GESELLSCHAFT
Weltgrößtes Schutzgebiet für die Antarktis geplant
Baku, den 11. Juli (AZERTAG). Im Südpolarmeer sollen 3,9 Millionen Quadratkilometer bewahrt werden. Darüber beraten ab heute Vertreter von 24 Staaten und der EU in Bremerhaven.
Sollten die Verhandlungen dieses Mal erfolgreich verlaufen und alle Mitgliedstaaten am Ende zustimmen, könnte am kommenden Dienstag das weltweit größte Meeresschutzgebiet ausgewiesen werden. Vom heutigen Donnerstag an treffen sich Vertreter der „Internationalen Kommission zum Schutz lebender Ressourcen in der Antarktis“ (CCAMLR) aus 24 Mitgliedstaaten und der Europäischen Union in Bremerhaven und diskutieren über zwei Vorschläge, wonach bestimmte Zonen im Rossmeer und in den östlichen Küstengebieten der Antarktis unter Schutz gestellt werden sollen.
Insgesamt geht es um eine Fläche von 3,9 Millionen Quadratkilometern – und um unterschiedliche Interessen an diesen Gebieten. Daran waren auch die ersten Verhandlungen im November 2012 gescheitert.
„Um die natürlichen Meeres-Ressourcen langfristig zu schützen, brauchen wir weltweit vernetzte Systeme von Meeresschutzgebieten. Die internationale Staatengemeinschaft hat sich verpflichtet, bis zum Jahr 2020 mindestens zehn Prozent der Küsten- und Meeresgewässer als Schutzgebiete auszuweisen. Bisher sind es gerade einmal zwei Prozent. Die internationale Staatengemeinschaft hat jetzt die einmalige Chance, im internationalen Meeres- und Naturschutz erneut Geschichte zu schreiben“, so Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Sie appellierte an die internationale Staatengemeinschaft: „Lassen Sie uns diese Chance jetzt nicht ungenutzt verstreichen, lassen sie uns die Zukunft der Antarktis entscheidend mitgestalten und der Schaffung von Meeresschutzgebieten weltweit neue Impulse geben.“
Ergebnislose Sitzung im Vorjahr - Nach der ergebnislosen CCAMLR-Sitzung in Tasmanien im Vorjahr hatte sich Deutschland als Gastgeberland für eine Sondersitzung im jetzigen Juli angeboten und damit sein Engagement bei der Ausweisung der Gebiete bekräftigt. „Die deutsche Position ist sehr positiv“, bestätigt auch Tim Packeiser, der für den World Wide Fund For Nature (WWF) als Beobachter an der Sitzung teilnehmen wird.
Zur Abstimmung stehen zwei Vorschläge: Neuseeland und die USA haben Gebiete mit unterschiedlichem Schutzstatus (komplette Schutzzone, limitiertes Fanggebiet und Schutzzone zum Laichen) im Rossmeer definiert, ein Randmeer im Südlichen Ozean (Südpolarmeer) vor der antarktischen Küste. Und Kommissions-Mitglieder aus Australien, Frankreich und der Europäischen Union haben für die östlichen Küstengebiete der Antarktis mögliche Schutzzonen benannt.
„Für diesen Prozess wurde das Südpolarmeer in neun Gebiete unterteilt, die aus biologischer und ökologischer Sicht begutachtet werden. Es geht darum, die Vielfalt der Lebensräume repräsentativ zu erfassen“, sagt Packeiser. So werde etwa der Meeresboden auf Besonderheiten hin angeschaut; zudem würden Fischerei-Erkenntnisse zu Vorkommen und Mengen berücksichtigt und Laichgebiete, Ruheplätze und Wanderrouten von Meerestieren ausgemacht.
Netzwerk aus verschiedenen Schutzgebieten – „Es geht hier nicht um eine riesige, zusammenhängende Schutzzone rund um die Antarktis“, betont Packeiser. „Ökologisch ist es auch korrekt, mit einem Netzwerk aus verschiedenen Schutzgebieten zu arbeiten.“ Allerdings hat die Antarctic Ocean Alliance (AOA), ein Zusammenschluss von mehr als 30 Umweltschutzorganisationen – darunter für Deutschland der WWF, Greenpeace und Deepwave –, zusätzlich 19 weitere Gebiete identifiziert, deren Schutz sie vorschlägt und die einige der von der Kommission ausgearbeiteten Zonen miteinander verbinden. In die Abstimmung werden diese Gebiete jedoch nicht mit einfließen.
Was macht das Südpolarmeer, das etwa zehn Prozent der Weltmeeresfläche ausmacht, so besonders? Es gehört zu den produktivsten Meeren der Erde. Zirkumpolares Tiefenwasser ist einer der globalen Meeresströmungsmotoren, der dafür sorgt, dass wärmeres und mit Mineralstoffen angereichertes Wasser aus den subtropischen Regionen der Erde in den Süden gelangt. Wegen der 24-stündigen Sonneneinstrahlung während des antarktischen Sommers kann sich massiv Phytoplankton bilden – ein wichtiger Bestandteil des marinen Nahrungsnetzes. Dieses ist wiederum Voraussetzung für das massenhafte Auftreten des wichtigsten Proteinlieferanten der Meere, des Krills. Die garnelenartigen, bis zu sechs Zentimeter langen Krebse, die in Schwärmen von bis zu 30.000 Individuen pro Kubikmeter Meereswasser vorkommen, sind die Hauptnahrung von vielen Tintenfischen, Fischen, Pinguinen und anderen Seevögeln, Robben und Walen.