WELT
Airlines kämpfen um Afrikas neue Reiche
Baku, den 8. Juni (AZERTAG). Internationale Fluggesellschaften wollen in Afrika viele neue Ziele ansteuern. Der Markt wächst, doch der Zugang ist oftmals so kompliziert und teuer wie in kaum einer anderen Region auf der Welt.
Es war ein regelrechter Hindernislauf, den Ed Winter in den vergangenen Monaten absolviert hat. Wohl kaum einer hat das komplizierte Terrain afrikanischer Luftfahrt so intensiv kennengelernt wie der Vorstandsvorsitzende der Fluggesellschaft FastJet, die seit dem Jahr 2012 Discount-Flüge in Tansania anbietet.
Tickets kosten teilweise nur 15 Euro, ein Preis, den sich immer mehr Bürger des ostafrikanischen Landes leisten können. Ein wenig erschlossener Markt: Jeder dritte FastJet-Passagier betritt zum ersten Mal in seinem Leben ein Flugzeug.
Jede Menge Protektionismus - Doch um weiter profitabel wachsen zu können, muss FastJet in andere Länder expandieren. Winter klingt ernüchtert, wenn er über seine Pläne spricht. FastJet wollte längst in Ghana, Kenia und Angola präsent sein, es gibt jedoch Probleme mit Verträgen, Lizenzen und der Finanzierung. Auch die Aufnahme internationale Flugrouten von Tansania aus sind bislang nicht möglich, die Regierung hat noch keine Genehmigung erteilt.
„Afrika ist ein bisschen wie Europa während der siebziger Jahre“, sagt Winter, „alle Routen werden von Regierungen kontrolliert, oft verbunden mit einer Menge Protektionismus.“ Auch das ist ein Grund, warum Menschen auf dem ärmsten Kontinent im Schnitt nur alle 15 Jahre fliegen, der durchschnittliche Amerikaner dagegen zweimal pro Jahr.
Afrika ist ein Markt mit Zukunft - Doch glaubt man Aussagen in Kapstadt beim Jahrestreffen des Weltluftfahrtverbandes IATA in dieser Woche, dann wird sich das bald ändern. Um sieben Prozent wuchs der Luftverkehr in der Region im abgelaufenen Geschäftsjahr, übertroffen lediglich vom Mittleren Osten (zehn Prozent). Sechs der zehn am schnellsten wachsenden Länder befinden sich in Subsahara-Afrika, die Nachfrage aus aufstrebenden Schwellenländern wie Brasilien oder China für Flüge in die rohstoffreichen Länder des Kontinents ist enorm.
Schon jetzt trägt die Industrie 67 Milliarden Dollar jährlich zur Volkswirtschaft in Afrika bei, direkt und indirekt hängen nach IATA-Angaben 6,7 Millionen Arbeitsplätze von ihr ab.
Golfairlines kämpfen um Marktanteile - Fluggesellschaften aus aller Welt kämpfen um Marktanteile. Besonders Anbieter vom Persischen Golf, wie Qatar Airways, Emirates und Etihad Airways machen den Europäern Konkurrenz, die lange die einzigen verlässlichen Verbindungen in viele afrikanische Länder anboten.
Noch immer ist es manchmal noch einfacher, von Afrika nach Europa zu fliegen, umzusteigen und wieder hineinzufliegen, um von einem afrikanischen Land in ein anderes zu gelangen.
Angetrieben wird die Nachfrage im Luftverkehr vor allem vom Geschäft mit den Rohstoffen. Doch auch die Mittelklasse in Afrika wächst seit Jahren rasant, und mit ihr das Potenzial für Tourismus und Handel auf dem Kontinent.
„Afrikanische Luftfahrt wird nie so groß sein wie in Europa oder Nordamerika werde“, sagt der stellvertretende Vorstandsvorsitzende von South African Airways, Nico Bezuidenhourt, „aber es hat das Potenzial, zwei bis drei Mal so groß wie jetzt zu sein.“
Von Euphorie kann also keine Rede sein - zu groß sind nach wie vor die Hindernisse. Im vergangenen Jahr war Afrika der einzige Kontinent, auf dem die Fluggesellschaften insgesamt leichte Verluste machten.
Mangelhafte Infrastruktur - Kerosin kostet hier rund ein Fünftel mehr als im weltweiten Durchschnitt. Manchmal sorgen kartellartige Strukturen dafür, manchmal aber auch die mangelhafte Infrastruktur.
Schwer wiegen zudem die Marktbarrieren vieler Regierungen, die Flugverkehr eher als Luxusprodukt denn als wichtige Komponente für die Entwicklung der ökonomischen Infrastruktur ansehen - und entsprechend besteuern.
„Nutzt doch die Luftfahrt“, sagt Christoph Franz, der Vorstandschef der Deutschen Lufthansa. Der Konzern kennt sich mit den Herausforderungen des Kontinents gut aus. Lufthansa bietet mit seinen Flugzeugen oder denen von Kooperationspartnern wie Ethiopian Airlines 35 Ziele in Afrika an.
Im kommenden Jahr sind Kapazitätserhöhungen geplant, Lufthansa hofft dabei auf günstige Marktbedingungen. „Jedes Land muss entscheiden, ob es versucht, die Luftfahrt günstig zu gestalten, um die Infrastruktur zu fördern“, sagt Franz, „die andere Variante ist zu sagen: Darüber kann ich in Form von Konzessionen, Genehmigungen und Sondersteuern Geld einnehmen.“ Das aber behindere Wachstum.
Ähnlich argumentiert auch der Chef von Emirates Airline, Tim Clark. „Sie bremsen sich selbst“, sagt er. „Ich verstehe ihre Probleme, aber sie müssen die Infrastruktur und den Marktzugang verbessern.“
IATA, deren 241 Mitgliedsfirmen über 80 Prozent aller Flüge weltweit anbieten, fordert deshalb von den afrikanischen Behörden „wie jede andere Branche“ behandelt zu werden.
Es könne nicht sein, dass mit „Spezialgebühren und Steuern Marktkreativität und Initiative geschwächt werden“, sagt IATA-Chef Tony Tyler.
In diesem komplizierten Umfeld, wo die Gewinnmarge nur bei wenigen Anbietern über einem Prozent liegt, fällt es besonders afrikanischen Fluggesellschaften schwer, dauerhaft Fuß zu fassen.