WISSENSCHAFT UND BILDUNG
Mini-Asteroid mit Ringen überrascht Astronomen
Baku, den 27. März (AZERTAG). Der Asteroid Chariklo ist der kleinste Himmelskörper mit einem Ringsystem. Astronomen rätseln über den Ursprung seiner Begleiter. Bislang können sie ihn sich nur mit einer Kollision erklären.
Astronomen haben erstmals ein Ringsystem bei einem Kleinplaneten entdeckt. Der nur 250 Kilometer kleine Asteroid Chariklo besitzt zwei ausgeprägte Ringe, wie ein internationales Forscherteam um Felipe Braga-Ribas vom brasilianischen Nationalobservatorium in Rio de Janeiro im Fachblatt „Nature“ berichtet.
Bisher waren Ringe in unserem Sonnensystem nur von den vier Gasplaneten Jupiter, Uranus, Neptun und vor allem Saturn bekannt, die jeweils mindestens 48.000 Kilometer Durchmesser haben.
Chariklo zieht zwischen Saturn und Uranus seine Bahn und gehört zu den sogenannten Zentauren, einer Gruppe von Kleinplaneten auf instabilen Umlaufbahnen. Die Wissenschaftler hatten mit einer Vielzahl von Teleskopen in Südamerika beobachtet, wie Chariklo am 3. Juni 2013 am Himmel vor einem Stern vorbeizog und ihn dabei kurz abschattete. Überraschenderweise sank die Helligkeit des Sterns aber auch kurz vor und nach der Abschattung jeweils zweimal – ein untrügliches Zeichen für ein Ringsystem des Kleinplaneten.
Keinen Ring gesucht – „Wir haben nicht nach einem Ring gesucht und haben nicht einmal gedacht, dass so ein kleiner Himmelskörper wie Chariklo welche besitzen könnte“, berichtet Braga-Ribas in einer Mitteilung der Europäischen Südsternwarte Eso, deren Instrumente ebenfalls genutzt wurden. „Somit waren ihre Entdeckung und die verblüffende Menge an Details, die wir im Ringsystem sehen, eine vollkommene Überraschung!“
Durch die unterschiedlichen Blickwinkel der verschiedenen Teleskope konnten die Forscher die Ringe sogar genau vermessen. Sie sind drei und sieben Kilometer breit und nicht dicker als ein paar Hundert Meter. Die Ringe bestehen aus Eis und kieselgroßen Gesteinsbrocken und ziehen sich in 391 und 405 Kilometer Entfernung um Chariklo. Zwischen ihnen existiert eine deutliche, neun Kilometer breite Lücke.
Aus dem kurzen Moment der Sternbedeckung gewannen die Astronomen ein detailliertes Bild. „Die gesamte Passage dauerte nur fünf Sekunden“, betont Mitautor Uffe Gråe Jørgensen von der Universität Kopenhagen. „Es hat mich sehr erstaunt zu sehen, dass wir nicht nur in der Lage sind, ein Ringsystem zu detektieren, sondern sogar genau zu bestimmen, dass es aus zwei deutlich voneinander getrennten Ringen besteht.“ Diese seien aus einer Entfernung von zwei Milliarden Kilometern auf wenige Hundert Meter genau vermessen worden.
Entstehung ungeklärt - Die Ringe können die rätselhafte Helligkeitsschwankung von Chariklo erklären, wie der Planetenforscher Joseph Burns von der US-amerikanischen Cornell-Universität in einem Kommentar in „Nature“ schreibt. Nach der Entdeckung des Asteroiden im Jahr 1997 sank seine Helligkeit nach und nach um 40 Prozent, und auch die Signatur von Wassereis wurde schwächer. 2008 kehrte sich dieser Trend plötzlich um.
Das liege an der Stellung der Ringe zum Beobachter, schreibt Burns. Die zum Großteil aus Wassereis bestehenden Ringe hätten zwar nur 15 Prozent der Oberfläche von Chariklo, würden aber das Sonnenlicht dreimal so stark reflektieren.
Wie die Ringe entstanden sind, ist nicht geklärt. Vermutlich sind sie Überreste einer kosmischen Kollision, bei der Material in den Orbit von Chariklo geschleudert wurde. Die Lücke zwischen den Ringen deutet darauf hin, dass die Trümmer von kleinen Monden in Form gehalten werden. „Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass Chariklo nicht nur Ringe, sondern auch mindestens einen kleinen Mond besitzt, der auf seine Entdeckung wartet“, unterstreicht Braga-Ribas.
Material herausgeschlagen - Aus den Ringen könnte wiederum ein neuer Mond entstehen. Damit könnten Astronomen auch etwas über die Entstehung des Erdenmonds lernen. „Was wir beobachten, ist möglicherweise ein Objekt, das in derselben Entwicklungsphase ist wie die Erde und der Mond vor 4,5 Milliarden Jahren, als sich eine gigantische Kollision zwischen der Erde und einem anderen Planeten ereignet hat“, erläutert Jørgensen. „Von dieser Kollision wurde Material in alle Richtungen geschleudert, das sich nach und nach verdichtete und den Mond bildete.“
Auf ähnliche Weise habe vermutlich auch ein Himmelskörper Material aus Chariklo herausgeschlagen, das sich jetzt in den Ringen findet, erklärt Jørgensen. „Falls sich die beiden Ringe um Chariklo zu einem Mond sammeln, hätte der ungefähr einen Durchmesser von zwei Kilometern.“
Ebenfalls in „Nature“ berichten Astronomen über die Entdeckung des bislang fernsten Mitglieds unseres Planetensystems: Der Zwergplanet mit der vorläufigen Bezeichnung 2012 VP113 kommt der Sonne nie näher als rund zwölf Milliarden Kilometer. Das ist rund 80 Mal die Distanz von der Erde zur Sonne.
2012 VP113 hat einen Durchmesser von rund 450 Kilometern und zieht noch rund 600 Millionen Kilometer weiter außen seine Bahn als der zuvor fernste Zwergplanet Sedna, schreiben Chadwick Trujillo vom Gemini-Observatorium auf Hawaii und Scott Sheppard von der Carnegie Institution in Washington. Der Fund lege die Existenz eines weiteren großen Planeten in den fernen Außenbezirken unseres Systems nahe.