WISSENSCHAFT UND BILDUNG
Asiaten besiedelten Amerika in drei Wellen
Baku, den 12. Juli (AZERTAG). Sie kamen in Etappen über die Beringstraße, vor ihnen lag ein menschenleerer Kontinent. In mindestens drei Wellen haben sich die ersten Bewohner Amerikas in ihrer neuen Heimat angesiedelt. Das zeigt die Auswertung einer riesigen Erbgutstudie.
Dass Amerika aus Asien über die Beringstraße besiedelt wurde, ist weitgehend unstrittig - unklar war bisher jedoch, wie oft das passierte. Die meisten heutigen Ureinwohner Nord- und Südamerikas hatten Vorfahren in einer Einwanderungswelle, die sich vor mindestens 15.000 Jahren ereignete. Steinwerkzeuge künden von den frühen Siedlern.
Eine groß angelegte Erbgutstudie belegt nun, dass es nach der ersten noch mindestens zwei weitere, wenn auch kleinere Einwanderungswellen gegeben hat. Ein internationales Forscherteam berichtet im Fachmagazin „Nature“ über die Analyse von rund 365.000 DNA-Sequenzen amerikanischer Ureinwohner - von kanadischen Inuit bis hin zu chilenischen Indios.
„Die Erforschung der amerikanischen Ureinwohner ist aufgrund ihrer heutigen starken Vermischung mit Europäern und Afrikanern sehr kompliziert“, sagt Studienkoordinator Andrés Ruiz-Linares vom University College London. Mit ihrer Analyse sei es jedoch möglich gewesen, die europäischen und afrikanischen Linien herauszufiltern. Die Arbeit stelle damit die bisher umfangreichste Studie über die genetische Vielfalt der amerikanischen Urbevölkerung dar, betonen die Forscher.
Während sich Europäer wie Afrikaner erst in den vergangenen 500 Jahren unter die Ureinwohner des Kontinents mischten, kamen die ersten Einwanderer bereits vor mehr als 15.000 Jahren von Sibirien nach Amerika - und machten dort unter anderem Jagd auf Mammuts und Mastodonten. Auf dem Weg in ihre neue Heimat mussten die Menschen kein Wasser überqueren. Sie wanderten über die Beringstraße, wo es während der Eiszeit noch eine Landbrücke zwischen Asien und Amerika gab.
Genetische Spuren der späteren Siedler finden sich in der Arktis-Die DNA-Analysen von 52 verschiedenen Gruppen amerikanischer Ureinwohner zeigen nun, dass die meisten unter ihnen sich im Zuge einer ersten großen Einwanderungswelle ansiedelten. Sobald diese „Ersten Amerikaner“, wie sie die Wissenschaftler in ihrer Publikation nennen, auf dem Kontinent angelangt waren, verstreuten sie sich entlang der Westküste bis hinunter in den Süden von Chile.
Die Forscher bezogen bei ihrer Arbeit auch die detaillierte Geschichte der Ureinwohner ein. Dadurch konnten sie einheimische Bevölkerungsgruppen identifizieren, die sich selbst heute gar nicht mehr zu den Ureinwohnern zählen.
„Die amerikanische Ur-Bevölkerung zeigt mindestens drei Abstammungslinien auf“, berichtet Co-Autor David Reich von der Harvard Medical School in Boston. Der ersten großen Einwanderungswelle seien noch zwei weitere, kleinere gefolgt. Die genetischen Spuren dieser späteren Wanderungsgruppen fanden die Forscher vorwiegend in der Bevölkerung arktischer Regionen Nordamerikas.
So stamme die Hälfte des Erbguts der Aleut sprechenden Inuit von Einwanderern der zweiten Welle. Das im Norden Kanadas lebende Volk der Chipewyan trage noch in rund zehn Prozent ihrer Gene das Erbe der dritten Einwanderungswelle mit sich, sagen die Forscher.
Das Forscherteam untersuchte zusätzlich DNA-Segmente von 17 Bevölkerungsgruppen in Sibirien. Auch diese wiesen Erbgutanteile aller drei Immigrantenlinien auf. Einige Gruppen aus dem hohen Norden des Kontinents sind also wieder zurück nach Asien abgewandert, schlussfolgern die Forscher.