WELT
Im Auto bekommt jeder eine persönliche Klangdusche
Baku, den 15. Mai (AZERTAG). Kein Streit mehr über die Musik. Bald soll jeder im Wohnzimmer oder Auto ohne Kopfhörer etwas anderes hören können. Algorithmen sorgen dafür, dass Audiosignale räumlich begrenzt abgestrahlt werden.
Während der Fahrer dem Verkehrsfunk lauscht, hört der Beifahrer seine Lieblingsmusik. Die Vierjährige auf der Rückbank amüsiert sich über „Rabe Socke“, der Zehnjährige daneben fiebert beim „Star Wars“-Hörspiel mit.
Niemand von ihnen trägt Kopfhörer, und trotzdem kann jeder nur das für ihn bestimmte Programm wahrnehmen. Die anderen Autoinsassen werden davon nicht gestört.
Solche individuellen Klangzonen, von Audio-Fachleuten auch Personal Sound Zones genannt, soll es schon bald im Auto geben, aber auch im Wohnzimmer. Der eine verfolgt am Fernseher ein Fußballspiel einschließlich Ton, der andere lauscht einem Konzert im Radioprogramm.
Die Forschung dazu haben Wissenschaftler der University of Surrey im britischen Guildford gerade abgeschlossen. Und sie haben technische Hinweise für Hersteller formuliert. Mithilfe der Forschung, die in ähnlicher Form auch Audiotechniker der TU Ilmenau betreiben, können die Anbieter Audiosysteme für persönliche Klangzonen mit möglichst wenigen Lautsprechern entwickeln.
Filter lassen nur bestimmte Laute durch - Die Boxen sollten klein, besonders flach und im Raum verteilt sein. Ob die räumlich begrenzte Klangdusche erfolgreich ist, hängt aber vor allem von den Algorithmen ab, mit denen die Audiosignale verarbeitet werden.
Sie lassen sich so programmieren, dass Klangwellen nur einen abgegrenzten Bereich abdecken. Dabei spielt es eine nur untergeordnete Rolle, ob es sich bei dem Klang um Musik oder Sprache handelt.
Die Software steuert für jeden einzelnen Lautsprecher komplex aufgebaute Filter, die nur bestimmte Laute in einer vorab festgelegten Intensität durchlassen. Das nicht erwünschte Signal außerhalb der Klangzone können Techniker schon um die Hälfte reduzieren.
Spezial-Jingles in der Pasta-Abteilung - Schon im Einsatz sind Techniken von US-Anbietern wie Holosonic mit seiner Audio-Spotlight-Technologie sowie Hypersonic Sound. In Museen werden damit nur Besucher, die vor einem bestimmten Gemälde stehen, mit den Informationen zum Bild versorgt.
In Supermärkten hören lediglich die Kunden einen Werbe-Jingle zu bestimmten Nudelsorten, die sich in der Pasta-Abteilung des Geschäfts aufhalten. Die gezielte Klangabgabe könnte auch für mehr Ruhe – zumindest in der Umgebung rund um die Sound Zone – sorgen.
Mit den speziellen Algorithmen bearbeitete Musik ließe sich in den Räumen einer Disco oder eines Clubs abspielen, die Nachbarschaft bekäme davon nichts mehr mit.
Interessant wäre der Einsatz auch in Tablets. Der Nutzer vor dem mobilen Rechner brauchte keine Kopfhörer mehr aufzusetzen und könnte trotzdem ein Videotelefonat führen, ohne dass Umstehende von seinen Gesprächen etwas mitbekämen.