GESELLSCHAFT
Rauchverbote lassen die Zahl der Frühgeburten deutlich sinken
Baku, den 31. März (AZERTAG). Es ist unumstritten: Rauchen kostet Menschenleben. Weltweit sterben Schätzungen zufolge fünf bis sieben Millionen Menschen jährlich an den Folgen des Rauchens. Darunter sind mehr als 600.000 Nichtraucher, die sterben, weil sie Passivrauch ausgesetzt sind. Diese und andere Zahlen über die negativen Auswirkungen des Tabakkonsums haben in etlichen Staaten dazu geführt, dass es in öffentlichen Gebäuden Rauchverbote gibt.
In den Augen der Weltgesundheitsorganisation WHO ist die Zahl der Länder mit Gesetzen zum Nichtraucherschutz jedoch noch nicht hoch genug. Zwar haben 177 Nationen inzwischen die Tabakrahmenkonvention der WHO, die seit 2005 in Kraft ist, ratifiziert. Doch der WHO zufolge werden insgesamt lediglich 16 Prozent der Weltbevölkerung durch entsprechende Gesetze vor den Folgen des Rauchens geschützt.
Jetzt hat ein internationales Medizinerteam eine Übersichtsstudie veröffentlicht, die der WHO gut in die Hände spielen dürfte, denn das Ergebnis der Analyse zeigt, wie effektiv Nichtraucherschutzgesetze sind: Demnach haben Rauchverbote in öffentlichen Gebäuden in Europa und Nordamerika nicht nur die Zahl der Frühgeburten deutlich sinken lassen - im Schnitt um etwa zehn Prozent. Auch schwere Asthma-Anfälle bei Kindern kommen demnach signifikant weniger häufig vor (ebenfalls zehn Prozent).
Besonders bemerkenswert ist, wie schnell sich offenbar Rauchverbote positiv auf die Gesundheit von Kindern und Ungeborenen auswirken: Wie das Team um Aziz Sheikh von der Maastricht University in den Niederlanden im Medizinjournal „The Lancet“ berichtet, schlagen sich die Effekte bereits innerhalb eines Jahres in den Statistiken nieder.
40 Prozent aller Kinder seien regelmäßig Tabakqualm ausgesetzt, heißt es im „Lancet“-Artikel. Aus den zahlreichen Untersuchungen, die es bereits zum Thema Rauchverbot gibt, pickten sich die Forscher elf Studien aus den Jahren 2008 bis 2013 heraus, die bestimmten strengen wissenschaftlichen Kriterien genügten, und werteten sie anschließend aus. Sechs der Untersuchungen waren aus Europa, fünf aus Nordamerika. Insgesamt umfassten die Daten 2,5 Millionen Geburten und knapp 250.000 klinisch behandelte Asthma-Anfälle bei Kindern.
Diese sogenannte Metaanalyse ist nach Angaben der Autoren die erste ihrer Art, die sich mit den gesundheitlichen Effekten eines Rauchverbots für Kinder und Ungeborene beschäftigt. Mehr als 11 Prozent der Neugeborenen kommen dem Artikel zufolge derzeit zu früh auf die Welt - 15 Millionen Babys jährlich. In vielen Regionen der Welt ist die Tendenz steigend. Und Asthma ist demnach derzeit bei Kindern die häufigste chronische Erkrankung, an der weltweit sieben bis zehn Prozent der Kinder leiden.
In einer Mitteilung zur Analyse sagt Erstautor Jasper Been: „Zusätzlich zu den bereits bekannten Vorteilen für die Gesundheit von Erwachsenen beweist unsere Studie deutlich, dass Rauchverbote beträchtliche Vorteile für die vorgeburtliche Gesundheit und die Gesundheit von Kindern haben.“
Zudem führen die Mediziner weitere Argumente für ein Rauchverbot ins Feld: Nicht nur die Risiken für Babys im Mutterleib und für Kinder würden entscheidend verringert, auch die Gesundheitsausgaben würden dadurch gesenkt. Vorherige Studien hätten außerdem gezeigt, dass Rauchverbote die Zahlen rauchender Schwangerer sowie passiv mitrauchender Kinder in Haushalten senken. Anders als vielfach befürchtet, gebe es nicht weniger, sondern mehr rauchfreie Haushalte, nachdem ein Rauchverbot für öffentliche Einrichtungen erlassen wurde.
Die Autoren räumen gleichzeitig aber auch ein, dass ihre Ergebnisse möglicherweise nicht uneingeschränkt auch auf Länder mit geringerem Durchschnittseinkommen in der Bevölkerung übertragen werden könnten. Der Grund: Ihre Metaanalyse schließt keine Studie aus solchen Nationen mit ein. Gerade in Entwicklungsländern ist es um die Gesundheit von Kindern und Ungeborenen allgemeinhin schlechter bestellt.
Es sei unklar, welche Effekte Rauchverbote dort genau haben könnten, schreiben die Autoren - und fordern weitere Studien über Nichtraucherschutz auch in Ländern außerhalb Europas und Nordamerikas.
Ebenso unklar ist noch, inwiefern ein Rauchverbot auch tatsächlich die Ursache für den Rückgang der Geburtenrate und der schweren Asthmaanfälle bei Kindern ist - oder ob möglicherweise andere Faktoren dafür verantwortlich sind wie etwa das Rauchverhalten von Schwangeren. Die Metaanalyse allerdings bestätige den statistischen Zusammenhang, schreiben die Autoren und fordern dazu auf, ihre Ergebnisse als integralen Bestandteil der Strategie im öffentlichen Gesundheitswesen anzusehen.