. Aus diesem Grund wurden in der Vergangenheit eine Reihe von Tunneln und Straßenkreuzungen gebaut. Aber jetzt sehen wir, dass die Zahl der Fahrzeuge weiter zunimmt, die Menschen kaufen mehr Autos, und die wirtschaftliche Aktivität steigt. Die Stadt droht wieder an ihrem Verkehr zu ersticken. Daher wurde dieses Thema von mir als Aufgabe hervorgehoben. Der Masterplan wurde bereits erarbeitet. Es gibt hier Fragen zur Koordination zwischen Busverkehr und U-Bahn. Wir haben kürzlich mehrere U-Bahn-Stationen in Betrieb genommen. Aber das ist nicht genug, und auf meine Anweisung hin werden 10 weitere neue U-Bahn-Stationen gebaut. Die Standorte wurden bereits ausgewählt, und ab diesem Jahr werden Investitionen getätigt. Gleichzeitig wurden die ersten sieben bis acht Projekte ausgewählt, um neue Straßeninfrastrukturprojekte in Baku umzusetzen. Internationale Experten wurden hinzugezogen. Welche Straßen sollen priorisiert werden? Manchmal wird eine neue Straße eröffnet, aber sie führt zu mehr Staus statt zu weniger. Internationale Erfahrungen sind hier also sehr wichtig, und dieses Problem wird definitiv gelöst werden.
Auch der Prozess der Erneuerung der städtischen Busflotte durch Elektrobusse hat begonnen. Wir haben bereits mehr als 150 neue Elektrobusse angeschafft. Gleichzeitig wird in Aserbaidschan in diesem Jahr auch mit der Herstellung von Elektrobussen begonnen. Diese Arbeiten sind im Gange. Soweit ich informiert bin, werden die ersten in Aserbaidschan produzierten Elektrobusse im Oktober-November eingesetzt, und dies wird einen sehr positiven Einfluss auf die Luftqualität unserer Stadt haben. Denn wir wissen, dass eine bedeutende Quelle für Luftverschmutzung Emissionen aus Fahrzeugen, insbesondere großen Fahrzeuge sind. Zugleich werden weitere Projekte umgesetzt. Zur Information: Wir installieren jetzt elektronische Waagen auf unseren Autobahnen. Wir haben damit letztes Jahr begonnen, und dieser Prozess wird dieses Jahr fortgesetzt. Auf allen Autobahnen werden Waagen installiert. Denn was passiert ist, dass eine neue Straße gebaut wird, aber einige Geschäftsleute ihre Lastwagen so stark beladen, dass sie die Straße zerstören. Nachdem die ersten elektronischen Waagen installiert wurden, wurde dies bereits gestoppt, weil hohe Bußgelder verhängt werden. Jetzt messen die Frachtunternehmen selbst das Gewicht der Ladung, um Strafen zu vermeiden.
Viele Neuerungen auf Basis moderner Technologien werden umgesetzt. Vielleicht sollte die aserbaidschanische Presse dies ein wenig mehr beleuchten, da diese Themen die Menschen zu Recht beschäftigen. Wir werden diese Dinge in Ordnung bringen. Der Bau von 10 Haltestellen wird wahrscheinlich fünf Jahre dauern. Aber es wird weniger Zeit benötigen, um Straßen zu bauen. Natürlich wird die aserbaidschanische Öffentlichkeit regelmäßig über diese Themen informiert.
Vusal Matlab: Zu Beginn des Interviews erwähnten Sie, dass wir am Beginn der Bildung einer neuen Weltordnung stehen. Wir würden gerne wissen, welche möglichen Auswirkungen diese Ordnung auf den Südkaukasus haben könnte und auf welche Szenarien sich Aserbaidschan vorbereitet?
Präsident Ilham Aliyev: Tatsächlich müssen wir aktive Teilnehmer an diesem Prozess sein. Wir dürfen nicht einfach abwarten, wie sich die neue Ordnung entwickelt. Wir müssen unsere Arbeit leisten und weiterhin unsere Agenda umsetzen. Denn der Südkaukasus ist unsere Region, und Aserbaidschan, als führendes Land in dieser Region, hat aus der Perspektive der Verantwortung sicherlich ein besonderes Gewicht.
Wir sehen die neue Ordnung als eine gerechte Ordnung. Wenn man es in einem Wort zusammenfassen kann, dann sollte es Gerechtigkeit sein, was tatsächlich mit der Politik übereinstimmt, die Aserbaidschan seit vielen Jahren verfolgt. So sehen wir es: Souveränität, Unabhängigkeit, Nichteinmischung in die Angelegenheiten anderer und keine Verschärfung der inneren Lage von Staaten unter verschiedenen Vorwänden. All dies ist in der Tat die Linie unserer Außenpolitik. Aserbaidschan verfolgt diese Politik seit vielen Jahren. Wir mischen uns nicht in die Angelegenheiten anderer ein; wir konzentrieren uns auf unsere eigenen Aufgaben. Wenn sich jemand an uns wendet, bemühen wir uns, diese Anfragen nicht unbeantwortet zu lassen.
Mit unserer Politik und unseren Investitionen haben wir effektiv eine neue Verkehrs- und Energielandkarte im Südkaukasus geschaffen. Eine Seite von uns erstreckt sich über das Kaspische Meer bis nach Zentralasien, die andere bis nach Europa. In dieser weiten Geografie wird Aserbaidschan faktisch zu einem unverzichtbaren Land. Es reicht aus, einfach auf die Karte zu schauen, um zu erkennen, dass diejenigen, die eine Verbindung mit Zentralasien und der westlichen Welt herstellen möchten, Aserbaidschan nicht umgehen können. Das heißt, sie werden dies ohne uns nicht erreichen. Und das mit moderner Infrastruktur, Stabilität, einer ausgewogenen Politik und Offenheit zur Welt.
Durch unsere Maßnahmen tragen wir zur neuen Weltordnung bei, weil dies manchmal in gewissem Maße unbeachtet bleibt. Aber ich weiß, dass die Schritte, die Aserbaidschan in den letzten Jahren unternommen hat, sehr gründlich analysiert werden. Sehr sorgfältig. Denn in der Weltgeschichte gab es kein anderes Land, das seine territoriale Integrität aus eigener Kraft wiederhergestellt hat, zumindest, wenn man auf die jüngste und ferner vergangene Geschichte blickt. Wir haben das geschafft, trotz allen Druckmitteln, Drohungen und Gefahren. Die Zahl der Länder, die eine unabhängige Außenpolitik betreiben können, ist nicht groß. Lassen Sie uns wieder auf Kanada zurückkommen. Mit einem einzigen Wort von Trump trat der Premierminister Kanadas zurück. Kanada mit knapp 40 Millionen Einwohnern produziert zehnmal mehr Öl als Aserbaidschan – 300 Millionen Tonnen. Kann diese Menge an Öl, selbst ohne andere wirtschaftliche Faktoren, nicht ausreichen, um 40 Millionen Menschen zu versorgen? Sehen Sie, wie schlecht ihre Wirtschaft ist, dass ihre Wirtschaft zusammenbrechen würde, wenn Amerika zusätzliche Zölle auf sie erhebt. Und wenn Herr Trump sagt, Kanada solle der 51. Bundesstaat sein und Herr Trudeau Gouverneur, kann das natürlich als Trolling angesehen werden. Aber es könnte tatsächlich eine gewisse Logik in diesen Worten stecken.
Was ich damit sagen will, ist, dass man sich die europäischen Länder anschauen sollte und wie abhängig sie von Machtzentren und manchmal auch von anderen Faktoren sind. Daher gibt es nicht viele Länder, die in der Lage sind, eine unabhängige Außenpolitik zu führen. Genau deshalb wächst der Respekt vor unserer Politik in diesem Bereich zu Recht, und ich bin zuversichtlich, dass, wenn sich der neue Weltordnungsprozess vollständig formt, die Position Aserbaidschans zumindest im Südkaukasus und im Kaspischen Raum berücksichtigt wird, und wir müssen darauf vorbereitet sein.
Natürlich kann ich nicht genau sagen, wie sich dieser Prozess auf globaler Ebene entwickeln wird. Vielleicht ist er noch nicht endgültig definiert, wie man so sagt. Aber das ist unbestreitbar, und ich glaube, dass wir dies bald sehen werden, und ich habe das schon mehrfach gesagt. Wenn sich jedes Land auf seine eigenen inneren Angelegenheiten konzentriert, wird es keinen Krieg, keinen Konflikt und keine Konfrontation geben. Jeder sollte sich um seine eigenen Angelegenheiten im Rahmen seiner Grenzen kümmern und nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmischen. Natürlich mag eine solche Welt fantastisch erscheinen. Historisch gesehen haben imperialistische Kräfte dies mit dem Prinzip “Teilen und Herrschen“ angegangen, indem sie Kolonien vollständig kontrollierten und deren Ressourcen stahlen, um Staaten für sich zu schaffen. Aber dies muss ein Ende haben. Die abscheuliche Praxis des Kolonialismus muss beendet werden, und ich glaube, dass dieses Thema auch im neuen Weltordnungssystem berücksichtigt wird. Aber noch mehr glaube ich, dass die Souveränität der Staaten unantastbar sein und geschützt werden muss, niemand darf sich in die inneren Angelegenheiten anderer einmischen. Wir haben das erreicht. Niemand kann sich in unsere Angelegenheiten einmischen. Gab es Versuche? Ja, gab es. Wird es noch welche geben? Wahrscheinlich. Aber gab es Ergebnisse? Nein, und wird es nicht geben. Aber vor unseren Augen werden viele Länder einer ausländischen Intervention unterzogen, die tatsächlich ihren moralischen und genetischen Code untergräbt. Schwachen Ländern werden fremde, negative Werte aufgezwungen. Wenn ich von Schwäche spreche, kann ein Land nicht schwach sein.
Wenn die Führer schwach sind, wird das Land als schwach angesehen. Deshalb sind wir darauf mit unserer eigenen Agenda vorbereitet, und wir haben eine Agenda. Unsere Politik zeigt dies bereits, und nochmal, ich sage, unser Beitrag zu dieser Sache wird signifikant sein.
Vafa Aghabalayeva: Herr Präsident, wahrscheinlich wird diese Frage im Zusammenhang mit dem Thema relevant sein, daher möchte ich sie stellen. Eine seltsame Tendenz hat sich entwickelt - alle warten auf den 20. Januar, wenn Trumps Amtseinführung stattfindet. Es wird angenommen, dass nach diesem Datum bestimmte Prozesse stattfinden werden. In Ihrem Interview mit der Agentur “Rossiya Segodnya“ haben Sie erwähnt, dass Sie Trump als jemanden sehen, der mit uns im gleichen Boot sitzt. Auch beim Medienforum in Schuscha haben wir in Ihrer Antwort auf eine der Fragen, die an Sie gestellt wurden, positive Botschaften über Trump gehört, der zu dieser Zeit noch ein Präsidentschaftskandidat war. Was denken Sie, oder lassen Sie mich die Frage so formulieren: Glauben Sie, dass Joe Biden die Welt so verändert hat, dass es für Trump schwieriger wird?
Präsident Ilham Aliyev: Es ist möglich. Gleichzeitig tritt Herr Trump mit einer völlig neuen Agenda an die Macht, und während seiner ersten Amtszeit gab es keine Probleme in den Beziehungen zwischen den USA und Aserbaidschan. Im Gegenteil, die Beziehungen waren sehr positiv, und wir konnten in vielen Bereichen Fortschritte erzielen. Der größte Fehler der Biden-Regierung in Bezug auf Aserbaidschan war, dass sie die Beziehungen zwischen den USA und Aserbaidschan zu einem Opfer der Beziehungen zwischen den USA und Armenien gemacht hat. Mit anderen Worten, sie betrachteten Aserbaidschan durch die Linse der armenisch-aserbaidschanischen oder der armenisch-amerikanischen Beziehungen, und die bis dahin erzielten guten Ergebnisse wurden überschattet – das ist der erste Punkt. Zweitens nahmen sie eine ungerechte Haltung gegenüber Aserbaidschan ein, insbesondere in Bezug auf die Karabach-Frage, und dies war sowohl eine ungerechte Position als auch eine, die auf Doppelmoral beruhte. Ich habe amerikanischen Vertretern mehrfach gesagt, und ich habe es auch offen in den Medien gesagt: Ihr unterstützt die territoriale Integrität der Ukraine mit beiden Händen, ihr liefert Waffen und Milliarden von Dollar. Wir haben unsere territoriale Integrität wiederhergestellt – warum wollt ihr uns bestrafen? Antwortet darauf. Und es gab keine Antwort. Die Antwort ist klar: Es ist Doppelmoral. Gleichzeitig glaube ich, dass einer der Fehler der Biden-Regierung war, dass sie durch ihre eigenen Handlungen das Vertrauen in Amerika erheblich untergraben hat. Zum Beispiel, wenn wir auf die Afghanistan-Frage zurückkommen, war Aserbaidschan eines der ersten Länder, das sich an der Mission in Afghanistan beteiligte, militärische Kontingente entsandte und diese mehrfach aufgestockt. Aserbaidschan löste auch wichtige Transport- und Logistikfragen für die Vereinigten Staaten. Solange sie uns brauchten, wurde Abschnitt 907 – die Sanktion – ausgesetzt, aber als sie uns nicht mehr brauchten, wurde sie angewendet. Was bedeutet das? Es hat einen Namen: Undankbarkeit. Das ist Undankbarkeit, und welches Vertrauen kann es geben? Welche langfristige Zusammenarbeit kann es geben? Wie ich bereits erwähnte, hat die Verleihung dieser hohen Auszeichnung an Soros alle Masken fallen lassen. Dies war die Soros-Regierung, sowohl während Bidens Amtszeit als auch während der acht Jahre vor Trump, und genau deshalb gab es keine Fortschritte in unseren Beziehungen. Die Hauptplattform für eine engere Zusammenarbeit mit Amerika haben wir während der Amtszeit von Clinton und George Bush geschaffen, und dies setzte sich während Trumps Amtszeit fort. Schon im Juli, beim Schuscha-Forum, als noch niemand wusste, wer gewinnen und wer verlieren würde, und die berühmten Debatten zwischen Trump und Biden noch nicht stattgefunden hatten, äußerte ich meine persönliche Haltung im Einklang mit den Interessen Aserbaidschans und stellte fest, dass Trump Werte fördert, die auch von unserer Gesellschaft geteilt werden. Er fördert Familienwerte und moralische Werte. Schaut euch seine Familie an. Nun, ich möchte nichts über die Familien anderer sagen, aber das ist inzwischen so öffentlich geworden. Und was können wir über die Biden-Regierung sagen, die lügt, Versprechungen macht, sie dann zurückzieht und so tut, als wäre nichts passiert? Wie kann man das nennen? Deshalb liegen die Hoffnungen nicht nur der aserbaidschanischen Gesellschaft, sondern auch aller Länder darin, dass diese Unmoral, dieses Fehlen von Ethik ein Ende haben wird, und Gesellschaften wie Aserbaidschan, die auf traditionellen Werten basieren, sich von solchen externen Einflüssen befreien können. Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist, dass, wie ich schon gesagt habe, Herr Trump sehr klare, direkte Botschaften mit seinen Aussagen sendet. Es ist jetzt vielleicht nicht möglich, alle diese Aussagen zu analysieren, aber ich kann sagen, dass die überwiegende Mehrheit davon von der aserbaidschanischen Gesellschaft geteilt wird. Deshalb sind die Hoffnungen groß. Deshalb habe ich gesagt, dass es Hoffnung gibt, große Hoffnung. Dies umfasst auch die Möglichkeit, die strategischen Beziehungen zwischen den USA und Aserbaidschan voranzutreiben. Ich glaube, dass wir, wenn beide Seiten interessiert sind, die Beziehungen zwischen den USA und Aserbaidschan auf strategisches Niveau heben können.
Sanan Rzayev: Herr Präsident, ich habe eine Frage zu den Beziehungen Aserbaidschans zur Europäischen Union. Die Geschichte zeigt, dass diese Beziehungen nicht homogen waren und es verschiedene Wendepunkte gab. Im vergangenen Jahr hat sich die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments verändert, das ja massenhaft Resolutionen über Aserbaidschan verabschiedet.
Es gibt eine relativ neue Zusammensetzung der Europäischen Kommission., die einige ältere Mitglieder und einige neue Mitglieder umfasst. Sie haben ein paar Worte dazu gesagt. Es gibt durchaus widersprüchliche Momente. Einerseits ist die Europäische Union unser größter Handelspartner, das heißt, die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, andererseits gibt es diesen sogenannten Friedensfonds, durch den sie planen, Geld für Waffen oder direkt Waffen an Armenien zu liefern. Sie haben über den Energiesektor gesprochen und gesagt, dass wir ihnen Gas liefern, als Sie die Fragen meiner Kollegen beantworteten. Aber andererseits betrachten dieselben Vertreter der Europäischen Union, die sogenannte zivile Mission, unser Land durch ein Fernglas. All das ist ziemlich widersprüchlich. Ich möchte wissen, was Ihre Erwartungen in diesem Jahr aus der Perspektive Aserbaidschans und der Europäischen Union sind. Was wird überwiegen – diese negativen Aspekte oder die positiven? Und was ist Ihrer Meinung nach das wichtigste Gegenmittel in dieser Situation? Denn es könnte der Eindruck entstehen, dass dieser Fonds, diese sogenannten Beobachter, einfach hierher gebracht werden, um unsere Beziehungen zu Brüssel zu verschlechtern.
Präsident Ilham Aliyev: Es ist schwer zu sagen, wie sich unsere Beziehungen zur Europäischen Kommission entwickeln werden. Aber ich muss sagen, dass das letzte Jahr ein Jahr voller Enttäuschungen war. Denn es war das letzte Jahr, in dem die Europäische Union eindeutig die Seite Armeniens im Normalisierungsprozess ergriff. Es gibt viele Fakten, die Sie ebenfalls sehr gut kennen. Natürlich hat die Art und Weise, wie die sogenannte Beobachtungsmission der Europäischen Union verlängert wurde, das Vertrauen nicht gestärkt, sondern im Gegenteil untergraben. Schließlich haben wir, als wir verlangten, dass dies mit uns abgestimmt wird, dies nicht aus übertriebenen Ambitionen getan, sondern einfach deshalb, weil die Bildung dieser Mission und ihre Entsendung an unsere Grenze mit uns, persönlich mit mir, in Prag im Oktober 2022 vereinbart wurde. Wenn wir damals vereinbart haben, dass es zwei Monate und 40 Personen sind, dann sollte es auch so sein. Wenn ich etwas vereinbare, halte ich mich immer an diese Vereinbarungen. Aber in diesem Fall meinte Europa, dass sie das Recht hätten, diese Vereinbarungen zu verletzen. Aber dann, ohne jede Benachrichtigung, ohne jede Vereinbarung mit uns, haben sie nicht nur diese Mission verlängert, sondern sie auch noch aufgestockt und sogar ein Land eingeladen, das nicht Mitglied der Europäischen Union ist, was im Wesentlichen das Vertrauen untergräbt. Und dann diese, wie man sagt, beschämenden Demonstrationen von Binokular-Aktionen, wenn sie eine Art halbmilitärische Ausrüstung, Stiefel tragen und herumlaufen wie Kämpfer. Ich möchte ihnen nicht zeigen, wie schnell sie von dort weglaufen könnten, wenn jemand zufällig auf aserbaidschanischem Territorium niest, aber unsere Hände jucken. Deshalb haben wir ihnen gesagt, dass sie mit diesen Binokular-Shows aufhören sollen, und es scheint, dass sie es jetzt ohne diese tun. Obwohl kürzlich der Präsident eines europäischen Landes sich die Frechheit erlaubte, Aserbaidschan durch ein Fernglas zu betrachten. Aber was hat er hier in Baku nicht gesehen, als er vor einer Woche hier war und ein Treffen mit mir anforderte? Wenn er etwas hätte sehen müssen, hätte ich ihn nach Karabach geschickt, und er hätte auf die Berge schauen können. Aber es ist eine Demonstration, wissen Sie. Es geschieht nicht ohne Grund. Es ist eine Einstellung. Man schaut durch ein Fernglas, als ob man den Feind betrachtet. Wenn das der Umgang mit Aserbaidschan ist, wie sollen wir dann mit Ihnen umgehen? Ich spreche nicht einmal von der destruktiven Rolle des ehemaligen Hohen Vertreters für Außenangelegenheiten. Aber nicht nur das. Es gab viele Enttäuschungen.
Was als Nächstes passiert, weiß ich nicht. Die Kommission ist neu, obwohl einige Figuren alt sind. Aber es ist trotzdem eine neue Kommission, und welche Haltung sie gegenüber Aserbaidschan und seinen nationalen Interessen einnehmen wird, dieselbe Haltung werden wir ihnen gegenüber haben. Wenn sie normal und konstruktiv ist, denke ich, dass wir in der Lage sein werden, zu einem konstruktiven Kurs zurückzukehren. Was die Europäische Union im letzten Jahr erreicht hat, ist, dass sie vollständig aus dem Prozess der Normalisierung der aserbaidschanisch-armenischen Beziehungen ausgeschlossen wurde.
Wenn der Prozess der Aufrüstung Armeniens durch den sogenannten Friedensfonds fortgesetzt wird, wird es angemessene Maßnahmen von unserer Seite geben. Ich spreche nicht einmal vom beschämenden Verhalten des Europäischen Parlaments. Übrigens unterscheidet sich die neue Zusammensetzung kaum von der alten. Die gleiche Aserbaidschanophobie und die gleiche unmotivierte Aggression. Wir erinnern uns überhaupt nicht an sie – weder an dieses Europäische Parlament noch an seine Abgeordneten, wir wissen nicht einmal, wer diese Leute sind. Aber sie haben den Kampf gegen Aserbaidschan zum Sinn ihres Lebens gemacht.
Ich spreche nicht einmal von der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, die uns buchstäblich drei Monate, nachdem wir unsere Souveränität wiederhergestellt hatten, diskriminiert hat – und das war genau der Grund. Wenn es, wie sie sagen, um angebliche Menschenrechtsverletzungen ging, hätten sie das 20 Jahre lang tun können. Warum haben sie es nicht getan? Das ist der Grund.
Ich habe einmal angemerkt, dass wir sehr große Blöcke bewegt haben, vielleicht sogar größere Blöcke, als wir selbst realisieren. In diesem Fall handelt es sich nicht nur um einen rein lokalen Konflikt, der gegen den Willen vieler Europäer, und nicht nur Europäer, gelöst wurde. Sie wollten uns abhängig halten, hierherkommen, uns belehren, sich beteiligen, reisen, uns überwachen. Wir haben ihnen all das genommen.
Aber wir bieten normale Beziehungen an: Lass uns normal und bilaterale kooperieren. Wir sind nicht von euch abhängig, wir erwarten nichts von euch, wir dringen nicht in eure Familie ein, vor allem, da ihr nie ein Land mit einer muslimischen Bevölkerung akzeptieren werdet, um ehrlich zu sein. Also lasst uns gute Nachbarn sein, lass uns kooperieren, bitte, handeln, verkaufen, kaufen, Technologien erwerben. Leider haben alle ihre Aktivitäten dazu geführt, dass wir alle Programme mit der EU gekürzt haben. Alle Twinning-Programme wurden gekürzt, alle EU-Zuschüsse wurden eingefroren, die legal waren. Es gibt teilweise illegale, Geld wird hier über die Grenze gebracht, hauptsächlich durch Georgien, wieder durch Strukturen, die Soros zugänglich sind, aber das ist nicht mehr der Fall, und unsere Rechtsschutzorgane0 können all das nachverfolgen. Was legale Zuschüsse betrifft – wir haben sie abgelehnt, weil sie darauf abzielten, eigene Plattformen auf unserem Territorium mit weitreichenden Plänen zu schaffen, die hauptsächlich auf die Jugend ausgerichtet waren. Leider sehen wir, dass einige Vertreter der aserbaidschanischen Jugend den Weg des Verrats eingeschlagen haben, reinen Verrat, Zusammenarbeit mit Armeniern – das ist auch das Ergebnis von Gehirnwäsche durch diese sogenannten Förderprogramme, die vom NED (National Endowment for Democracy) und der EED (Europäische Stiftung für Demokratie) finanziert werden. Auch hier sehen wir, dass es ein Klon ist, der Name ist gleich, hier National und dort Europäisch. Das ist, was sie erreicht haben. Und sie werden weitermachen, aber eine noch höhere Mauer wird gebaut. Wie werden sie ihre Politik der Annäherung an die zentralasiatischen Länder umsetzen? Wie? Werden sie über Russland kommunizieren? Ich bezweifle es. Vielleicht über den Iran? Ich bezweifle es auch. Werden sie einen Tunnel unter Aserbaidschan graben? Wahrscheinlich auch nicht. Deshalb sollten sie einfach nüchtern darüber nachdenken und Aserbaidschan als einen zuverlässigen Partner schätzen, der nie etwas Schlechtes für Europa oder irgendein europäisches Land getan hat. Es hat nur geantwortet und wird weiterhin antworten. Gut für Gut und Böse für Böse, sozusagen.
Nigar Sabirgizi: Herr Präsident, wenn ich darf, möchte ich eine etwas andere Frage stellen. Sie haben vorhin erwähnt, dass niemand in unsere Angelegenheiten einmischen kann. Natürlich ist es eine unbestreitbare Tatsache, dass Aserbaidschan dank Ihrer Entschlossenheit nicht nur in unserer Region, sondern auch weltweit zu einer Macht geworden ist. Wie Sie bereits erwähnt haben, kann Macron nicht ohne Aserbaidschan leben; er sieht Aserbaidschan als eine Macht und beschuldigt uns, in die inneren Angelegenheiten seines Landes einzumischen. Oder, vor ein paar Tagen, im Zusammenhang mit dem bekannten Flugzeugunglück hat sich der russische Präsident bei Aserbaidschan entschuldigt. Das war das erste Mal, dass sich der russische Staat bei einem anderen Land entschuldigt hat. Viele glaubten nicht, dass das passieren würde, aber es ist passiert. All dies zeigt die Stärke des aserbaidschanischen Staates. Alle verstehen und erkennen, dass man mit ihm rechnen muss. Wie fühlt es sich an, der Präsident eines geografisch kleinen, aber siegreichen und starken Staates zu sein?
Präsident Ilham Aliyev: Wie soll ich das ausdrücken? Zunächst einmal ist es eine große Verantwortung. Zuerst gehe ich meine Aufgabe so an: jeden Tag, jede Stunde, Tag und Nacht. Zweitens ist es eine große Ehre. Natürlich bin ich in letzter Zeit besonders glücklich. In den letzten vier Jahren war mein Leben völlig anders. Unser aller Leben ist anders. Wir leben, wachen auf und reisen ins Ausland mit einer völlig anderen Denkweise. Als Vertreter, besonders als Leader eines siegreichen Landes, zu leben, zu arbeiten und internationale Kontakte zu pflegen, ist ein völlig anderes Gefühl. Wenn man bedenkt, dass wir 17 Jahre lang in einer völlig anderen Situation waren, obwohl wir im Recht waren, wurden wir als falsch betrachtet. In diesen 17 Jahren gab es viele Momente, die aus der Öffentlichkeit herausblieben, Momente, die tief wütend, traurig und schmerzlich waren. Ungerechtigkeit – denn, wie soll ich sagen, die größte Ungerechtigkeit ist die Ungerechtigkeit selbst.
Heute liegt die Grundlage des Fortschritts in jedem Bereich und Aspekt in positiven Emotionen, guter Stimmung, dem Wohlstand unserer Gesellschaft und einem Gefühl des Selbstvertrauens. Ich weiß, dass das aserbaidschanische Volk hinter mir steht. Das aserbaidschanische Volk weiß auch, dass ich hinter ihnen stehe. Das ist ein einzigartiges Gefühl. Viele haben dies vielleicht nicht erlebt, besonders als jemand, der das Land in zwei verschiedenen Perioden geführt hat, was es vielleicht zu einer einzigartigen Erfahrung macht. Obwohl vier Jahre vergangen sind, fällt es immer noch schwer, dies ganz zu begreifen. Ich habe die befreiten Gebiete vielleicht mehr als 100 Mal besucht, und jedes Mal, wenn ich dorthin gehe, sage ich mir dieselben Worte, teile dieselbe Freude. Es fühlt sich an, als wäre ich das erste Mal dort. Genau wie Sie fühlen, fühle ich das Gleiche. Natürlich gibt es ein Gefühl der Verantwortung und des Stolzes. Wir leben in einem Land, in dem wir in erster Linie auf unsere Nation und unser Volk stolz sein können.
Nigar Sabirgizi: Vielen Dank.
Vafa Aghabalayeva: Herr Präsident, kürzlich stieß ich auf ein Interview, das Sie in den frühen Jahren Ihrer Präsidentschaft gegeben haben. In diesem Interview erwähnten Sie einen Satz: “Als ich an die Macht kam, dachte ich, es gibt tatsächlich Gerechtigkeit und Recht in der Welt, und dass sie funktionieren, aber im Laufe der Zeit habe ich erkannt, dass sie nicht funktionieren.“ Ich möchte einen Punkt ansprechen – unter Ihrer Führung hat der Staat Aserbaidschan immer an der Seite kleiner Staaten und Inseln gestanden. Aserbaidschanische Fernsehsender haben in diesen Gebieten gefilmt. Trotz der Tatsache, dass große Medienorganisationen schweigen, nicht sprechen oder die Wahrheit verbergen, haben aserbaidschanische Fernsehsender in westafrikanischen Ländern, auf Inseln, in Korsika und Neukaledonien gefilmt, die durch neokoloniale Politik zerstört wurden. Die Vertreter der gewöhnlichen Menschen – zumindest was ich gehört habe – sagen, dass sie dem Staat Aserbaidschan und seinem Leader danken. Glauben Sie mir, jeder von ihnen kennt Sie. Nun meine Frage: Was werden unsere Ziele in der nächsten Phase in Bezug auf neokoloniale Politik sein, und werden wir diese Mission anführen?
Präsident Ilham Aliyev: Ja, das wird fortgesetzt. Die aserbaidschanische Gesellschaft hat bereits ihre Position formuliert, und die Aktivitäten der Bakuer Initiativgruppe erweitern sich von Jahr zu Jahr. Wiederum sage ich, wenn dieser Prozess aus bestimmten Gründen begann, ist er heute bereits ein Teil unseres Lebens geworden. Mit den Vertretern dieser Regionen zu sprechen, ihre Probleme aus erster Hand zu hören, die Trauer und die erloschene Hoffnung in ihren Augen zu sehen – das ist gleichzeitig schwer und sehr vertraut. Denn auch wir befanden uns viele Jahre lang in einer ähnlichen Situation. Während der Zeit, als wir nicht unabhängig waren, lebten wir mit einer Leidenschaft für Unabhängigkeit, zumindest der Großteil unserer Gesellschaft. Wir erlangten die Unabhängigkeit und wurden sofort der Besatzung unterworfen, sogar schon davor. Diese Ungerechtigkeit war ein Teil unseres Lebens, und wir befreiten uns von dieser Ungerechtigkeit mit dem Willen unseres Volkes. Diese Völker haben jedoch praktisch keinen Zugang zu Massenmedien. Sie werden bedroht, und die Ungerechtigkeit, die ihnen widerfährt, ist eine allgemeine Realität. Die Zahl der Seiten und Organisationen, die bereit sind, sie zu verteidigen, ist sehr gering. Wie ich bereits sagte, will niemand Ärger, und niemand möchte sich mit den großen Mächten anlegen – zumindest mit denen, die sich als solche betrachten. Aber wir tun es, und wir werden es weiterhin tun. Solange diese kolonialistische Praxis fortbesteht, werden wir an der Seite dieser Völker stehen. Dies wird bereits von der aserbaidschanischen Gesellschaft als moralische Pflicht wahrgenommen. Und wie Sie betonten, wenn unsere Fernsehsender diese Regionen besuchen und sich vor Ort ein Bild von der Situation der Menschen machen, sehen sie erneut diese bittere Realität.
Ehrlich gesagt, vor vielleicht zehn Jahren wusste ich auch nicht viel über diese Regionen. Aber die Nachrichten, die nach diesem letzten Hurrikan ans Licht kamen, erschütterten mich erneut zutiefst. Wer hätte gedacht, dass in einem Gebiet, das als Teil von Frankreich betrachtet wird, 70-75 % der Bevölkerung in Armut leben? Warum sollte das in Frankreich so sein? Der Präsident von Frankreich geht dorthin und sagt, dass sie ohne Frankreich 10.000 Mal schlimmer leben würden. Wie viel schlimmer kann es noch werden? Fünfundsiebzig Prozent leben in Armut, 30-40 % des Wohnungsbestands sind baufällig und in gefährlichem Zustand. Wenn das Frankreich ist, dann stellt sich heraus, dass Frankreich ein armes Land ist. Diese Region als strategischen Punkt zu behalten, ihre natürlichen Ressourcen auszubeuten, ihr Volk zu unterdrücken, sie der Assimilation zu unterwerfen und ihrer Identität, Sprache und Kultur zu berauben, ist barbarisch. Das macht keinem Land Ehre.
Bis in die letzten Jahre wurde all dies vertuscht. Niemand sprach darüber, und niemand lud Menschen aus diesen Regionen irgendwohin ein. Als dort gerechte Proteste begannen, schauen Sie, wie brutal Frankreich sie unterdrückte – 13 Menschen wurden getötet, 1.000 wurden verhaftet. Sie wurden von dort in die Hauptgebiete Frankreichs gebracht. Deshalb äußern wir als Staat natürlich unsere Position. Aber unsere Nichtregierungsorganisationen müssen diese Arbeit selbstverständlich fortsetzen.
Guy Shawn: Herr Präsident, darf ich Ihnen noch eine letzte Frage auf Englisch stellen? Vielen Dank. Sie sprachen über den Wert, dass Länder sich mit ihren eigenen Angelegenheiten befassen. Wir haben auch einige Hinweise darauf gesehen, was eine zukünftige Trump-Administration in Bezug auf die Außenpolitik tun könnte. Glauben Sie, dass dies bedeutet, dass die Globalisierung, wie wir sie verstanden haben, jetzt ihren Höhepunkt erreicht hat?
Präsident Ilham Aliyev: Ich denke, dass, wenn man die letzten Jahre betrachtet, man nicht viel über Globalisierung hört. Vielleicht vor zehn bis fünfzehn Jahren war es ein Trend, aber es hat nicht funktioniert. Viele Länder haben sich dagegen gewehrt. Für viele Länder war es nicht klar, was es bedeutet. Globalisierung bedeutet mehr Handel oder bedeutet Globalisierung die Vereinigung von allem zu einer Einheit, wenn man das so sagen kann? Wir waren immer dagegen, und wir haben uns sehr deutlich geäußert. Selbst zu Zeiten, als die Globalisierung als Haupttrend der westlichen Politik betrachtet wurde, war dieses Thema schon vor der Wahl von Präsident Trump mehr oder weniger nicht an oberster Stelle der Agenda. Ich bin mir sicher, dass es vollständig verschwinden wird, weil es nicht funktioniert hat. Viele Menschen haben nicht einmal verstanden, was es bedeutete. Es wurde als Werkzeug zur Eindringung und zum Aufbau von Plattformen für die Dominanz verwendet und tatsächlich auch zur Gehirnwäsche der jüngeren Generation. Denn das Hauptziel der Globalisierung war die jüngere Generation. Es war ein kalkulierter Ansatz, um sie zu sogenannten “Weltbürgern“ zu machen. Menschen ohne Kultur, ohne Nationalität, ohne nationale Identität, ohne nationalen Stolz, die einfach eine Art Roboter in den Händen derer wären, die die Fernbedienung in der Hand haben. Ich bin also sicher, dass die Zeit der Globalisierung bereits vorbei ist, dass sie beendet ist.
Guy Shawn: Vielen Dank, Herr Präsident.
Vusal Matlab: Herr Präsident, wir arbeiten nun seit fast drei Stunden. Wenn unsere Kollegen nicht dagegen sind, lassen Sie uns dies als letzte Frage betrachten. In der Tat könnte dieses Thema eine symbolische Bedeutung als letztes Thema haben. Wir haben die erste Mission erfolgreich abgeschlossen, die Befreiung unserer Gebiete, und jetzt arbeiten wir an der zweiten Mission – der Großen Rückkehr und dem Wiederaufbau. Sie haben wiederholt betont, dass wir diesen Sieg nicht übermäßig ausnutzen und nicht in der Euphorie dieses Sieges leben dürfen. Jetzt scheint es, als ob wir der dritten Mission gegenüberstehen. Es geht um die Rückkehr der westaserbaidschanischen Bevölkerung in ihre angestammten Gebiete. Unter den aktuellen Umständen, wie realistisch erscheinen diese Aussichten?
Präsident Ilham Aliyev: Wissen Sie, es hängt von uns ab. Je aktiver wir sind, desto vielversprechender werden die Aussichten sein. Natürlich konnten wir während der Besatzungszeit von Karabach in dieser Frage nicht aktiv sein. Aber bereits vor 10 Jahren brachte ich dieses Thema auf die politische Agenda, und auf meine Empfehlung hin begannen aserbaidschanische Wissenschaftler, wissenschaftliche Arbeiten zu diesem Thema zu erstellen. Es wurde eine bedeutende wissenschaftliche Arbeit über das Irevan-Khanat sowie Studien über das frühere Leben der westaserbaidschanischen Bevölkerung, ihre Ansiedlung dort und die Erstellung historischer Karten erstellt. Wir haben das bereits zu dieser Zeit getan, weil es unsere berechtigte Forderung war. Aber wieder muss ich sagen, dass alles seine Reihenfolge hat, und jetzt ist die Zeit gekommen, uns ernsthaft mit dieser Frage zu befassen. Zunächst einmal haben sich mehrere öffentliche Organisationen aus West-Aserbaidschan, die in Aserbaidschan tätig sind, zu einer einzigen Organisation zusammengeschlossen. Die Westaserbaidschanische Gemeinschaft und ihre Aktivitäten haben sich weiter verbessert, einschließlich ihrer internationalen Aktivitäten, und sie hat Kontakte zu vielen internationalen Organisationen aufgenommen. Dieses Thema wurde jetzt auf die internationale Agenda gesetzt, weil es wichtig ist. Sowohl die internationale Lexik als auch die internationale Agenda haben dieses Thema nun aufgenommen. In Zukunft werden natürlich sowohl die Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen als auch der Staat darauf ausgerichtet sein, es den Menschen aus West-Aserbaidschan zu ermöglichen, in ihre angestammten Gebiete, in die Dörfer und Städte, in denen sie lebten, zurückzukehren und sich dort anzusiedeln. Dies ist eine Forderung, die vollständig mit internationalen Normen und Prinzipien übereinstimmt.
Insbesondere wenn man bedenkt, dass das heutige Territorium Armeniens im Wesentlichen die historischen Gebiete umfasst, die überwiegend von Aserbaidschanern bewohnt waren, behaupten wir heute, dass 300.000 Westaserbaidschaner in diese Regionen zurückkehren sollten. Die Gesamtzahl derjenigen, die aus dieser Region vertrieben wurden und nun in verschiedenen Teilen Aserbaidschans leben, zusammen mit ihren Nachkommen, ist jedoch mehrere Male größer als 300.000. Schauen Sie sich die Karten aus dem 19. Jahrhundert an, aus dem Russischen Reich. Alle Ortsnamen dort sind aserbaidschanischen Ursprungs, ebenso wie die Karten, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom Russischen Reich erstellt wurden. Die Namen aller Städte sind aserbaidschanischen Ursprungs. Sie werden keinen See finden, der “Sevan-See“ heißt; er wird als Göjtschä-See bezeichnet. Wenn wir sagen, dass dies unser historisches Gebiet ist, sagen wir die Wahrheit. Selbst in der jüngsten Rede des ersten faschistischen Präsidenten Armeniens, die kürzlich in den Medien veröffentlicht wurde, gibt er zu, dass Aserbaidschaner in drei Regionen die Mehrheit bildeten. Aserbaidschaner waren die Mehrheit in Zangezur. Ja. Nicht nur eine Mehrheit, sondern es gab Dörfer, die vollständig von Aserbaidschanern bewohnt waren. Im 20. Jahrhundert wurde wir dreimal deportiert, und jedes Mal führten diese Deportationen zu schweren Folgen. Im November 1920 wurde West-Zangezur von Aserbaidschan abgetrennt und Armenien einverleibt. Zwei Jahre zuvor hatte leider die Aserbaidschanische Demokratische Republik der Stadt Irevan Armenien geschenkt. Danach wurde unserem Volk großes Leid zugefügt. Daher ist jetzt die Zeit gekommen, dass Armenien die Bedingungen für die Rückkehr der Westaserbaidschaner in ihre angestammten Gebiete schafft. Natürlich erwarten wir von der armenischen Führung eine klare und völkerrechtlich fundierte Stellungnahme zu diesem Thema. Im Moment ziehen sie es vor, zu schweigen, obwohl wir dieses Thema mehrfach angesprochen haben und eine konkrete Antwort von ihnen erwarten. Wann und unter welchen Bedingungen werden Aserbaidschaner in diese Regionen zurückkehren können? Insbesondere wenn man bedenkt, dass die Mehrheit der Dörfer, in denen Aserbaidschaner lebten, jetzt völlig leer sind – niemand lebt dort. Die Rückkehr in diese Gebiete würde kein großes Problem darstellen, da niemand umgesiedelt werden muss. Alles, was erforderlich ist, ist eine Sicherheitsgarantie, die Anerkennung ihres Rechts, dort zu leben, und die Schaffung von Bedingungen für ihre Aktivitäten. Dies ist unsere Forderung, und ich bin zuversichtlich, dass der Tag kommen wird, an dem die Westaserbaidschaner in ihre angestammten Gebiete zurückkehren werden.
Ich halte es für angemessen, dass der armenische Premierminister sich mit Vertretern der Westaserbaidschanischen Gemeinschaft trifft. Soweit ich weiß, sind sie sogar bereit, nach Jerewan zu reisen. Er sollte sie treffen, ihre Anliegen anhören und auf sie hören. Diese Menschen wurden ungerecht aus diesen Gebieten vertrieben. Sie haben jedes Recht, zurückzukehren. Wenn dies nicht geschieht, über was für eine europäische Demokratie können wir dann sprechen? Armenien stellt sich als ein Land dar, das den Weg der europäischen Demokratie verfolgt. Lassen Sie es dies sichtbar zeigen. Gleichzeitig glaube ich, dass die OSZE auch ihre Stellung zu diesem Thema nehmen sollte. Wir erwarten auch eine Stellungnahme der Europäischen Kommission. Dieses Thema zu ignorieren, ist nicht der richtige Schritt. Es handelt sich um ein ernstes Problem. Es geht um die Wiederherstellung der Rechte von Hunderttausenden von Menschen. Es ist eine Menschenrechtsfrage, eine Frage der Gerechtigkeit. Gleichzeitig wird es auch zeigen, dass die aktuelle derzeitige Führung kein Faschist ist, wie die vorherigen drei Präsidenten es waren. Ihre Aussagen, Taten und die Teilnahme aller drei am Genozid von Chodschali und zahlreiche andere Beweise bestätigen dies.
Wenn der derzeitige Premierminister ein Demokrat ist und ein Freund des Präsidenten von Frankreich, Macron, der als “Gründer der europäischen Demokratie“ bezeichnet wird, dann soll er dies zeigen, indem er dies zulässt. Unsere Forderung ist genau diese, und sie zu fordern bedeutet nicht, irgendein Gebiet zu beanspruchen. Es geht darum, dies aus menschenrechtlicher Perspektive zu betrachten, und wir werden dieses Thema nicht von der Agenda nehmen. Auch wenn wir solche Vorschläge haben. Doch jeder soll wissen, sowohl in Armenien als auch bei denen, die dahinterstehen, dass dieses Thema nicht von der Agenda abgesetzt wird, bis Aserbaidschaner in West-Aserbaidschan, einschließlich West-Zangezur, unter sicheren Bedingungen angesiedelt werden können.
Vusal Matlab: Vielen Dank, Herr Präsident, für das Interview.
Präsident Ilham Aliyev: Danke.